Donnerstag, 27. März 2014

Bulldoggen: CT statt Show

Die Initiative Gesunde Bulldoggen und seine fleißigen Unterstützer und Befürworter haben in den letzten Jahren genug Bildmaterial anhand von Röntgenbildern und CT-Auswertungen gesammelt und möchte sich hier bei allen willigen Bullybesitzern und Züchtern herzlich für die Unterstützung bedanken.

Es ist erschreckend, wie wenige befundarme und stabile Bulldoggen es tatsächlich gibt und wie verwirrend manche ausgestellten Gutachten eine gute Bullygesundheit vortäuschen. Dies ist kein Phänomen unkontrollierter Vermehrerzuchten, hinter vielen kranken Hunden steht „hochrangiges“ Pedigree aus namenhaften FCI-Zwingern. Man muss ganz klar die Definition Gesundheit in Bezug auf die Französische Bulldogge und „zuchttauglich ohne Auflagen“ in Frage stellen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Bully ohne große Einschränkungen alt werden kann, dies kann er auch mit mittlerer HD, verlegten Atemwegen und deformierten Wirbeln. Ihn nur, weil er kein tierärztlicher Dauerpatient war, mangels umfangreicher Diagnostik als gesund darzustellen ist sehr irreführend und stützt nur die oberflächigen Untersuchungen, die einige Vereine fordern.

Betrachten wir das Problem der Keilwirbel:

Bisher war es üblich ein Röntgenbild in Seitenlage von Brust- und /oder Lendenwirbelsäule anzufertigen und dieses durch Tierärzte begutachten zu lassen. Hier sehen wir nur eine Außenseite der Wirbelkörper und können maximal erkennen, wo die Hemivertebrae, wo die Keilwirbel sitzen.

Viele Hemivertebrae werden in der Regel nicht berücksichtigt, Keilwirbel werden ab einer gewissen Abweichung vom gesunden Wirbelkörper als leicht verändert oder ausgeprägt eingestuft. Lage, Ausbildung und Anzahl dieser Wirbel entscheiden über Graduierung und Zuchttauglichkeit. Spondyliosen, arthrotische Zubildungen, Kissing Spines, verkalkte Bandscheiben werden je nach Verein berücksichtigt oder ignoriert.
Gutachter diagnostizieren nicht alle Anomalien und nicht alle Formen von Hemivertebrae. Eindeutige Keile werden gutachterlich berücksichtigt, viele weitere Anomalien, die ebenso in die Gruppe der Hemivertebrae fallen, nicht. Eine Anomalie liegt vor, auch bei einseitigen Veränderungen und Verkürzungen. Diagnostizierte Keilwirbel zeigen beidseitige Verkürzungen des Wirbelkörpers. Die Anlagen aller Hemivertebrae sollten für jeden Züchter interessant sein, da sich durch den autosomal rezessiven Erbgang die vorhersehbare Gesundheit der Nachkommen positiv wie negativ beeinflussen lässt.

Hier finden Sie die fachmedizinische Definition der Hemivertebrae.

Darstellung einzelner Wirbelkörper inkl. Durchfluss des Rückenmarks
Anhand der folgenden Röntgenbildern eines Bullys können Sie erkennen, dass ein einziger, diagnostizierter, leichter Keilwirbel keine sichere Aussage über die Gesundheit und Stabilität der Wirbelsäule sein kann. Eine Beurteilung nutzt überhaupt nichts, wenn man nicht den gesamten Wirbel inkl. Durchfluss des Rückenmarks erkennen kann.

Es sind in den letzten Jahren viele Bullys mit berühmten Pedigrees und unauffälligen Wirbelkörpern aufgrund von multiplen Bandscheibenvorfällen aufwändig saniert und in vielen Fällen tragischerweise euthanasiert worden. CT-Untersuchungen zeigen, dass sich Wirbel oftmals nicht ausbilden, es fehlt teilweise der gesamte Umschluss um den Wirbelkanal, es brechen Fragmente aus oder Teile des Wirbels sind erst gar nicht ausgebildet. Dies kann in seltenen Fällen sogar bei keilwirbelfrei begutachteten Wirbelkörpern aus seitlicher Aufnahme der Fall sein. Die Folgen für den Hund und vor allem für seinen möglichen Nachwuchs können verheerend sein.

Daher sollte jedem Züchter eine komplette, einmalige dreidimensionale Diagnostik per Computer-Tomografie am Herzen liegen, wenn er ein wirklicher Freund der Hunde und der Rasse ist!

Betrachten wir das Problem der Atemwege:


Das Unwort der Bullyzucht ist Freiatmung! 

Man brüstet sich mit dieser Floskel als Prädikat für sensationellen Zuchterfolg. Sollte eine ungehinderte Atmung nicht für jedes Säugetier selbstverständlich sein? Eine komplikationsfreie Atmung in jeder Lebenslage ist nur gewährleistet, wenn das Zusammenspiel von Nasenloch, Nasengängen, Rachen, Stimmtaschen, Kehlkopf, Gaumensegel und Trachea harmonisch und ohne Deformationen zusammenpasst. Dies muss individuell bei jedem Hund per CT-Untersuchung festgestellt werden. Ein alleiniger Blick per Endoskopie in den Rachen, meistens noch bei einem nicht annähernd ausgewachsenen Bully gibt hierüber überhaupt keinen Aufschluss. Es ist immer wieder erstaunlich zu welchen Ergebnissen man hier kommen kann. Komplett verlegte Hunde, die nie ein schwerwiegendes Symptom in der Atmung zeigten, geräuschvolle Schnorchler, bei denen keinerlei Behinderungen feststellbar waren. Sicher ist, dass weder Nasenloch-Index, Nasenlänge oder Geräusche sicheres Indiz für die Gesundheit der Atemwege sein kann. Hiermit ist der Unsinn diverser Belastungstest in bekannter Form ziemlich sicher. Und da wir uns ja alle einig sind, dass wir nicht vermehren, sondern durch gezielte Selektion in der Zucht negative Merkmale der Rasse zurückdrängen und positive Eigenschaften verbessern wollen, sollte sich jeder ehrliche und aufrichtige Züchter mit der möglichen, umfassenden Diagnostik der Atemwege beschäftigen wollen.

