Mittwoch, 10. November 2010

Offener Brief an den VDH zur Zuchtpraxis mit erbkranken Hunden

An den Präsidenten des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH) e.V. Prof. Dr. Peter Friedrich

Sehr geehrter Herr Prof. Friedrich,

ich möchte Ihre jüngste Stellungnahme in der Öffentlichkeit zum Anlass nehmen und noch einmal auf die in meinen Augen tierschutzrelevante Praxis der Zucht mit erbkranken Hunden in einigen Ihrer Mitgliedsvereine hinweisen.

In der Sendung "Stern TV" mit Günther Jauch vom 03.11.2010 wurden einige Hunderassen vorgestellt, darunter auch der Cavalier King Charles Spaniel. In der Diskussion stellten Sie fest, dass im VDH mit erbkranken Hunden nicht gezüchtet werde. Leider trifft diese Aussage nicht immer die Realität. Stellvertretend anhand des Cavalier King Charles Spaniels, der im VDH immerhin durch drei Vereine betreut wird, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass im breiten Stil und sehr wohl wissentlich und zudem über lange Zeiträume hinweg bewusst mit erbkranken Hunden gezüchtet wird, auch im VDH.

Beispiel 1 - Arnold Chiari Malformation / Syringomyelie (SM)

Diese oft schwerwiegend verlaufende und zur Euthanasie führende, die Hunde - und auch Halter - mit erheblichen Leiden und Schmerzen belastende Erbkrankheit des Gehirns und der Nerven wird gerne als "Kratz-Syndrom" verharmlost, wie es aktuell auch auf der Startseite des Verband Deutscher Kleinhundezüchter im VDH geschieht ( http://www.kleinhunde.de/ ). Dessen langjährige Zuchtleiterin Karin Biala-Gauß behauptet dort zudem, dass bei gerade "vielleicht 1 % SM-Erkrankungen" festzustellen seien. Trotzdem bleiben Hunde in der Zucht, die nachweislich an SM erkrankte Vorfahren oder Nachkommen haben. Lediglich Verpaarungen zweier - durch Vorfahren oder Nachkommen - als "SM-belastet" gekennzeichnete Hunde sind untersagt. Frau Biala-Gauß erklärt sogar: "Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Kennzeichnungen nur für die SM-Selektion zu beachten sind. Sie sollen die Nutzung der Zuchttiere ansonsten in keinster Weise beeinträchtigen."
In ihrem dort veröffentlichten Schreiben vom 03.11.2010 räumt die Obfrau des "Wissenschaftlichen Beirates für Zucht und Forschung" des VDH Dr. Helga Eichelberg ein: "Es handelt sich sicher um keine Methode, um die Rassen von dieser Krankheit zu befreien. Dennoch scheint sie uns geeignet zu sein, bis zur Etablierung einer besseren Untersuchungsmethode wenigstens einer weiteren Verbreitung des Defektes entgegen zu wirken." Damit wird vom VDH ein Freibrief für die Zucht sogar mit manifesten SM-Vererbern erteilt.
Warum wird nicht konsequent auf die Zucht mit SM-belasteten Hunden verzichtet, zumal wenn diese nach Angaben von Zuchtleiterin Biala-Gauß nur 1% der Population darstellen?

Beispiel 2 - Mitral Valve Disease (MVD)

Wesentlich breitflächiger als mit der o.g. SM ist die Population der Cavalier King Charles Spaniels mit einem erblich bedingten Verlauf einer Herzkrankheit belastet, der Mitral Valve Disease (MVD). Ein sehr hoher Anteil der Cavaliere ist bereits in jungen Jahren an dieser nicht selten innerhalb von zwei Jahren tödlich verlaufenden Herzkrankheit erkrankt (etwa 50%). Schon 1997 wurde festgestellt, dass diese Hunderasse 21mal häufiger von MVD betroffen ist als der Durchschnitt. Zudem sind Cavaliere auffällig früh betroffen. Bei anderen Hunderassen gilt diese Herzschwäche lediglich als eine typische Alterskrankheit. Bereits 1998 wurden von einem internationalen Wissenschaftlergremium klare Empfehlungen zur Bekämpfung ausgesprochen. Diese haben 12 Jahre später noch keine Beachtung in der Praxis des VDH gefunden. Auch zur Bekämpfung dieser Krankheit fehlt es an einem wirkungsvollen Programm. Auch hier darf ausdrücklich mit symptomatischen, sogar bereits durch Herzgeräusche auffälligen Hunden gezüchtet werden, wenn auch eingeschränkt. Nach dem "Mitral Valve Disease Breeding Protocol" von 1998 (s.o.) sollen Cavaliere, die unter 5 Jahren ein Herzgeräusch zeigen, nicht in die Zucht. Auch sollen Rüden frühestens im Alter von 2,5 Jahren in die Zucht gehen. Im VDH darf aber mit dreijährigen Rüden gezüchtet werden, die ein Herzgeräusch Grad 1 und ab 6 Jahren sogar Grad 2 zeigen. Rüden dürfen bereits mit  9 Monaten in die Zucht, einem Alter indem die Anlage zu MVD noch gar nicht beurteilt werden kann.
Zudem begnügt man sich zur Zuchtzulassung mit dem Ergebnis der Auskultation durch einen beliebigen Veterinär, obwohl es unstrittiger Stand der Medizin ist, dass eine Diagnose lediglich auf Basis der Auskultation nur ausgesprochenen Spezialisten und ansonsten nur mit Hilfe technischer Diagnosemittel (wie Doppler-Ultraschall) möglich ist.
Die langjährige Halterin von Cavalier King Charles Spanieln Elke Grabhorn hat hierzu am 01.11.2010 einen Artikel veröffentlicht, der Einzelheiten und umfangreiche Quellen zu dem hier genannten enthält ( http://petwatch.blogspot.com/2010/11/cavaliere-haben-sehr-viel-herz.html ).


