Oxytocin nicht nur zum "kuscheln"
Oxytocin, 1906 von Henry Dale entdeckt, wird gemeinhin als "Kuschelhormon" bezeichnet. Tatsächlich ist es ein neurobiologisches Steuerungselement zur Stärkung der Bindung von Menschen und anderen Säugetier-Spezies untereinander, innerhalb ihrer jeweiligen Spezies. Es spielt für die Mutter-Baby-Bindung eine grundlegende Rolle, wie etwa von der schwedischen Physiologie-Professorin Kerstin Uvnäs-Moberg nachgewiesen wurde, die zugleich deren stressreduzierende Wirkung beschrieb. Oxytocin als Steuerungselement hat seine verbindende Bedeutung aber nur bei individualisierten Beziehungen von Menschen untereinander bis hin zur Größenordnung einer Kleingruppe. Bei einer großen Anzahl von Individuen wirkt es zugleich als innere Abgrenzung der eigenen Kleingruppe gegenüber Außenstehenden.
Foto: Christoph Jung |
Erfahrungen der Hundefreunde werden wissenschaftlich bestätigt
Dabei wurde nachgewiesen, dass in der Beziehung Mensch - Hund ebenfalls Oxytocin aktiv ist. So lässt das Streicheln des Hundes vermehrt Oxytocin ausschütten wie Untersuchungen in Italien und Südafrika zeigten. Das gilt besonders im Zusammenhang mit der Begrüßung des Hundes durch den Halter, wie Therese Rehn von der Uni Uppsala in Schweden erst kürzlich belegen konnte. Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von Studien, die eine entspannende, stressreduzierende Wirkung des Kontaktes von Mensch und Hund neurobiologisch nachweisen.
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Die Beziehung zwischen Mensch und Hund ist eine besondere. Sie hat sich in über 30.000 Jahren gemeinsamen Kampfs ums Überleben herausgebildet. Es ist eine Partnerschaft, die schon seit und mit ihrer Entstehung in der Altsteinzeit half, Stress abzubauen und zwar für Mensch und Hund resp. Wolf. Gemeinsam war man in den eiszeitlichen Mammutsteppen ein starkes Team. Weniger Stress im alltäglich Überlebenskampf bedeutete mehr Potential für die kreativen und kulturellen Fähigkeiten der Menschen, für deren Fähigkeit, größere soziale Strukturen mit Handel und Arbeitsteilung zu entwickeln. Auch die einzigartige Fähigkeit der Hundes, vielfältigste Aufgaben für den Menschen und in teils engster Teamwork mit dem Menschen zu übernehmen, hat hier ihre Wurzel.
Mehr als nur Selektion auf Zahmheit
Hormone wie Oxytocin, Serotonin oder Dopamin zeigen die tiefgehende Bedeutung der Bindung Mensch Hund bis auf neurobiologische Ebene an. Deren Wirkung wirft auch ein neues Licht auf die Entstehung und das Verstehen des Hundes. Sie erzählt uns viel mehr über den Menschen als bisher gedacht wurde. Und sie zeigt, dass die Entstehung des Hundes nicht allein aus genetischer Selektion zu erklären ist. Ein spannendes, bisher kaum erforschtes Kapitel auch der Menschheitsgeschichte. Zusammen mit der Neurologin Daniela Pörtl hat der Autor dieser Zeilen hierzu 2012 das Modell der aktiven sozialen Domestikation des Hundes vorgestellt.
Ein Beitrag von Christoph Jung, Diplom-Psychologe