Donnerstag, 1. Dezember 2011

Rasse bei Hund und Katz

Wir gehen bei unseren Heimtieren gerne und oft mit dem Begriff "Rasse" um. Die einen mögen eine bestimmte Hunde- oder Katzenrasse, die anderen lehnen jede "Rasse" pauschal ab. Extremisten wie Peta stellen den Begriff der "Rasse" bei Hund und Katz in reißerischer Aufmachung sogar auf eine Stufe mit der menschenverachtenden Ideologie des Völkermords der Hitler-Faschisten.

Was ist aber mit "Rasse" gemeint?

Zunächst muss man feststellen, dass der Begriff Rasse hinsichtlich Menschen und Tieren eine grundlegend unterschiedliche Bedeutung hat. Bei Tieren, durchweg Haustieren, meint Rasse eine Kategorisierung hinsichtlich bestimmter Merkmale in Bezug auf den Nutzwert für den Menschen. Diese Kategorisierung ist eine ökonomische oder kulturelle, aber keine objektiv biologische oder zoologische. Aus deren Sicht zählen alle Hunde zu einer einzigen Unterart des Wolfes. Trotzdem wissen wir, dass es völlig unterschiedliche Typen von Hunden gibt. Man denke an Jagdhunde oder etwa einen Mops, man denke an einen Herdenschutzhund oder einen Pudel. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Hunderassen sind bereits vom Aussehen her erstaunlich. Noch prägnanter sind sie vom Wesen her.

Hunde waren bis Anfang 1900 der Lieferwagen des "kleinen" Mannes.
Ein Windhund würde sich hier schlecht machen.
Hunderassen als Produkt der Arbeit für und mit dem Menschen

Seit Jahrtausenden arbeiten Hunde für den Menschen in den vielfältigsten Positionen. Wenn man sich einmal genauer mit diesem Thema beschäftigt, so sieht man Hunde in wesentlich mehr Arbeitsverhältnissen im Dienste des Menschen als die bekannten als Hüte-, Jagd- oder Wachhund. In praktisch allen Bereichen der menschlichen Produktion und in den meisten Kulturen gab es Hunde als Arbeiter über tausende Jahre hinweg. Diese vierbeinigen Helfer mussten bestimmte Qualitäten haben, um ihre Arbeitsaufgabe ausführen zu können. Über die Generationen hinweg wurden diese Qualitäten immer prägnanter ausgeprägt, um eben die jeweilige Arbeit optimal ausüben zu können. So enstanden die einzelnen Hunderassen.

Schon in der Steinzeit kann man differenzierte Hunderassen nachweisen, in der Antike werden sie bereits zahlreich als solche beschrieben und um 1850 wurden 200 Hunderassen in Europa dokumentiert. Von einigen wenigen Schoßhündchenrassen abgesehen war jede einzelne Hunderasse das Produkt einer ganz bestimmten, vierbeinigen Arbeitsrolle in der Produktion des Menschen. Unsere heutigen Hunderassen basieren zum Großteil auf diesen alten Arbeitshunderassen. Hunde-Rassen sind damit auch ein Teil unserer Geschichte und Kultur.
Völlig unterschiedliche Wesensmerkmale gefragt.
Obere Reihe: Jagdhund, Hütehund, Herdenschutzhund.

Pferderassen als Produkt der Arbeit für und mit dem Menschen

Ähnlich sieht es bei den zahlreichen Pferderassen aus. Man unterschiedet hier Warm- und Kaltblüter. Diese Kategorisierung ist nun ebenfalls keine biologische und erst recht keine medizinische, etwa dass man die Pferde anhand ihrer Körpertemperatur unterteilen könnte. Aber auch Pferde waren und sind in ihrer Arbeit für den Menschen höchst unterschiedlich gefordert und das ebenfalls seit Jahrtausenden. So bildeten sich Pferdetypen für die schwere Arbeit beim Rücken des geschlagenen Holzes im Wald, als starke und zugleich coole Zugpferde für den Brauereiwagen in der Großstadt oder als "heißblütiges", nervöses Rennpferd auf der Bahn heraus. Auch hier hat die Einteilung in die verschiedenen Pferderassen seinen objektiven Hintergund in der Arbeit für den Menschen.

Etliche andere Haustierrassen, Rinder, Schafe, Hühner oder Gänse beziehen ihre Einteilung in Rassen aus dem unterschiedlichen "Nutzwert" für den Menschen zumeist unter dem Aspekt des unmittelbaren Nahrungslieferanten.

Katzenrassen als Marketingprodukt


In den vergangenen zwei Jahrzehnten sind Rassekatzen in Mode gekommen. In der TV-Sendung HundKatzeMaus werden uns seit Monaten jeden Samstag neue Hauskatzenrassen vorgestellt. Krumme Ohren, extrem große Augen, Schwanzlosigkeit, skurrile Fellformen werden frei aus Marketingaspekten heraus zu Rassemerkmalen erkoren und "rein" gezüchtet. Die Rasse-Merkmale sind aber im Unterschied zu den erstgenannten regelmäßig ohne jeden geschichtlichen oder funktionalen Hintergrund. Was hier mit dem Begriff "Rasse" bezeichnet wird, ist in den allermeisten Fällen lediglich das Marketingprodukt geschäftstüchtiger Katzenproduzenten der letzten 50 Jahre. Die unterschiedlichen "Rassen" der Hauskatze haben keinen unterschiedlichen Hintergrund in verschiedenen Arbeitsaufgaben. Hauskatzen hatten und haben immer dieselbe Aufgabe als Polizisten gegen das Ungeziefer an Haus und Hof, namentlich Mäuse und Ratten. Sie differenzieren sich lediglich hie und da in regionale Schläge mit gewissen Anpassungen etwa an extreme Klimabedingungen. Die heutigen "Rassekatzen" sind in den allermeisten Fällen gezielt geschaffene Kunstprodukte für den zahlungsbereiten Kunden in den Großstädten Europas und Nordamerikas. Zum Teil werden Mutationen kultiviert, zum anderen Extremzucht auf die Betonung bestimmter Körpermerkmale praktiziert, um so überhaupt erst eine neue Rasse zu schaffen.

Dieser Hintergrund für die Benutzung des Begriffs "Rasse" bei Haustieren ist vielleicht hilfreich, um selbige ein Stück besser zu verstehen und zu respektieren. Zugleich hilft das Verständnis des Rassebegriffs bei Haustieren, eine Perspektive aus der Misere der heutigen Heimtierzucht und -haltung zu finden.

Impressionen einer Heimtier-Ausstellung, Halle (Saale) im November 2011 (Danke für die Fotos an Katja)