Das geltende Tierschutzgesetz verbietet in § 11b aber genau hier genannte Zuchtpraktiken wenn bestimmt wird:
"Es ist verboten, Wirbeltiere zu züchten..., wenn damit gerechnet werden muss, dass bei der Nachzucht, ... erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten."

Zudem ist es ethisch und zumal für einen Hundefreund kaum nachvollziehbar, bekannte Erbkrankheiten nicht konsequent und vorrangig in der Zucht zu bekämpfen. In der Satzung des VDH §2 Abs.2.1 heißt es ja: "Als ordentlicher Züchter und Halter gilt, wer lediglich aus Gründen der Liebhaberei (Hobby) die Zucht und/oder Ausbildung nach kynologischen Grundsätzen betreibt und fördert."

Wer würde aber seinen Hunden solche Leiden zumuten, wenn lediglich "aus Gründen der Liebhaberei" gezüchtet wird? Bemerkenswert ist auch, dass man in manchen Mitgliedsvereinen des VDH angesichts solch schwerer Schäden wie oben beschrieben zu keinen ernsthaften Maßnahmen bereit oder in der Lage ist, jedoch kleinste Farbvarianten, die rein optisch einem von Menschen ausgedachten Standard widersprechen - wie beim Cavalier ein weißer Fleck - sofort zum Zuchtausschluss führen. Zugleich wird die Verpaarung der verschiedenen Farbvarianten streng untersagt.


Mir ist durchaus bewusst, dass der VDH in Konkurrenz zu den vielen Verbänden steht, die "Züchtern" ein wesentlich komfortableres Dach bieten - regelmäßig zulasten und auf Kosten des Wohls der Hunde. Mir ist durchaus bewusst, dass die Lage der Hunde außerhalb des VDHs nicht selten noch wesentlich schlechter ist. Und ich gehe davon aus, dass Sie persönlich und der VDH sehr an einer am Wohl der Hunde orientierten Zuchtpraxis interessiert sind. Zur Durchsetzung von allgemein gültigen Mindeststandards für die Zucht von Hunden und damit zum Schutz der seriösen Züchterschaft wäre darüber hinaus der Gesetzgeber in der Pflicht.

Eine bewusste Zucht mit Erbkrankheiten und Gendefekten kann aber zu keinem Zeitpunkt toleriert werden, bestenfalls dann kurzfristig in einer konkret definierten Übergangsphase im Rahmen eines verbindlichen Gesundzuchtprogramms.

Hier wurde alleine die Zuchtpraxis beim Cavalier King Charles angesprochen. Leider ist die Behandlung dieser Rasse, wenn auch ein krasser, jedoch leider keineswegs ein Einzelfall, auch nicht unter dem Dach des VDHs.

Ich möchte Sie daher bitten, Sorge dafür zu tragen, dass die Zuchtpraktiken zum Wohle des Cavalier King Charles umgehend und nachhaltig geändert werden, wie ich Sie ebenso bitten will, Sorge dafür zu tragen, damit eine Wende in der Zucht zum Wohle und zur Gesundheit der Hunde praktisch wirksam wird.


Für Auskünfte und Rücksprache stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.


Mit freundlichen Grüßen

gez.

Christoph Jung

Diplom-Psychologe und Biologe
Dortmunder Appell für eine Wende in der Zucht zum Wohle der Hunde
http://dortmunder-appell.de/

Donnerstag, 4. November 2010

Zucht mit erbkranken Hunden

In der Stern-TV Sendung "Reine Rasse und doch verkrüppelt" vom 3.11.10 behauptet der VDH-Präsident Prof. Friedrich, es würde nicht mit erbkranken Hunden gezüchtet. Aber gerade auch - aber leider nicht nur - der ebenfalls bei Günther Jauch vorgestellte Cavalier King Charles Spaniel ist ein Beispiel für die systematische Zucht mit Hunden, die mit einer tötlichen Erbkrankeit des Herzens belastet sind (Artikel von Elke Grabhorn gleich hier anschließend zur Herzkrankheit MVD und ein weiterer zur Schädel-Nervenkrankheit Syringomyelie hier). Getan wird real seit 1993 von den VDH-Vereinen nichts ernsthaftes zur Bekämpfung dieser Erbkrankheit MVD.

Auch der vom VDH-Präsidenten als Beleg für gesunde Zucht angeführte so genannte Belastungstest für Mops &Co ist eher ein schlechter Witz.

