Montag, 12. August 2019

Zur Bedeutung der Gentests in der Hundezucht

Jeder Rassehundezuchtverein wirbt damit, dass seine Rasse eine sehr alte, robuste und gesunde sei. Die Bücher „Schwarzbuch Hund" und "Rassedispositionen bei Hund und Katze“ geben einen Einblick in die Wirklichkeit.

Qualzucht ist kein Merkmal, das nur äußerlich zu sehen ist. Qualzucht bedeutet auch Erkrankungen, die erhebliche Schmerzen und Beeinträchtigungen im Leben eines Hundes sind. Als Beispiel möchte ich hier die DCM beim Dobermann, das Lundehundsyndrom beim Lundehund, die Hüftdisplasie beim Schäferhund nennen. Diese Erkrankungen sind von außen nicht sichtbar, sind meistens irreparabel und führen zu erheblichen Leiden und zum frühen Tod des Tieres.
Lundehund
Der Mensch hat ein Meisterwerk bei der Rasse Cavalier King Charles Spaniel vollbracht. Er hat diesen Hund nach seinen Idealvorstellungen zu Tode verändert.

Genetische Defekte auf dem ersten Blick nicht sichtbar.

Leider sind nicht nur die äußerlichen Erscheinungsmerkmale (Cavalier-King-Charles, Mops, Bulldogge usw.) für die Züchter ein wichtiges Kriterium in der Zucht, sondern auch die Leistung bei gewissen Rassen.
Cavaliere
In welcher Reihenfolge sollten die Prioritäten eines verantwortungsvollen Züchters sein?

Diese Merkmale überwiegen bei der Auswahl der zu verpaarenden Hunde über dem Punkt „Gesundheit“. Gerade bei den Rassen der Kategorie „Arbeitshunde“ fällt mir das sehr stark auf. Die Reihenfolge der Prioritäten, sowohl beim Züchter als auch beim Käufer, sollte wie folgt sein:

1.    Gesundheit (erbliche Dispositionen)

2.    Wesen (leider gibt es zu viele aggressive/bösartige und wesensschwache Hunde in der Zucht)

3.    Fruchtbarkeit (die Würfe werden immer kleiner)

4.    Arbeitsleistung / Exterieur

Ohne Selektion hat auch eine kleine Population keine Chance auf eine gesunde Zukunft.

Zucht heißt konsequentes aussortieren von Tieren, die erkrankt sind, oder in deren Linien Erkrankungen vorkommen, wenn es für diese Disposition keinen Gentest gibt. Viele stehen auf dem Standpunkt, dass erst eine gewisse Größe in einer Population vorhanden sein muss, um die Selektion zu beginnen. Das ist der falsche Weg. Dann hat sich bereits die genetische Disposition auf ein Großteil der Rasse ausgebreitet.                                         
Noch nicht krank verzüchtete, gesunde (=echte) Möpse
Leider informieren sich die meisten Züchter und Halter nicht über die vorhandenen Dispositionen der auserwählten Rasse. Wobei das Unwissen bei den Haltern noch viel gravierender ist. Als Grund wird dann hierzu angegeben: „Mein Hund kommt nicht in die Zucht“; „Ich züchte nicht!“; „Ich bin kein Züchter, um etwas zu unternehmen!
Echte Möpse sind gesund und vital und bräuchten keinen Fitnesstest
Jeder, ob Züchter oder Halter, kann etwas zur Verbesserung des Gesundheitszustandes einer Rasse beitragen.

Wie sieht die Realität in der Zucht aus?

Als Beispiel möchte ich meine Erfahrungen mit einer Züchterin in der Sache Glasknochenkrankheit (OI) schildern.

Vor Jahren wurde bekannt, dass es bei den Teckeln Welpen gab, die an der Glasknochenerkrankung verstarben. Diese Information zog sich durch alle Medien. Der Gentest auf OI stand schnell zur Verfügung und war zu Beginn kostenpflichtig.

