Dr. Hellmuth Wachtel |
Wachtel macht eine Fülle von teils kurzfristig und praxisnah umsetzbarer Vorschläge für eine Neuorientierung. Unter anderem zeichnet er die Vorteile bestimmter Designer-Dog Mischlinge wie des Labradoodle (Labrador und Großpudel). Durch den Heterosis-Effekt - nur - in dieser ersten Kreuzungsgeneration (F1) ist die Vitalität dieser Hunde signifikant erhöht. Auch die Wahrscheinlichkeit von Erbkrankheiten ist nach den Gesetzen der Genetik niedriger. Wachtel macht zahlreiche Vorschläge, wie die heutigen Hunderassen gerettet werden können, aber er spricht auch aus, was viele bereits ahnen: Manche Rassen wird man in der heutigen Form aufgeben müssen, da sie - platt gesagt - kaputt gezüchtet, genetisch extrem verarmt sind und aus sich selbst nicht mehr gerettet werden können. Er appelliert eindringlich an Züchter, Tierärzte und ebenso auch die Halter, sich für eine Neuorientierung einzusetzen.
Warum ruft niemand "Halt!"?
"Wie ist es möglich, dass ein gerade für den Hund so wichtiger Körperteil, wie die Nase, bei immer mehr Rassen einfach weggezüchtet wurde? Dass eine einst wunderschöne, athletische Rasse, der Bullterrier, zum Zerrbild wurde? Weil ein schweinchenartiger Kopf das Fassen des Gegners im Hundkampf verhindern sollte... Und bei der Bulldogge die Hüften schmal und der Kopf übergroß werden mussten, was bei den meisten Hündinnen heute eine normale Geburt unmöglich macht? Und warum hat bei allen diesen Vorgängen, die ja nicht über Nacht gekommen sind, nie, nie jemand »halt« gerufen?!" (S.183 Hervorhebung CJ) - Eine Frage, die ich mir seit langen ebenfalls immer wieder stelle.
Manche Thesen Wachtels sind durchaus streitbar. Aber es waren immer streitbare Thesen, die letztlich zu großen Fortschritten führten. Es würde der Hundeszene nur gut tun, sich mit Wachtel sachlich und gründlich auseinanderzusetzen. Es ist eine der Ursachen für das Grassieren von Qualzucht und Erbkrankheiten, dass sich die Hundeszene ausgesprochen schwer damit tut, sich auch einmal mit kritischen oder unpässlichen Ansichten respektvoll auseinanderzusetzen. Der Hund hat es verdient, dass man mit Anstand und gegenseitigem Respekt um seine Zukunft streitet. Der Hund und namentlich der Rassehund ist zu 100% von uns abhängig. Wir sollten weniger von Tierschutz reden und mehr danach handeln. Die Lage des Rassehundes mitten unter uns stellt uns da allerdings kein gutes Zeugnis aus. Hellmuth Wachtel bewegt uns zum Nachdenken.
Eine Rezension von Christoph Jung
(Fotos: Archiv Hellmuth Wachtel, Kynos Verlag)