Bei diesem Test sollen die Hunde eine Strecke von tausend Metern in höchstens elf Minuten absolvieren. Zuvor wird der Hund von dem anwesenden Tierarzt untersucht und die Herzfrequenz im Ruhezustand festgehalten. Auch die Atemgeräusche werden festgehalten sowie sein Status, etwa ob ruhig oder hechelnd oder nervös. Direkt nach dem Absolvieren der Strecke werden Herz und Atmung wiederum gemessen. Dasselbe nach fünf und nach zehn Minuten. Zu diesem Zeitpunkt sollte der Hund wieder seine Ruhewerte erreicht haben. Ist dies nicht der Fall, sollte keine Zuchtzulassung erteilt werden

Tausend Meter als ernsthafte Herausforderung an die Konstitution eines Hundes zu definieren, zeugt nur von dem in der Hundezucht bereits abgehakten Niedergang derselben.

Fairerweise soll noch ergänzt werden, dass der Standard der Zucht außerhalb des VDH noch sehr viel bedenklicher ist, sieht man einmal von ganz seltenen positiven Ausnahmen ab.Es gibt keinerlei Mindeststandards für die Zucht. Züchten darf in Deutschland einjeder, ohne jeglichen Nachweis der Fachkunde oder sonstiger Qualifikation.

Es gibt leider noch viel zu tun. Bitte unterstützt den Dortmunder Appell für eine Wende in der Hundezucht!

Montag, 1. November 2010

Cavaliere haben sehr viel Herz

Zur Lage beim Cavalier King Charles Spaniel

Von Elke Grabhorn

Ihr Wesen und ihre „Bestimmung“


In seinem Buch "Intelligenz der Hunde" (Rowohlt Verlag, ISBN 3498009028) zitiert Stanley Coren seine Stieftochter, die den Cavalier als einen "Liebesschwamm" bezeichnet.
Weiter schreibt Coren über den Cavalier :".....bemühen sich ständig um Zuneigung, zeigen wenig Kampfgeist und so gut wie keine aggressiven Neigungen... "

Cavaliere sind die angenehmsten und sanftesten Hunde, die sich ein Mensch nur wünschen kann. Ich sage das aus Erfahrung und als Liebeserklärung an meine beiden Cavalierjungs mit denen ich mein Leben teilen darf.

Hunde verdienen alle den Respekt und die Fürsorge des Menschen.
Bei Gesellschaftshunden, deren Wesen durch Selektion in der Zucht darauf ausgerichtet ist, ganz intensiv die Nähe und Freundschaft des Menschen zu suchen, ist die emotionale Bindung noch enger und das gilt in ganz besonderem Maße für diese kleinen Traumhunde.


Cavalierliebhaber berichten in Foren

In Cavalier-Foren schreiben die Halter von Cavalieren häufiger voller Besorgnis, dass der Tierarzt bei ihrem Hund ein Herzgeräusch festgestellt hat und ein Termin für eine genaue kardiologische Untersuchung mit Ultraschall und Doppler vereinbart worden ist. Nach den Untersuchungen berichten dann einige, dass etwas bei der Mitralklappe festgestellt  wurde, dass es aber bei Cavalieren „normal“ wäre.

Beim Cavalier können verschiedene genetisch bedingte Krankheiten vorkommen. Eine schwere neurologische Erkrankung ist die Syringomyelie, die in der letzten Zeit zu einem neuen großen Angstbild vieler Cavalierfreunde geworden ist.
So wichtig die Forschungen sind, um das zum Teil unsägliche Leiden betroffener Hunde zu bekämpfen, bei der Diskussion über diese neue Krankheit der Cavaliere wird oft vergessen, dass schon seit vielen Jahren die Herzkrankheit das Hauptproblem der Rasse darstellt.

In Diskussionen drängt sich immer wieder der Eindruck auf, dass bei einigen Züchtern und auch Liebhabern die Tendenz besteht, die Herzkrankheit zu bagatellisieren. Mit dem Hinweis auf gute Therapiemöglichkeiten durch Medikamente scheinen einige den Zustand tatsächlich als „normal“ zu akzeptieren.

Dass Tierärzte den Herzbefund beim Cavalier als „normal“ im statistischen und nicht im gesundheitlichen Sinne bezeichnen, ist manchen Cavaliermenschen vielleicht gar nicht mehr bewusst.


MVD (Mitral Valve Disease)

Betroffene Halter suchen nach Informationen über diese Krankheit, weil sie sich Sorgen um ihren Hund machen.
Aus Veröffentlichungen von Kardiologen erfährt man, dass es sich um eine fortschreitende Veränderung der Mitralklappe (Mitralklappenendokardiose) handelt, durch die die Herzklappe an Funktionsfähigkeit verliert (Mitralklappeninsuffizienz).
Der unzureichende Klappenschluss führt dazu, dass beim Zusammenziehen des Herzens ein Teil des Blutes aus der linken Herzkammer in den linken Vorhof zurückströmt (Mitralregurgitation) und nicht durch die Aortenklappe in die Aorta gepumpt wird. Ein  Mitralklappenprolaps (MVP) liegt vor, wenn sich die Klappe bei der Kontraktion des Herzens in den Vorhof zurückwölbt. Bei zunehmender "Undichtigkeit" der Klappe erhöht sich die Menge des zurückfließenden Blutes (Regurgitationsjet) weiter, in der Folge vergrößern sich der linke Vorhof und die linke Herzkammer.
Das in den Vorhof zurückfließende Blut fehlt für die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff. Im Anfangsstadium der Krankheit ist das Herz bis zu einem gewissen Grad in der Lage, dieses Defizit z. B. durch Erhöhung der Schlagfrequenz auszugleichen (Kompensation). Dies erklärt, warum einige Cavaliere, bei denen MVD dignostiziert wurde, noch keine Symptome zeigen.

