Freitag, 21. Juni 2013

Der DCM Skandal in der Rassehundezucht (Teil 4)

Dilatative Kardiomyopathie (DCM) ist beim Dobermann eine erblich bedingte, tödliche Herzkrankheit. Sie erfasst bereits die Hälfte der deutschen Dobermann-Population. Es ist skandalös, dass der Dobermann-Verein (DV) im VDH dieses Problem seit Jahren herunterspielt und sich einer ernsthaften Bekämpfung dieser Krankheit widersetzt. Es ist skandalös, dass der "Verband für das deutsche Hundewesen" (VDH) der sich selbst das Prädikat der "einzig kontrollierten Hundezucht" auf die Fahnen schreibt, tatenlos zuschaut. Es ist skandalös wie der DV und namentlich sein Präsident, VDH-Vorstand Hans Wiblishauser, mit unliebsamen Stimmen umspringt.

Skandal des Tierschutzes mitten in Deutschland

Das Ganze ist nicht nur ein Tierschutzskandal, es ist zugleich ein Skandal des Tierschutzes in Deutschland. Hunden wird systematisch das halbe Leben genommen - mitten in Deutschland - und der Tierschutz schweigt dazu. Es wirft ein Schlaglicht darauf wie in der Hundezucht bzw. Hundehandel das Wohl der Tiere mit Füßen getreten wird und wie es mit der Tierschutzrealität mitten in Deutschland aussieht: schweigende Amtstierärzte, schweigende Tierschutzvereine, schweigender VDH, schweigende Medien.

Im Vorfeld der Jahreshauptversammlung sah sich der DV nach Jahren öffentlicher Ignoranz endlich gezwungen, öffentlich das Thema DCM anzusprechen. Wiblishauser gab sein Statement in der Vereinszeitung "Unser Dobermann", auf der Website wurde ein 24-Seiten PDF mit den "Argumenten" des DV präsentiert.

Wissenschaftler entlarven Unwahrheiten des DV/VDH

Hierzu veröffentlichten am 10.6.2013 führende Tierkardiologen Deutschlands Priv.-Doz. Dr. Gerhard Wess von der Uni München und Dr. Jan-Gerd Kresken, Vorsitzender des Collegium Cardiologicum, einen Offenen Brief, der die Haltlosigkeit der DV-Argumentation fundiert nachweist.

Schauen wir uns die DV-Argumente näher an:

Der Dobermann-Verein (DV) behauptet,
seine Hunde seien gesund, insbesondere herzgesund. Der DV steigert sich sogar in die Behauptung, Herzuntersuchungen seien als eine Voraussetzung zur Zuchtzulassung unnötig.

Tatsache ist,
dass etwa die Hälfte der Dobermänner in Deutschland Träger dieser tödlichen Erbkrankheit sind. Die Prävalenz der Dobermann-Population liegt bei nicht weniger als 58%. Das sind die Ergebnisse umfangreicher, seriöser wissenschaftlicher Studien!

Der DV behauptet,
eine Untersuchung seiner Hunde in 2009 habe keine besorgniserregenden Zahlen ergeben.

Tatsache ist,
dass bei dieser Untersuchung lediglich junge Hunde vorgestellt wurden. Auf Basis von bis zu 18-monatigen Hunden kann aber keine Aussage getroffen werden. Darauf weist der wissenschaftliche Leiter der damaligen Studie, Tierarzt Dr. Kresken auch ausdrücklich hin. Die Behauptung des DV wird ausdrücklich als eine Falschinterpretation zurückgewiesen.

Der DV behauptet,
es mangele an Ursachenforschung.

Tatsache ist,
die führenden Spezialisten beim Thema DCM Dr. Wess und Dr. Kresken nennen diese Behauptung des DV schlicht: falsch. Denn Tatsache ist, dass bereits hinreichend Untersuchungen vorliegen, die die Ernsthaftigkeit dieser menschengemachten Seuche untermauern und eine sehr gute Grundlage zu deren Bekämpfung schaffen.

Der DV behauptet,
DCM beim Dobermann sei nicht erblich bedingt. Er führt sogar aus: "Die DCM beim Dobermann muss also nicht zu den angeborenen, sondern zu den erworbenen Herzerkrankungen gerechnet werden, da sie meist im höheren Lebensalter auftritt."

Tatsache ist,
auch diese Behauptung ist im Zusammenhang zu dieser Diskussion nicht nur schlicht falsch, ja geradezu peinlich.
  • Hier geht es um die Ursache von DCM und diese ist erblich bedingt. Daher legt die DV-Aussage eine faktisch falsche Fährte. Denn alle Wissenschaftler national wie international stufen DCM beim Dobermann gut begründet als erblich bedingt ein. Man hat sogar ganz bestimmte Stellen in einem konkreten Gen (Chromosom 5) als beteiligt nachweisen können.
  • Die Behauptung des DV ist daher bereits in sich fachlich disqualifizierend. Denn erblich bedingte Krankheiten können - entgegen der subtilen Unterstellung durch den DV - durchaus erst im höheren Alter manifest, das heißt als Krankheit sichtbar werden. Es gibt nicht wenige Erbkrankheiten, die regelmäßig erst im höheren Alter als solche auftreten. Bei Menschen ist Chorea Huntington eine solche tödliche Erbkrankheit, die regelmäßig erst nach dem 40. Lebensjahr manifest wird. Eine solche Unkenntnis genetischen Grundwissens stellt dem DV kein gutes züchterisches Zeugnis aus, sie ist vielmehr der fachliche Offenbarungseid des DV (VDH).

