Samstag, 26. Juli 2014

Die Kamera und der Wolf

Mitte Juli war ich in Wien zur Konferenz der "International Society for Anthrozoology" (ISAZ). Dort stellte ich zusammen mit Daniela Pörtl unser Modell der "Aktiven sozialen Domestikation des Hundes" vor. Mehr dazu in den letzten Artikeln hier im Petwatch-Blog. Weitere werden folgen. Im Rahmenprogramm hatten wir die Gelegenheit, an einer Exkursion zum Clever Dog Lab und Wolf Science Center (WSC) in Ernstbrunn teilzunehmen. Die Führung wurde von den Gründern und Leitern des Wolf Science Center Kurt Kotschral, Friederike Range und Zsófia Virányi höchstkompetent durchgeführt. An der Stelle noch einmal vielen Dank!
Wolf Science Center - vergleichende Forschung an Hunden und Wölfen

Wir erhielten Einblick in die Haltung der Hunde sowie der Wölfe. Hunde wie Wölfe sollen identisch aufgezogen werden und möglichst ohne Menschenkontakt in getrennten Rudeln leben. Das WSC sieht sich damit als weltweit einzige Einrichtung, die so erst einen wissenschaftlichen Vergleich zwischen Hunden und Wölfen ermöglichen würde. Man mag über diesen Ansatz streiten, aber höchst interessant und aufschlussreich war dieser Besuch im WSC allemal.
Das Halten von Hunden als Rudel (Pack) ohne Begleitung durch den Menschen gestaltet sich problematisch.

Gerissene Trageschlaufe...

Am Rande eines für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Wolfsgeheges versuchte ich einen Wolf, der unmittelbar vor mir lag, schön vor die Kamera zu bekommen. Dabei übersah ich einen Elektrodraht.
Das letzte Foto vor dem Crash.
Man achte auf den Elektrodraht rechts - oben war auch einer...
(Foto Christoph Jung)
Reflexartig zog ich die Hand zurück. Dabei riss die Trageschlaufe, die Kamera fiel. Ein kurzer Moment - und eh man sich versah kam von etwa 20 Metern blitzschnell ein anderer Wolf, schnappte sich die Kamera und verschwand ebenso schnell und lautlos im Gras. Dort sah man nur noch Kaubewegungen.
Der Wolf mit meiner Sony RX1.
Niemand gab der Kamera noch eine Chance.
(Foto Daniela Pörtl)
Meiner Kamera gab keiner mehr eine Chance. Aber Zsófia Virányi organisierte sofort Hilfe. Eine Mitarbeiterin kam nach ein paar Minuten (die mir wie eine Ewigkeit vorkamen). Die drei Wölfe liefen in Erwartung von Futter sofort zur Schleuse.

...erfreut den Wolf

Nun konnte Zsófia die Kamera holen. Sie war intakt! Sie funktionierte (wie sich später zeigte ohne Einschränkung)! Etwas Dreck. Es fehlte lediglich der aufgesetzte Griff hinten für den Daumen. Das wars. Nur ein kleiner Zahnabdruck mittig oben auf der Abdeckung des Blitzes ist heute noch zu sehen. Quasi wie eine Signatur. Herrlich!
Die Trageschlaufe zeigte sich als wenig robust.
Aus dem Fang des Wolfes gerettet:
Etwas Dreck und eine Wolfs-Signatur - der Punkt links in der Mitte.
Zsófia Virányi mit einem der 3 Wölfe, direkt nachdem sie die Kamera geholt hatte. Herzliche Begrüßungen.
 Nochmal vielen Dank an Zsófia! (Foto Daniela Pörtl) 
Schon bemerkenswert:
  • Die Feinfühligkeit des Wolfes, der die Kamera zwar regelrecht bekaut, aber nicht beschädigt hat. Er hätte sie leicht zerstören können.
  • Die Qualität der Kamera. Aber immerhin war es eine Sony RX1-R, die nun auch nicht gerade zu den Billig-Angeboten zählt. 
  • Der Umgang von Zsófia Virányi mit den Wölfen danach, die ausgiebige, freundliche gegenseitige Begrüßung. Die Gruppe war dankbar für die schönen Fotos, die so gemacht werden konnten!

Welche (funktionierende) Kamera kann von sich schon behaupten, im Fang eines Wolfes gewesen zu sein?

Hund "Zander" interessierte sich ganz besonders für die Kamera.

Ein Beitrag von Christoph Jung



 
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