Auch Menschen, die sich sonst nicht mit medizinischer Terminologie, Anatomiefragen oder der Funktionsweise des Herzens beschäftigen, können durch ihren Hund in eine Situation kommen, in der sie nach verständlichen Erklärungen zu Krankheitsbildern und Fachbegriffen suchen.

Eine sehr gute Seite für "Tierbesitzer" findet sich auf der Homepage der Medizinischen Kleintierklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München. http://www.tierkardiologie.lmu.de/besitzer/mitralklappenendokardiose.html
Hier sind auch die Verfahren erläutert, die zur Diagnostik eingesetzt werden. Ebenso werden die Symptome beschrieben, die beim Fortschreiten der Krankheit zu erwarten sind.
Es werden Medikamente aufgelistet, die von den Kardiologen empfohlen werden. Leider erfährt man auch, dass die Medikamente nur helfen, die Symptome zu mildern, um damit für Hunde im fortgeschrittenen Stadium die Lebensqualität zu verbessern. Eine Heilung des geschädigten Herzens ist nicht möglich.

Die Erkrankung betrifft verschiedene vornehmlich kleine Hunderassen. Während die Krankheit bei anderen Rassen vor allem im höheren Lebensalter vorkommt, kann sie beim Cavalier schon in ganz jungen Jahren auftreten und dabei leider auch einen rapideren Verlauf nehmen.

Eine Unterstützerin (Anneliese Scheffe) des "Dortmunder Appell für eine Wende in der Hundezucht" hat unter "Stimmen" auf der Seite http://www.dortmunder-appell.de/ folgende Worte gefunden:

"Ich unterstütze den Dortmunder Appell, weil mein Freund Hund mich jahrelang gesund begleiten soll und ich kein Interesse habe, durch mein Rassetier mir ein vielschichtiges veterinärmedizinisches Wissen aneignen zu müssen..."

und sie hat ein Bild angefügt auf dem sie mit ihrem Cavalierrüden Tommy zu sehen ist.
Tommy


Häufigkeit der Erkrankung

Besonders vielfältige und aktuelle Informationen zur MVD bietet die englischsprachige Cavalierhealth-Seite. http://www.cavalierhealth.org/mitral_valve_disease.htm
Hier erfährt der Cavalierhalter von internationalen Studien und Empfehlungen, die die medizinischen Spezialisten für die Behandlung, aber auch für Zuchtprogramme aussprechen.

Um die Häufigkeit der MVD bei Cavalieren zu beziffern, wurden Ergebnisse von Untersuchungen vieler Tausend Cavaliere in Großbritannien, Kanada, den USA und anderen Ländern zusammengetragen.

Das Ergebnis war eine traurige "pro-Jahr-10%"-Statistik. Danach sind 10% der 1-jährigen, 20% der 2-jährigen, 30% der 3-jährigen und schließlich nahezu 100% der 10-jährigen Cavaliere an MVD erkrankt.

Dr. Hagel weist in seiner http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/hagelt_2003.pdf (S. 25) Doktorarbeit auf eine Studie (Darke 1997) hin, nach der MVD beim Cavalier 21-mal häufiger vorkommt als bei anderen Rassen.


Lebenserwartung betroffener Hunde

Auf der Cavalierhealth-Seite wird beschrieben, dass bei anderen Hunderassen, die ab 10 Jahren gehäuft an der Erkrankung leiden, ein Verlauf von 3 bis 5 Jahren zu erwarten ist.
Beängstigend ist für die Halter betroffener Cavaliere, dass bei ihnen nach der ersten Diagnose schon innerhalb von ein bis drei Jahren das Endstadium erreicht sein kann.
Man braucht kein Statistiker zu sein, um die traurige Tatsache zu bemerken, dass bei der verkürzten Lebenserwartung einige der bereits mit zwei Jahren erkrankten Hunde zu den erschütternden Zahlen bei den fünf und mehr Jahre alten Cavalieren gar nicht mehr beitragen, weil sie dieses Alter nämlich nicht erreichen und eher an ihren kranken Herzen oder den Nebenwirkungen und Folgen mehrjähriger Medikamentengabe sterben.

In der Dissertation http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/hagelt_2003.pdf von Dr. Tobias Hagel ist auf den Seiten 25/26 nachzulesen, dass nach einer Studie von Pederson und Häggström aus dem Jahre 2000 geschätzt wurde:
15 bis 20% der Rasse noch vor dem Erreichen des zehnten Lebensjahres eine Mitralregurgitation entwickeln, die ernst genug ist, um zum spontanen Tod oder Euthanasie zu führen“.
Weiter führt Dr. Hagel auf Seite 101 aus:
Die Chronische Mitralklappeninsuffizienz ....ist die Haupttodesursache des Cavalier King Charles Spaniel zwischen dem zweiten und 13. Lebensjahr (WOOD 2000)"


Vererbung

Auch wenn der genaue Erbgang noch nicht geklärt ist, wird wegen des gehäuften Auftretens bei Cavalieren an einer Vererbung der Krankheit nicht gezweifelt.
Im Rahmen eines von der EU geförderten LUPA-Projektes werden derzeit von der Universität München Cavalierhalter aufgerufen, sich mit ihren Hunden an einer Studie zu beteiligen, bei der „genetische Ursachensuche“ betrieben werden soll. http://www.tierkardiologie.lmu.de/downloads/studien/cavalier_studienaufruf.pdf.