Ich habe damals mit einer langjährigen Züchterin über diese Erkrankung gesprochen. Ihre Antwort auf meine Frage, ob sie den Test machen würde, hat mich schockiert: "Wenn ich solche Welpen in der Wurfkiste zu liegen haben, mache ich mir Gedanken darüber!"

Forschungsprojekte und Gentests

Mit der Zeit wurde der Test auf OI kostenlos von den Laboren angeboten. Die meisten Züchter testeten ihre Hunde und warben auf deren Homepage mit der Zucht von OI freien Hunden: "Unsere Hunde sind OI frei getestet". Selbstverständlich zog besagte Züchterin zeitnah nach und ließ ihre Hunde testen.

Ein weiteres Beispiel bei einem Deutsch Drahthaar Besitzer (Jäger). Ich fragte ihn, ob in der Linie seines Welpen vWD Typ2 (Willebrand Erkrankung Typ 2) vorhanden sei. Er fragte mich ernsthaft, was das sei, und sein Züchter habe davon noch nie was gehört. Das gäbe es nicht oft in der Rasse. Da habe ich doch mal gefragt, ob die Langeweile bei der Forschung haben und Gentests nur für ein paar Hunde entwickeln.

Auf der Suche nach einem geeigneten Hund für meine Freunde, habe ich mich im Ausland umgesehen. In einigen Ländern spielen nur die Leistungen auf Prüfungen eine Rolle, jedoch werden dort Jagdhunde nicht auf gesundheitliche Dispositionen untersucht. Für mich gab es niemals die Frage, ob ich meine Hunde, wenn es für genetische Dispositionen einen Test gibt, testen lassen. Jeder Hund in der Forschung zählt. Auch die Rückmeldung an die zuständigen zuchtbuchführenden Vereine ist für mich ein muss.

Jeder Welpe der in einem Rassehundeverein gewölft wurde, muss auf genetische Defekte untersucht werden

Es wäre wünschenswert, wenn jeder gezüchtete Hund eines Rassezuchtvereins alle relevanten Untersuchungen und Tests auf erbliche Dispositionen machen müsste. Im Anschluss sollten die Ergebnisse auf der Homepage mit allen Daten des jeweiligen Hundes veröffentlicht werden. Vorbildlich ist hier der Schwedische Laikaklubben. Des Weiteren müssten Blutproben der Forschung zur Verfügung gestellt werden.
Russisch-Europäiche Laika
Ein Hund der phänotypisch kern gesund ist, kann genotypisch ein absoluter Krüppel sein.

Ein weiteres Beispiel ist hier die Hüftdisplasie. Ich habe erlebt, dass Elterntiere die beide das Ergebnis HD A (frei) hatten, Welpen mit HD C, D und E zum Vorschein brachten. Auf Grund, dass die Elterntiere so gute jagdliche Leistungen hatten, wurde der Wurf nochmals wiederholt. Die Fachsbereitsleiterin Zucht, spielte das ganze Drama runter und sagte: "Die Welpen waren viel zu dick!"

Eine Besitzerin eines Schäferhundes hat mir erklären wollen, dass Hüftdisplasie vom Getreide kommt. Diese Information habe sie von ihrer Züchterin. Hüftdisplasie wird dagegen polygenetisch vererbt und hier spielen viele Mutationen eine Rolle.

Die TiHo Hannover sucht weitere Hunderassen um den Test auf Hüftdisplasie zu erweiteren. "In anderen Hunderassen wird zurzeit überprüft, inwiefern sich die Ergebnisse beim Deutschen Schäferhund in Bezug auf HD übertragen lassen. Um weitere Fortschritte in der molekulargenetischen Aufklärung dieser - für das Tier mit vielen Einschränkungen und für den Besitzer häufig mit hohen Kosten verbundenen - Erkrankung erreichen zu können, benötigen wir Blutproben von im Rahmen der offiziellen HD-Röntgenuntersuchung befundeten Hunden der verschiedenen Rassen. Dabei spielt es für uns keine Rolle, welchen Befund Ihr Tier hat. Jede Probe bringt uns einen Schritt weiter." Bitte unterstützen Sie mit Ihrem Rassehundeverein dieses Forschungsprojekt.

