Dienstag, 9. Februar 2010

Die Hunde hängt man, die Halter lässt man laufen

Das Amtsgericht Hildesheim verurteilte am 8. Februar 2010 eine Hundebesitzerin zu sechs Monaten Haft auf Bewährung. Das Amtsgericht sprach die 40-Jährige der fahrlässigen Körperverletzung schuldig (dpa).

Im Mai 2009 hatten die beiden Rottweiler der Frau zwei Kleinkinder und deren Mutter schwer verletzt. Die Halterin hatte ihre Hunde unangeleint auf einem Spielplatz laufen lassen, einer hatte nicht einmal ein Geschirr um. Den sieben Monate alten Rüden hatte die Angeklagte erst vier Wochen vor der Beißattacke aufgenommen. Er war ohne jede Erziehung und nicht an Menschen gewöhnt, wie das Gericht feststellte. Soweit zu den Hunden.

Die Hundehalterin war zudem alles andere als ein juristisch unbeschriebenes Blatt. Nicht weniger als 18 Vorstrafen hat die ehemalige Drogendealerin vorzuweisen. Es stellt sich also die Frage, warum eine solche Person zwei so große Hunde halten kann und auch darf.

Die Nähe zu Hunden ist nachweislich vorteilhaft für die Resozialisierung ehemaliger Straffälliger und allgemein gut für ein psychisches Gleichgewicht. Insofern ist nichts gegen eine Hundehaltung durch diese vielfach vorbestrafte 40-Jährige einzuwenden, ganz im Gegenteil. Aber mussten es gerade 2 Rottweiler sein? Es darf gefragt werden, ob überhaupt eine solche Person große Hunde halten dürfen soll, die zudem noch aus einer problematischen Vorhaltung stammen. Aber solchen Fragen gehen weder das Gericht, die Behörden noch die Politik nach.

Bewährung für 18-fach Vorbestrafte - Maulkorb für alle Hunde

Ganz im Gegenteil. Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen (CDU) will anläßlich dieses Vorfalls ein schärferes Hundegesetz. Aber nicht dass einschlägige Halter angegangen werden, Leidtragende sollen wieder einmal die Hunde sein. Der Entwurf für ein verschärftes Hundegesetz sieht unter anderem eine Maulkorb- und Leinenpflicht für ALLE Hunde vor, die schwerer als 20 Kilogramm oder größer als 40 Zentimeter sind.

Das heißt also, wegen o.a. Vorfalls sollen alle Golden Retriever, Labrador, Sennenhunde, Collies, English Bulldogs, Boxer und dutzende weitere Hunderassen büßen, darunter zahlreiche Rassen, die noch nie hinsichtlich eines Beißunfalls aufgefallen sind!

Der politische Wahnsinn treibt seine Blüten

Wenn Hunde ständig außerhalb der Wohnung oder des Grundstücks einen Maulkorb tragen müssen, grenzt das zudem an Tierquälerei. Eine so unterschiedslose Regelung allein aufgrund äußerer körperlicher Merkmale zeugt nicht nur von fachlichem Unverstand vielmehr auch von vollständiger Ignoranz gegenüber den Interessen der Hunde.

Das Ganze ist auch deswegen so widersinnig, als dass solche verantwortungslosen Halter für gewöhnlich die letzten sind, die sich überhaupt um Gebote und Verbote scheren. Jeder einigermaßen normale Hundehalter hätte seine Rottweiler in der Nähe von fremden spielenden Kindern eh angeleint bzw. schon heute anleinen müssen.

Alle Erfahrungen der letzten 20 Jahre haben unisono gezeigt, dass Rasselisten oder phänotypische Pauschalkriterien rein gar nichts bringen. Erst im Oktober hatte die neue Koalition im Nachbarland Schleswig-Holstein ausdrücklich festgestellt, "...wollen die Bürgerinnen und Bürger vor verantwortungslosen Hundehaltern schützen. Die Rasseliste hat sich als nicht geeignet erwiesen und wird daher im Gefahrhundegesetz abgeschafft." (S.48)
Das unsägliche Pitbull-Gesetz der Niederlande wurde aus genau diesem Grunde erst 2008 zu Fall gebracht. Nicht zuletzt weisen Untersuchungen wie in den USA nach, dass Beißunfälle weit überproportional bei kriminell vorbelasteten Hundehaltern festzustellen sind (Ownership of High-Risk (“Vicious”) Dogs as a Marker for Deviant Behaviors, 2006 ).

  • Verantwortungslose Halter in die Verantwortung nehmen!
  • Haltungsverbot für große Rassen für einschlägig Vorbestrafte!
  • Wir brauchen Gesetze zum Schutz der Hunde vor verantwortungslosen Haltern und Züchtern!

Will man Gefahren durch Hundebisse minimieren, so geht der Weg einzig über die Halter sowie Züchter, Vermehrer und den Hundehandel. Davon aber will die niedersächsische CDU offenbar nichts wissen.

Anstatt nun gegen verantwortungslose Hundehalter ernsthaft vorzugehen und z.B. ein generelles Verbot der Haltung von großen Hunden für einschlägig Vorbestrafte auszusprechen, werden erst einmal wieder die Hunde sanktioniert. Die müssen ausbaden, was eine 18-fach Vorbestrafte angerichtet hat. Das Amtsgericht Hildesheim sprach aber auch hier wieder einmal lediglich eine Bewährungsstrafe aus, Vorstrafe Nummer 19 - d.h. ohne jede praktische Konsequenz für die Hauptverantwortliche.

Stattdessen sollen in einem unqualifizierten Rundumschlag alle Hunde und Hundehalter in die Verantwortung genommen werden. Die Hunde sollen ausbaden, was fragwürdige Menschen angerichtet haben. Greifbare Gesetze gegen Hundehandel, verantwortlungslose Hundehalter, Züchter, die ihre Welpen nicht oder nur schlecht sozialisieren sucht mal allerdings weiterhin vergebens.
 
Petwatch Blog