Medizinische Experten empfehlen Zuchtprogramme

Internationales Symposium 1998
http://www.cavalierhealth.org/images/ckcsc,usa_1998_mvd_symposium.pdf

Im Jahre 1998 wurde von internationalen Wissenschaftlern (Dres. Andrew Beardow aus England, James Buchanan aus Virginia/USA, Luis Fuentes aus Schottland und Bruce Keene (aus USA) und – als international anerkannter Genetiker - Professor Lennart Swenson aus Schweden) eine „Zuchtrichtline“ http://www.cavalierhealth.org/mvdprotocol.htm veröffentlicht, die folgende Vorgaben macht:

  • Cavaliere sollen jährlich untersucht werden, Untersucher sollen anerkannte Spezialisten sein.
  • Es soll mit keinem Cavalier gezüchtet werden, der unter 5 Jahren ein Herzgeräusch zeigt.
  • Es soll mit keinem Cavalier unter 2,5 Jahren gezüchtet werden.
  • Es soll mit keinem Cavalier unter 5 Jahren gezüchtet werden, falls die Eltern mit 5 Jahren ein Herzgeräusch haben oder deren Herzbefund unbekannt ist.

Ziel ist, durch diese Maßnahmen den Beginn der Herzerkrankung bei zukünftigen Generationen auf ein höheres Lebensalter zu verschieben. Ohne genaue Kenntnis der genetischen Grundlagen könne man nicht erwarten, diese Krankheit gänzlich zu „eliminieren“.

Erfolg versprechend seien diese Richtlinien allerdings nur, wenn sich alle Züchter daran beteiligten. Dies sei auch bei der Wahl der kostengünstigen Untersuchungsmethode „Auskultation“ berücksichtigt worden.

Zu 90% könne durch einen begrenzten Untersucherkreis von Spezialisten auch auskultatorisch eine MVD diagnostiziert werden. Wenn diese Untersuchungsmethode von 100% der Züchter genutzt werde, sei sie effektiver als die 100% sichere Ultraschalluntersuchung, die wahrscheinlich weniger Züchter durchführen ließen. http://www.cavalierhealth.org/images/ckcsc,usa_1998_mvd_symposium.pdf (S. 4 linke Spalte).

So weist auch Dr. Hagel http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/hagelt_2003.pdf
(S. 29) darauf hin, dass ein Vergleich ergeben habe, dass Spezialisten ein Herzgeräusch bei jungen Hunden häufiger feststellen als weniger kardiologisch erfahrene Tierärzte.

Die Vorgaben von 1998 waren vom amerikanischen und englischen Cavalier Club als Empfehlung für die Züchter übernommen worden. Offensichtlich war die Akzeptanz bei den Züchtern nicht so wie erhofft, denn im März 2009 stellte der Kardiologe Simon Swift fest, dass 11 Jahre nach Veröffentlichung der Empfehlung immer noch 50% der fünfjährigen Cavaliere in den USA und in England an MVD leiden.


Zuchtauflagen bei Cavalier-Vereinen

Wie werden diese Expertenempfehlungen von den Vereinen als Zuchtvorgabe übernommen?

Überwiegend wird die Auskultation als Untersuchungsmethode vorgesehen.

Wenn kein Herzgeräusch vorliegt, wird von Grad 0 gesprochen. Beim Auftreten eines Herzgeräusches wird dieses nach genau definierten Kriterien bezüglich Lautstärke und Intensität in Grade von I bis VI eingeteilt.

Es lassen sich folgende Beispiele nennen:

Schweiz

http://www.cavalierclub.ch/docs/ErgaenzendeZuchtbestimmungenD2009.pdf

In der Schweiz ist eine Auskultation vorgesehen:

  • Jährliche Untersuchung bei Rüden, bei Hündinnen jährlich bzw. vor dem Decken
  • bis 6 Jahre Grad 0
  • bis 6 Jahre Grad 1 und höher -> Zuchtausschluss)
  • 6 bis 8 Jahre Grad 1 (nach 6. Geburtstag festgestellt) Partner: Grad 0
  • 6 bis 8 Jahre Grad 2 und höher -> Zuchtausschluss


Niederlande

http://www.cavalierclub.nl/index.php?option=com_content&view=article&id=96&Itemid=19

Die Niederländer haben ein Herzscreening etabliert, bei dem Doppler- und Ultraschall durchgeführt und unter genau definierten Einstellungen Aufnahmen angefertigt werden.
Anhand dieser Aufnahmen wird der Befund in verschiedene Klassen eingeteilt.

Diese Klassen (A bis E) werden als Kriterium für die Planung von Verpaarungen herangezogen und lassen nur bestimmte „Kombinationen“ zu.


