Mittwoch, 10. März 2010

Durchbruch für Tierschutz in der Hundezucht?

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eit Anfang 2008 gilt in Österreich ein neues Tierschutzgesetz. Zu den Zielen dieser Novelle zählt die Ausmerzung der Qualzucht bei Rassehunden sowie ein weitgehendes Verbot des Hundehandels. Beides Ziele, deren Umsetzung ein elementarer Gewinn für die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Hunde darstellen würden.

Leider erfährt man aus den Medien, auch nicht aus der österreichischen Fachpresse, kaum einmal etwas zu den Auswirkungen dieses so wichtigen Schrittes in Sachen Tierschutz. Wir haben daher die österreichischen Sennenhunde-Züchterin Grete Stadlbauer, aktive Unterstützerin des Dortmunder Appells für eine Wende in der Hundezucht, ein paar Fragen gestellt:

Grete, welche praktischen Auswirkungen hat das neue Tierschutzgesetz auf die Hundezucht?

Grete Stadlbauer : Das Tierschutzgesetz wurde recht mutig in Angriff genommen und dann verwässert. Positiv ist trotzdem, dass sehr schwere Fälle besser verfolgt werden können. Das Betrifft vor allem das Platzangebot, die Bewegungsfreiheit und die Unterkünfte für Heimtiere. Bei der Qualzucht gibt es erst eine Handhabe wenn "starke Schmerzen" im Spiel sind. Eine genauere Auslegung von Qualzucht gibt es. Einige Rassen wurden genannt, die unter Qualzucht fallen. Züchterische Maßnahmen müssen aber erst bis 2018 umgesetzt werden. Das erste Jahr verging mit dem Ausfüllen von Fragebögen. Viele Züchter und Formwertrichter (in Österreich) sträuben sich, eine Veränderung vom Aussehen in Richtung natürlichere Proportionen und Vitalität zu forcieren. Die Verbesserung kann man bei bestimmten Rassen nur mehr mit Einkeuzungen erreichen, wenn eine Zeitspanne von 10 Jahren einzuhalten ist.

Beispiel: Tierschutzgesetz - 3. § 5 Abs. 2 Z 1 lautet:
k) Fehlbildungen des Gebisses- Rassen mit Nasenverkürzungen haben Gebissfehlstellungen. Das Äußere dieser Rassen muss sich verändern, wenn man die Deformationen zu bekämpfen hat. Bekommt so ein Hund die Zuchtzulassung?

Eine Verpflichtung, einen vernünftigen Standard an Vitalität zu erreichen, kenne ich nicht. Mehr an verpflichtenden Untersuchungen für Zuchthunde wird bei diversen Rassevereinen angestrebt, umgesetzt ist noch wenig. Wenn man bedenkt, jedes Jahr tritt eine neue Erbkrankheit auf, so sind die Gegenmaßnahmen zu langsam. Vereine und Laien können weiterhin nach ihrem Gutdünken verfahren.

Für uns persönlich war vom Tierschutzgesetz nur bemerkbar, dass unser Tierarzt sehr gestresst war. Der arme Mann musste, bevor wichtige Fristen verstrichen wären, noch schnell sämtliche Hunde "Chippen", Chips gingen aus, waren dann kurz nicht lieferbar... Die Strafen für Verspätete wären da übrigens mit 5 000? Euro recht happig. Da unsere Tiere bereits Chipträger sind, kann ich sagen, das Auswirkung eigentlich nicht spürbar waren.

Durch das Gesetz kam die Qualzucht mehr in die Öffentlichkeit und wir erleben immer mehr sehr gut informierte Kunden.

Grete Stadlbauer, Bio-Bäuerin - "Zucht in Balance"

Werden wir nach Ablauf der Frist in Österreich gesunde Rassehunde haben?

Grete Stadlbauer: Das Zuchtgeschehen dominieren Hobbyzüchter und Laien. Es wird wohl versucht, so weiterzumachen wie bisher. Die VetUniversität Wien hat mit dem Österreichischen Kynologenverband Strategien erstellt, die Umsetzung ist den jeweiligen Rasse Vereinen übertragen. Umgesetzt wird unter dem Moto: „Es wird heißer gekocht als gegessen

Ein Beispiel, das ich aus nächster Nähe recht gut erlebt habe: In einem Verein wurde die Lebensdauer von Berner Sennenhunden durch die Zucht nicht verlängert sondern auf zirka 7 Jahre verkürzt. Keine tief greifenden Maßnahmen und kein Kurswechsel wurde bis jetzt in Gang gesetzt. Die gesundheitlichen Überprüfungen orientieren sich noch immer am absoluten Minimum. Die Datenerfassungen sind unvollständig, die Züchter (Hobby) sind meist nur kurzfristig und unerfahren im Zuchtgeschehen. Die Selektion der Zuchttiere wird von Laien betrieben und orientiert sich mehr an persönlichen Ansichten als an Gesundheitsstandards.

Ein weiteres Beispiel: Der Entlebucher Sennenhund wird in Österreich vom FCI Verband als Qualzucht geführt. Nicht einmal dieser enorme Druck führt zu einem Umdenken. Vereins-Mitglieder wurden nicht einmal oder nicht ausreichend über diese Katastrophe informiert! Mit dem Glauben, man muss die Rasse erhalten, wurde/wird mit erbkranken Hunden weitergezüchtet.

Ein Umdenken bemerke ich bei den Käufern von Hunden. Das Thema Qualzucht ist dort besser angekommen. Unter Züchtern ist auch international eine Aufbruchsstimmung und Vernetzung bemerkbar. Immer mehr Züchter machen sich ihre eigenen Gedanken und nehmen ihre Verantwortung wahr und beschreiten neue Wege.

Sich blind auf Vereins organisierte Laien- und Hobbyzucht zu verlassen, bringt auch enorme Risiken, wenn im Vereinsgesetz das Tierschutzgesetz und Zivilrecht nicht mitberücksichtigt sind. Zivilprozesse mit Hundekäufern, die sich nicht mit der Erklärung abtun lassen - "jeder Hund kann Krank werden", können richtig teuer werden.


Was sollte deiner Meinung nach an dem Gesetz noch verbessert werden?

Grete Stadlbauer:
  • Laienzüchter müssen leider vom Gesetzgeber zu ihrem Glück gezwungen werden
  • Gesundheit, Wesen und Langlebigkeit…
  • Richtlinien von Zuchtvereinen, die jetzt schon verboten sind, halte ich für eine Anstiftung zu einer strafbaren Handlung.
  • Eine Definition, wer von vorneherein als Halter eines Tieres nicht in Frage kommt, wäre gut gewesen (§ 12. (2)); zum Beispiel für Personen die wegen Gewaltdelikten oder schwereren Suchtgiftdelikten bestraft wurden. Diese Einschränkung muss aber unbedingt mit Augenmaß geschehen.

Welche Auswirkungen hat das Gesetz auf den Hundehandel?

Grete Stadlbauer: Um den illegalen Welpenhandel in den Griff zu bekommen wurde der Verkauf von Hunden in Zoohandlungen wieder ermöglicht. Das war sicher nicht von Erfolg gekrönt, sondern scheint mir eher nach einem Zugeständnis für den Handel.

Vielen Dank Grete!


Kontakt:

Grete Stadlbauer
Hundehof Stadlbauer
Maierleiten 5
A-4201 Gramastetten
Tel.: +43 7239 8230
neu Gretes Blog: www.sennenhunde.at/blog