Dienstag, 14. Mai 2013

Der DCM Skandal in der Rassehundezucht (Teil 1)

Seit Jahren ist bekannt, dass dilatative Kardiomyopathie (englisch "Dilated Cardiomyopathy"= DCM) in einigen Populationen großer Hunderassen verbreitet ist. Besonders Dobermann und Deutsche Dogge sind betroffen, aber auch Boxer oder Wolfshound. DCM ist eine Erkrankung des Herzmuskels, die zum Tod, bei einzelnen Hunderassen wie dem Dobermann auch zum "plötzlichen Herztod", führen kann. Die Hunde sterben im besten Alter, nicht selten in jungen Jahren.

Ein Tierschutzskandal

Seit Jahren weisen verschiedene Studien, u.a. von der Uni München auf die weite Verbreitung dieser tödlich verlaufenden Herzkrankheit hin. Zudem ist inzwischen unstrittig, dass DCM erblich bedingt ist. Doch die Zucht ignoriert dieses Problem weitgehend. Erst durch konsequente Ignoranz seitens der Zucht wurde diese Krankheit überhaupt wie eine Seuche verbreitet. Heute ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass bei den Dobermännern nicht weniger als 58% der Hunde von DCM betroffen sind (u.a. Studie Wess). Es ist ein Tierschutzskandal erster Güte: Ohne Not und sehenden Auges werden durch den Menschen schwerste Erbkrankheiten züchterisch verbreitet, Krankheiten, die zum Tode des Tieres führen. Dabei wäre die Verbreitung dieser Krankheit leicht zu verhindern.

Auf der Website des Dobermann Vereins sucht man indes vergeblich nach Informationen zu DCM. Vor knapp zwei Jahren fragte ich den Vorstand des Dobermann-Vereins für einen Artikel in der Zeitschrift "HundeWelt" freundlich um Infos zum Thema an - ohne je eine Antwort zu erhalten. Dabei ist der Dobermann-Verein nun alles andere als ein Hinterhofverein. Er ist der führende Dobermann-Verein weltweit und hält das Patronat der FCI für diese Rasse. Sein Präsident ist Hans Wiblishauser, der zugleich führender Spitzenfunktionär des VDH ist (u.a. VDH-Verantwortlicher für Zuchtrichter, Rassestandards und das Ausstellungswesen). Der VDH ist hier also in personam unmittelbar am Ball. Während immer mehr "Zuchtprodukte" im besten Alter an DCM sterben, scheinen die Verantwortlichen das Problem zu ignorieren. Doch es gibt Widerstand gegen soche Missstände auf Kosten der Hunde:

Aufklärung zum Thema DCM bei Dobermann und Deutscher Dogge

Die Filmemacherin Ruth Stolzewski hat zwei Filme veröffentlicht, die ein sehr prägnantes Licht auf diesen Tierschutzskandal werfen. Bei Youtube kann man je ein Video zu DCM bei Dobermann und Deutscher Dogge anschauen. Die Videos sprechen für sich und können hier nur bestens empfohlen werden:



Zugleich wurde eine Online-Petition für die Einführung der Herzultraschallpflicht beim Dobermann ins Leben gerufen, die sehr zu unterstützen ist.

Petition für Einführung der Herzultraschallpflicht 

https://www.openpetition.de/petition/online/ja-zur-jaehrlichen-herzuntersuchung-der-dobermaenner

Filme und Petition sind wirkungsvolle Methoden, auf die Missstände in der Zucht aufmerksam zu machen. Vielen Dank an Ruth Stolzewski, Pia Barlach und die anderen Mitwirkenden dieser (leider notwendigen) Aufklärung!

In einem weiteren Artikel werde ich noch einmal näher auf DCM als Ausdruck der verbreiteten Missstände in der Rassehundezucht eingehen.


Christoph Jung

Donnerstag, 2. Mai 2013

Dortmunder Appell für eine Wende in der Hundezucht

Mitte April erreichte mich ein dicker A4-Briefumschlag. Ich staunte nicht schlecht: Darin waren die Unterschriften und Adressen von nicht weniger als 1.200 Unterstützerinnen und  Unterstützern des "Dortmunder Appells für eine Wende in der Hundezucht" (DA). Die Listen hatte mir Monika Whitworth, Vorsitzende von "M u. M´s Hundeausbildung" im Weserbergland zugeschickt. Wie hatte Monika diese tolle Aktion hingekriegt - obwohl ja die Unterschriftensammlung bei 5.000 längst abgeschlossen war? Ich fragte Monika.