Schweden

In Schweden war im Jahr 2001 http://www.cavaliers.co.uk/forums/ (Rubrik 'Herz'; Thread: Swedish Heart Research) eine neue Zuchtvorgabe verpflichtend eingeführt worden.
Folgende Auflagen waren zu erfüllen:

  • Cavaliere können frühestens mit zwei Jahren zur Zucht eingesetzt werden, wenn eine Auskultation kein Herzgeräusch ergeben hat und ihre 4-jährigen Eltern ebenfalls Grad 0 haben.
  • Hunde, deren Eltern mit 4 Jahren einen "Herzbefund" haben, dürfen erst mit 4 Jahren zur Zucht eingesetzt werden, wenn sie selber in diesem Alter herzgesund sind.
  • Diese Zuchtvorgaben sind verpflichtend. Welpen, die nicht nach diesen Regeln gezüchtet werden, erhalten keine Papiere.

In diesem September wurden die Ergebnisse einer schwedischen Studie http://www.actavetscand.com/content/pdf/1751-0147-52-54.pdf veröffentlicht, bei der die Herzgesundheit 6-jähriger Cavaliere beurteilt wurde.
Es handelt sich um Untersuchungen von Hunden der Geburtsjahrgänge 2001 und 2003. Hintergrund war die Frage, inwieweit das 2001 gestartete Zuchtprogramm "greift" und damit die Zahl 6-jähriger Cavaliere, die von der Herzkrankheit betroffen sind, zurückgegangen ist.

Es wurde ermittelt, dass das Auftreten von Herzgeräuschen bei den 6-Jährigen bei 52% und 55 % liegt.
Bei den 2003 geborenen Cavalieren war keine Verbesserung bezüglich des Anteils von Hunden mit Herzgeräusch oder bezüglich des Herzgeräuschgrades im Vergleich zu den 2001 geborenen Cavalieren festzustellen. Dies lässt den Schluß zu, dass das Zuchtprogramm nicht den gewünschten Effekt hat. In Übereinstimmung hiermit - so ist in der Studie zu lesen – verzeichneten die Statistiken der Agria Tierkrankenversicherung keinen positiven Einfluss auf Todesfälle durch MVD.

Eine Erklärung für dieses negative Ergebnis könnte sein, dass das geforderte Mindestalter der Zuchthunde (und entsprechend für deren gesunde(!) Eltern) niedriger gewählt wurde als im „MVD-Breeding-Protocol“ von 1998 empfohlen worden war.
Auch wurde beim 1998er-Symposium festgestellt, dass mit einer deutlichen Verbesserung erst nach 2 bis 3 Generationen gerechnet werden könne.


Deutschland

Während in diversen Vereinen außerhalb des VDH keine Zuchtauflagen bezüglich der Herzgesundheit bei Cavalieren formuliert sind, fordern die drei den Cavalier betreuenden VDH-Vereine eine Auskultation.

Für den VK und den CCD ist nachzulesen, dass diese Untersuchung bei den Rüden jährlich und bei den Hündinnen einige Wochen vor dem Decktermin erfolgen soll.
Nur der VK hat seine Zuchtordnung http://www.kleinhunde.de/vkzuchtordnung.pdf im Internet veröffentlicht.

Hündinnen dürfen danach nur mit Grad 0 eingesetzt werden, bei Rüden gilt diese Forderung bis zu 3 Jahren. Bei Rüden über 3 Jahren wird ein Herzgeräusch Grad 1 und bei Rüden über 6 Jahren ein Herzgeräusch Grad 2 toleriert.

In den Jahren 2001 und 2002 wurde http://www.gkf-bonn.de/download/vb_hagel14.pdf eine Studie durchgeführt, die von den 3 VDH-Cavalier-Vereinen und der Gesellschaft zur Förderung Kynologischer Forschung e.V. finanziert wurde.

Das Ergebnis der „Hagel Studie“ war einige Zeit von einem Cavalier-Verein im Internet veröffentlicht worden und sorgte in Internetforen für Diskussionen zwischen "Cavalier-Liebhabern und Züchtern" und auch zwischen "Züchtern und Züchtern".
Bei einigen Liebhabern stieß es auf großes Unverständnis, dass die Empfehlung, die an der Studie beteiligten 2-jährigen Cavaliere mit 4 Jahren erneut untersuchen zu lassen, nicht umgesetzt wurde.

In seiner Dissertation http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/hagelt_2003.pdf in die Ergebnisse der og. Studie einbezogen wurden, stellt Dr. Hagel im Jahre 2003 auf S. 101 fest, dass aus den Untersuchungen für die Häufigkeit des Auftretens geschlossen werden könne, dass die:
...Mitralklappeninsuffizienz in der deutschen Cavalier King Charles Spaniel-Population eine ähnlich hohe Prävalenz besitzt, wie sie in anderen Ländern beschrieben wurde.


Aktuelle Situation in Deutschland

Zu oft liest man in Foren-Diskussionen, dass die „Hagel-Studie“ nicht immer wieder zitiert werden solle, schließlich sei diese schon einige Jahre alt.
Eine neuere Studie mit aktuellen Zahlen und Statistiken zur Herzgesundheit deutscher Cavaliere ist jedoch nicht vorhanden.

Als Anhaltspunkte können somit nur andere Informationen wie zum Beispiel die Veröffentlichung einer Kardiologie-Vorlesung an der Uni München im Jahr 2005  http://www.tierkardiologie.lmu.de/downloads/Vorlesungen/Mitral%20Regurgitation%20bw.pdf herangezogen werden. Es heisst in der Vorlesung (Dr. Wess; Folie 5), dass bei 50% der 5-jährigen Cavaliere mit MVD zu rechnen ist.