Die Welpenkäufer bestimmen den Markt. Fragen Sie den Züchter, ob er alle relevanten Untersuchungen (Hüftdisplasie, Augenuntersuchungen, OCD usw.) bei den Zuchttieren hat machen lassen. Lassen Sie sich die Ergebnisse zeigen. Bitte nehmen Sie Abstand vom Kauf, wenn der Züchter Ihnen sagt: "Wir untersuchen das nicht, weil es in der Rasse nicht vorkommt!" Wer nicht untersucht, der kann auch keine Aussage über die Erkrankung in der Rasse treffen (ausgenommen sind kleine Hunderassen wie Yorki, Chihuahua usw. auf HD).

Bei meinen Recherchen habe ich auch vorbildliche Beispiele gefunden.

Eine verantwortungsvolle Laikibesitzerin aus den Niederlanden, die in Sachen gesunde Hundezucht an meiner Seite steht, hat mich auf folgendes aufmerksam gemacht und selbstverständlich hat sie das Projekt unterstützt: Der finnische Kennelclub bezahlt jedem Mitglied, welches seine Hunde auf genetische Dispositionen bei einem bestimmten Labor testen lässt, einen Bonus, wenn das Testergebnis dem Club zur Verfügung gestellt wird. Bei diesem umfangreichen Test wird getestet, ob der Hund erbliche Dispositionen seiner eigenen Rasse hat und ob bereits gefundene Mutationen einer anderen Rasse in diesem Hund ebenfalls vorhanden sind.

Bei einem Test auf alle Dispositionen, die bei Hunderassen jeweils in einem wissenschaftlichen Verfahren gefunden worden sind, ist folgendes zu beachten. Die vorhandenen Tests einer Disposition für die Hunderasse sind für jede Rasse zu einem sehr hohen Prozentsatz genau. Die gefundene Mutation ist hier eindeutig bestimmt worden. Die vorhandene Mutation kann bei einer anderen Hunderasse aber auf anderen Allelen liegen. Kann! Aber es kommt auch vor, dass diese Mutation bei mehreren Rassen an derselben Stelle liegt.

Jeder sollte die Aufrufe der Tierärztlichen Hochschulen und Universitäten unterstützen

In einem Labor in Österreich hat man mir gesagt, dass die bereits bei so einem umfangreichen Testverfahren festgestellt haben, dass eine bestimmt Hunderasse nicht nur auf den Gentest für Katarakt seiner eigenen Rasse, sondern auch auf den Gentest für Katarakt einer anderen Rasse positiv reagiert.

Folgendes ist auf jeden Fall noch zu achten:

Gibt es bereits bei einer Rasse einen Gentest für eine gewisse Mutation, und ich lasse meinen Hund, der die gleiche Erkrankung hat, aber eine andere Rasse ist, diesen Test machen, so kann das Ergebnis „negativ“ ausfallen, weil die Mutation auf einem anderen Allel liegen. Hier sind dann der Verein, die Züchter und Besitzer gefragt. Für jede Rasse ist es möglich ein Forschungsprojekt ins Leben zu rufen, mit dem Ziel des Gentestes.

Die langjährige Akita Züchterin, Frau Ilse Wiegand, hat das Blut ihrer an Sebadenitis erkrankten Hündin, ohne Aufforderung, zu Frau Dr. Pfeifer, Universität Kassel, geschickt. Sebadenitis ist ebenfalls eine schwere Erkrankung die sich mittlerweile in vielen Hunderassen ausbreitet.

Ein Beitrag von Nicole Kamphausen