Christoph Jung: Monika, wie hast du es geschafft, nicht weniger als 1.200 Unterschriften für den Dortmunder Appell zu sammeln?

Monika Whitworth: Am Anfang habe ich drei Listen ausgedruckt, die wollte ich erst mal voll bekommen.
In der Hundeschule habe ich ganz tolle Menschen um mich, manche haben mir sofort angeboten, dass sie auch Unterschriften sammeln würden, wenn ich ihnen Listen mitgeben würde.
Also habe ich viele Listen ausgedruckt und hatte in den folgenden Wochen immer ein paar davon bei mir und habe überall Menschen angesprochen. Beim Einkaufen, bei der Arbeit, beim Spazieren gehen...
Beim Sammeln ist mir dann aufgefallen, dass die Aktion dabei hilft, aufzuklären.
Die meisten Menschen, die ich angesprochen habe, wussten nichts über Inzucht, Erbkrankheiten, Qualzucht und das Leiden vieler Hunde. Fast alle waren dann sofort bereit zu unterschreiben oder eben selbst zu sammeln. Das war eine sehr schöne Erfahrung.
Darum fiel es mir direkt ein bisschen schwer mit der Aktion aufzuhören. So habe ich selbst fast 800 Unterschriften zusammenbekommen und ca. 400 kamen von anderen Hundefreunden dazu.
Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken!

In Großbritannien, dem Mutterland der modernen Rassehundezucht, engagiert sich inzwischen eine breite Öffentlichkeit für eine Wende in der Hundezucht. Hier eine Kampagne der ältesten Tierschutzorganisation der Welt RSPCA.
In Deutschland schweigt man in weiten Teilen der Tierschutz-Szene zu diesem Thema. Alleine schon banale unabhängige Kontrollen auf den Hundeshows werden abgelehnt. Zu starke wirtschaftliche Interessen stehen dagegen. Das Wohl der Hunde wird dem Profit und der Konsummentalität geopfert.


Christoph Jung:
Wie bist du eigentlich auf den DA Aufmerksam geworden?

Monika Whitworth: Ich stöbere ab und zu auf den Seiten der BVZ Hundeschulen um Seminare zu buchen etc.
Dort war der DA verlinkt. Ich hatte grade vorher Dein Buch gelesen und für mich war sofort klar, dass ich diese Aktion unterstützen wollte. Die Unterschriftensammlung war eigentlich schon beendet, aber ich habe mich entschlossen, trotzdem zu sammeln, weil ich das Gefühl hatte, endlich was tun zu können.
Das Bedürfnis habe ich schon viele Jahre, aber ich wusste nicht wie.

Christoph Jung: Wie aktuell ist aus deiner Erfahrung heraus das Anliegen des DA?

Monika Whitworth: Das Anliegen des DA hat nicht an Aktualität verloren. Ich glaube, manchen Rassen geht es so schlecht wie nie zuvor.
Es gibt Lichtblicke, ich habe zum Beispiel auf einer Veranstaltung unseres Vereins schlanke Möpse mit "richtigen Nasen" gesehen. Die Besitzerin züchtet Möpse und ist sehr stolz darauf, wie sportlich ihre Hunde sind. Und sie hat mir von einem anderen Züchter erzählt, der ebenfalls so züchtet. Ich habe mich darüber sehr gefreut und hoffe, dass diese Beispiele Schule machen.

Christoph Jung: Was liegt dir ganz persönlich am Herzen für die Zukunft der Partnerschaft Mensch-Hund?

Monika Whitworth:
Liebe Züchter, liebe Hundekäufer:
die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Vierbeiner liegt in Euren Händen! Bitte vergesst nicht, dass es sich bei unserem besten Freund um lebende, fühlende Wesen handelt!
Ich wünsche mir, dass die Zucht von Lebewesen mehr an ihre Bedürfnisse und medizinische Erkenntnisse angepasst wird und nicht an modische Wünsche.
Liebe Hundekäufer: Wenn keine kranken Hunde gekauft werden, werden sie irgendwann nicht mehr gezüchtet. Die Verantwortung liegt also nicht beim Züchter allein, sondern auch beim zukünftigen Hundebesitzer, der sich informieren muss.
Jeder Mensch kann helfen, allein dadurch, dass man andere Menschen über Missstände informiert. 
 
Monika Witworth sammelt 1.200 Unterschriften für eine Wende in der Hundezucht

Christoph Jung: Das ist wirklich eine tolle Initiative, die du ergriffen hast. Es macht Mut zu sehen, wie viele Menschen man bewegen kann, für die Gesundheit der Hunde Partei zu ergreifen. Vielen Dank, Monika!