Aber auch Aussagen in anderen wissenschaftlichen Texten lassen Rückschlüsse auf die allgemeine Einschätzung der Spezialisten zu. In der Dissertation von Dr. Miriam Biel  http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2009/7043/pdf/BielMiriam_2009_06_04.pdf
aus dem Jahr 2009 geht es um ein Thema bei der Erforschung der Syringomyelie, eine schwere neurologische Krankheit von der leider vorwiegend Cavaliere betroffen sind. Sie schreibt auf S. 21, dass die „angeborene Mitralklappeninsuffizienz“ bei den Cavalieren „verbreitet“ ist.

In einer Doktorarbeit, die Dr. Dorothee Ackermann im Jahre 2006 zum „Knochenstoffwechsel bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz“ verfasst hat http://edoc.ub.uni-muenchen.de/6346/1/Ackermann_Dorothee.pdf ist zu lesen (S. 56), dass der Cavalier „als Modell für natürlich auftretende Herzinsuffizienz besonders interessant“ ist.


Annahmen und Vermutungen

Während in anderen Ländern wie z. B. Schweden oder England viele Hundehalter für ihre Hunde eine Krankenversicherung abschließen, ist dies in Deutschland weniger üblich. Versicherungsstatistiken über Ausgaben für Medikamente und Untersuchungen und über das Sterbealter von Hunden der verschiedenen Rassen können deshalb nicht wie in einigen anderen Ländern http://www.actavetscand.com/content/51/1/42 herangezogen werden.
Interessant ist, dass auch in einer großen schwedischen Studie von 1992 über die Herzgesundheit beim Cavalier http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1481344 auf eine Versicherungsstatistik Bezug genommen wird.

Da solche Daten oder eine aktuelle Studie in Deutschland nicht zur Verfügung stehen, bleibt es bei Annahmen und Vermutungen.

Eigene Erfahrungen, die Berichte anderer Cavalierhalter über ihre herzkranken Hunde oder aber das bedenkliche Gesicht eines Tierarztes, den man zum ersten Mal mit seinem Cavalier aufsucht, sind für viele Cavalierhalter eher traurig.
Dann liest man in Foren ganz andere Züchteraussagen, dass die Krankheit durch Medikamente gut behandelbar und außerdem alles sehr viel besser geworden sei, schließlich "fallen 2-jährige Cavaliere nicht mehr einfach so um wie vor 20 Jahren".

Liebhaber und auch Züchter, die beklagen, dass viele Cavaliere herzkrank sind, sehen sich schnell dem Vorwurf ausgesetzt, die Rasse krank zu reden. Das häufig vorgebrachte Argument, dass auch Hunde anderer Rassen herzkrank werden können, macht es für die Hunde insgesamt traurig, für die Situation der Cavaliere selber aber ist diese Feststellung meiner Meinung nach unerheblich. Überzeugen kann es jedenfalls nicht, solange Tierärzte, die den gesundheitlichen Zustand der Cavaliere alltäglich als Fachleute erleben, die Herzsituation bei den Cavalieren sehr viel kritischer einschätzen.

Viele Cavalierliebhaber und auch ich wünschen sich eine deutliche Verbesserung, schließlich gehören wir zu den Menschen, die sich ein Leben ohne Cavalier nicht vorstellen können.

Das derzeit jedoch nicht mit konkreten Zahlen zu widerlegende hohe Risiko, für seinen Hund im jungen oder eigentlich „besten Hunde-Alter“ die Diagnose MVD zu hören, führt immer wieder zu Diskussionen darüber, ob man noch einmal einen Cavalier zu sich nehmen würde.
Da gibt es einige, die sich mit der Situation abgefunden zu haben scheinen, für die kritische Stimmen Schwarzmaler und Stimmungsverderber sind.

Sie schaffen es offenbar vom Kopf und vielleicht sogar vom Gefühl her, gesundheitliche Probleme wie die Herzkrankheit, Syringomyelie und auch andere bei den Cavalieren  vorkommende Erkrankungen auszublenden, man könnte mit seinem Hund ja auch Glück haben und außerdem gibt es so viele gute Medikamente ...

Gilt ihre Liebe nur dem eigenen Hund und ist es egal, wenn „für die Rasse an sich“ Herzkrankheit bei 5-Jährigen als „normal“ angesehen wird?
Muss man sich nicht auch vor Augen halten, dass nach der Statistik nur jeder zweite Cavalierwelpe die Aussicht hat, nach seinem 5. Geburtstag ein gesunder Hund zu sein?

Leicht ernten Liebhaber mit kritischen Gedanken über Krankheiten den Vorwurf, negativ-denkende und klagende Laien zu sein, die nicht wissen was es bedeutet, ein Züchter zu sein und die die Züchter nicht respektieren. Oft folgt dann noch der Rat, sich bei diesem Gesundheitswahn lieber ein "Plüschtier" anzuschaffen.

Es geht hier nicht um den realitätsfernen Wunsch nach Garantie auf ewige Gesundheit. Auch nicht um die naive Vorstellung, ein Züchter könne für sein „Zuchtprodukt“ alle Lebensrisiken wie Krankheiten ausschließen. Es geht darum, gegen durch die Zucht beeinflussbare „rassespezifische“ Krankheiten anzugehen.