Darstellung eines Bullykopfes mit gesunden Nasengängen:


Darstellung eines Bullykopfes mit verlegten Nasengängen:

Wir haben in den letzten Jahren zu viele „freiatmende“ Hunde aus „freiatmenden“ Eltern nach Leipzig überweisen müssen, als dass wir an das Märchen der Selbstdiagnostik per Bällchenschmeißen und 10 Minuten Spaziergang als Belastungstest diverser Züchter glauben können!

Warum CT statt Show?

Eine CT-Untersuchung ist eine einmalige, kostenaufwändige Diagnostik eines Zuchthundes, der mehrere Dutzend Nachkommen zeugen kann. Dies wird er nicht ohne finanziellen Verdienst tun. Wer sich für die Zucht der Rasse Französische Bulldogge entscheidet, weiß um die vielen möglichen genetischen Defekte, die dieser liebenswerte Geselle mittlerweile leider in sich hat. Wenn wir so sehen mit welchem Aufwand, je nach Vereinszugehörigkeit, hinter Pokalen und Beurteilungen und Championaten nachgestellt wird, wie wichtig scheinbar die fragwürdige Beurteilung durch Dritte vielen Züchtern ist, die den Hund besonders „wertvoll“ machen, möchten wir gerne vorschlagen, ein bisschen weniger in Show und äußerliche Bewertungen und ein bisschen mehr in Zuchtprophylaxe zu investieren. Angesichts des riesigen Aufwandes von Züchtern auf zahlreichen Weltsieger-, Universums- und anderen Siegerschauen mit zu erreichenden fragwürdigen Titeln, kommen wir zu dem Schluss, sobald das Argument der teuren CT-Untersuchung fällt: Sparen Sie sich im Sinne der Rassegesundheit ein paar Ausstellungen und investieren sie lieber in umfang- und aufschlussreiche Bilddiagnostik.

Trennen Sie strikt Zucht von Show! 

Wobei man leider erwähnen muss, dass in Österreich beispielsweise die Zucht nur mit Tieren erlaubt ist, die mindestens zwei V-Platzierungen und eine SG-Platzierung auf einer österreichischen internationalen Clubausstellung erwerben haben.

Die heutigen Show-Gewinner zeigen nur in Ausnahmefällen gesunde anatomische Merkmale, die der Weitervererbung dienlich wären. Und diese bedauernswerte Entwicklung zieht sich leider durch viele Rassen.

Fahren Sie mit den potentiellen Topvererbern aus FCI-Ahnen nicht nach Birmingham zur Crufts, sondern in die nächste Universitätsklinik ins CT, wenn sie wirklich etwas Sinnvolles für die Rasse beitragen wollen! Selektieren Sie potentielle Hunde mit Defekten vor dem Zuchteinsatz aus und ersparen dem Nachwuchs und deren Besitzern Schmerz und Leid.

Angesichts der nach wie vor massiven Einschränkungen der Bulldoggen muss man sich eingestehen, dass all die bisherigen Zuchtuntersuchungen und Zuchtzulassungsprüfungen der Rasse keine ausreichende gesundheitliche Stabilität verschafft haben. Daher sollte hier schnellstens ein Umdenken stattfinden, wenn man der Französischen Bulldogge tatsächlich noch helfen möchte wieder zur stabilen Hundeform zurückzufinden.

Liebe Züchter, zeigen Sie Mut, Fachkunde und Rückgrat, wenn sie sich dieser anspruchsvollen Rasse annehmen wollen.

Das Risiko der Sedierung ist gering und kalkulierbar. Dieses Argument des Ablehnens der CT-Untersuchung ist unhaltbar, denn jeder Züchter der Französischen Bulldogge nimmt mit dem relativ hohem Risiko einer Kaiserschnittgeburt bei jeder Belegung das Wohlergehen von Hündin und Welpen bewusst in Kauf.

Zumal man mit solcher Diagnostik bei nicht so erfreulichen Ergebnissen den Hunden frühzeitig schwerwiegende Folgen von entdeckten Deformationen ersparen kann. Durch eine Pektinektomie bei mittlerer und schwerer HD lassen sich schmerzhafte Coxarthrosen vermeiden bzw. hinauszögern. Entdeckte auffällige Wirbelmissbildungen lassen sich durch frühzeitige Infiltration positiv beeinflussen und beugen Bandscheibenvorfällen vor. Rechtzeitig korrigierte Atemwege minimieren das Risiko von Herz- und Kreislauferkrankungen als Folge behinderter Sauerstoffzufuhr.

Wir arbeiten eng mit Fachtierärzten und Rassekennern zusammen, bei Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Ein Artikel von
Claudia Fuhrmann – Gesunde Bulldoggen.de

(Die Abbildungen wurden von der Autorin zur Verfügung gestellt)

Informationen zum English Bulldog auch auf www.bulldogge.de
(Christoph Jung)