Offene Fragen

Cavalierliebhaber, die sich wegen der Krankheit ihrer Hunde informiert und von den genetischen Ursachen dieser Erkrankung erfahren haben, werden sich auch mit Zuchtfragen auseinandersetzen.

Alle kennen Züchter, die sehr engagiert und freiwillig mehr leisten als an Untersuchungen von den Vereinen gefordert wird. Nach den oben geschilderten Informationen - insbesondere nach der Expertenmeinung, dass es auf alle(!) Züchter ankommt - stellen sich folgende Fragen:

  • Warum sind von den Vereinen keine genaueren Herzuntersuchungen vorgeschrieben als das jährliche Abhören wie es ohnehin bei den allermeisten Liebhaberhunden schon üblich ist?

In seiner Dissertation http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/hagelt_2003.pdf (S. 101) weist Dr. Tobias Hagel darauf hin, dass Herzultraschall und Doppler zur Diagnostik der Mitralklappeninsuffizienz herangezogen werden sollten. Falls die Untersuchung auf Auskultation beschränkt wird, empfiehlt Dr. Hagel – wie auch seine Kollegen vom Symposium 1998 - den Untersucherkreis auf erfahrene Spezialisten zu begrenzen.

Eine Einschränkung der Untersucher auf kardiologische Spezialisten - etwa aus dem http://www.collegium-cardiologicum.de/ „Collegium Cardiologicum“ - wird in der Zuchtordnung jedoch nicht genannt.

  • Warum wird bei Zuchtrüden ab 3 Jahren ein Herzgeräusch Grad 1 und ab 6 Jahren Grad 2 toleriert?

Nach dem „Mitral Valve Disease Breeding Protocol“ von 1998 (s.o.) sollen Cavaliere die unter 5 Jahren ein Herzgeräusch zeigen nicht in die Zucht.

In der Veröffentlichung der Gesellschaft zur Förderung der Kynologischen Forschung e.V. über den Start des Pilotprojektes 2001 http://www.gkf-bonn.de/download/vb_hagel14.pdf (S. 5) heißt es, dass Herzgeräusche den „Zuchtausschluss“ nach sich ziehen.

Dr. Miriam Biel  schreibt  2009 in ihrer Dissertation (S. 21) http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2009/7043/pdf/BielMiriam_2009_06_04.pdf, dass bei der Diagnose Mitraklappeninsuffizienz ein „Zuchtausschluss“ erfolgt.

Dr. Hagel zeigt http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/hagelt_2003.pdf (S. 9) in seiner Dissertation Auszüge der Zuchtordnungen der drei VDH-Cavalier-Vereine. Bei allen findet sich die Angabe „Zuchtzulassung nur ohne Herzgeräusche“.

  • Warum gilt speziell bei Cavalieren nicht ein höheres Mindestalter für die Zuchtzulassung?

Laut Zuchtvorgaben des VK http://www.kleinhunde.de/vkzuchtordnung.pdf ist eine Zuchtzulassung von Rüden mit 9 Monaten (vorläufige Zulassung bis 18 Monate/ab 15 Monaten Nachbewertung) und für Hündinnen ab 12 Monaten (erstes Decken ab 15. Monat) zulässig.

3-jährige Cavaliere, bei denen Grad 1 toleriert wird, liegen nur 6 Monate über dem beim 1998er-Symposium empfohlenen Mindestalter von Zucht-Cavalieren.

Dieses Mindestalter gilt jedoch nur für Hunde ohne Herzgeräusch, deren Eltern mit 5 Jahren herzgesund sind. Falls keine Untersuchungsergebnisse der Eltern bekannt sind oder diese nicht herzgesund sind, erhöht sich das Mindestalter für den Zuchteinsatz eines Cavaliers nach dem „Breeding Protocol“ auf 5 Jahre.

Darüber hinaus halten die internationalen Experten auch im Zusammenhang mit Zuchtprogrammen gegen die Syringomyelie http://www.cavalierhealth.org/smprotocol.htm bei Zuchthunden ein Mindestalter von 2,5 Jahren für erforderlich.
Bei den meisten "symptomatisch-SM-kranken" Hunden treten bis zum Alter von 3 Jahren erste Zeichen der Erkrankung auf. Auch wird einer MRI-Untersuchung im Bereich dieses Alters eine größere Aussagekraft eingeräumt als den Untersuchungen bei jüngeren Hunden.

  • Ist eine neue Studie geplant?

In seiner Dissertation http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/hagelt_2003.pdf (S. 101) stellt Dr. Hagel im Jahr 2003 fest: „Damit liegen erstmals Vergleichszahlen zur Auskultation aus Deutschland vor.

Bald 10 Jahre nach dem - unter Mitwirkung der Deutschen Gesellschaft für Kynologische Forschung e. V. - durchgeführten "Herzpilotprojekt" wäre eine neue Studie interessant.

Cavaliere haben sehr viel Herz

und es soll alles unternommen werden, dass es gesund ist!



Elke Grabhorn
Düsseldorf, im Oktober 2010
www.ckc-spaniel.de

Fotos: Lutz Peter Gellert - Vielen Dank Rena für die schönen Fotos!