Der DV behauptet,
das Ausland würde Maßnahmen verhindern. DV/VDH-Vorstand Wiblishauser behauptet: "Eine Pflichtuntersuchung zur DCM (und weitere) kann nur auf internationaler Basis erfolgen".

Tatsache ist,
dass der DV oder/und VDH sehr wohl Pflichtuntersuchungen zur Voraussetzung für eine Zuchtzulassung in Deutschland machen können - und es bei anderen Hunderassen auch vorschreiben (z.B. Bulldog). Es wäre ein Leichtes, für die Zucht in Deutschland ausschließlich Hunde, gleich ob aus dem In- oder Ausland, zur Zucht zuzulassen, die nach bestimmten Maßgaben herzuntersucht sind. VDH und DV könnten eine solche Untersuchung (Herzultraschall) beim  Dobermann darüber hinaus zur Voraussetzung für die Teilnahme an Ausstellungen und Veranstaltungen in Deutschland (dem mit England wichtigsten Ausstellungsland Europas) erklären. Der VDH verpflichtet sich und seine Mitgliedsvereine in der VDH Zucht-Ordnung zur Bekämpfung von Erbkrankheiten (z.B. §4: "Sämtliche Zuchtmaßnahmen müssen zum Ziel haben, ... erbliche Defekte durch geeignete Zuchtprogramme zu bekämpfen" - aber Papier ist geduldig... ). VDH-Vorstand Wiblishauser ist zudem Präsident des Internationalen Dobermann Clubs (IDC) und der DV hat das weltweite Patronat der FCI zu dieser Hunderasse. Bessere Voraussetzungen zur Bekämpfung einer Erbkrankheit gibt es nicht!

Die Fakten liegen klar auf dem Tisch. 

Die Problematik ist seit 1949 bekannt, seit den 1960er Jahren zunehmend gesichert. Die Krankheit ist alles andere als eine Randerscheinung. Jeder zweite Hund ist betroffen. Die Krankheit ist tödlich. Die Krankheit ist erblich bedingt, das ist gesicherte Erkenntnis.

Warum wird nicht schon seit langem konsequent gehandelt?
  • Warum gibt es kein Zuchtprogramm zur Bekämpfung dieser Erbkrankheit?
  • Warum sind Herzultraschalluntersuchungen keine Voraussetzung zur Zuchtzulassung?
  • Warum dürfen Dobermann-Rüden bereits mit 18 Monaten ohne Limit in die Zucht?
  • Warum gibt es keine Deckbeschränkung für Rüden?
  • Warum gibt es nicht einmal ein Monitoring?
  • Warum beschließt die JHV des Dobermann-Verein e.V. noch im Juni 2013, also in voller Kenntnis der Sachlage, weiterhin auf all solche Maßnahmen zu verzichten?
Warum wird immer noch nicht gehandelt?

Frei nach Heinrich Heine:
"Denk ich an Tierschutz-Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
Ich kann nicht mehr die Augen schließen,
Und meine heißen Tränen fließen."



Ein Beitrag von Christoph Jung

Dienstag, 11. Juni 2013

Der DCM Skandal in der Rassehundezucht (Teil 3)

Im Editorial der Vereinszeitung "Unser Dobermann" nimmt Zuchtvereins Präsident Hans Wiblishauser Stellung zu DCM. Dilatative Kardiomyopathie (DCM) beim Dobermann ist eine erblich bedingte, tödliche Herzkrankheit. Sie wurde beim Dobermann durch jahrzehntelange Versäumnisse der Zucht wie eine Seuche verbreitet. Inzwischen ist verschiedenen unabhängigen Untersuchungen zur Folge etwa die Häfte der Dobermann-Population betroffen (siehe die letzten Petwatch-Artikel).


Wiblishauser ist nicht nur Präsident des deutschen Dobermann-Vereins, auch international der führende Dobermann-Funktionär (IDC) und darüber hinaus führendes Mitglied im Vorstand des Verbandes für das Deutsche Hundewesen. Wer aber ein überzeugendes Aufbruchsignal zur Bekämpfung dieser "Seuche" erwartet hatte, sieht sich enttäuscht. Wiblishauser reagiert wie wir es von der VDH-Führung  zu solchen Zuchtfragen seit Jahren leider kennen - sofern überhaupt Stellung genommen oder die Verantwortung nicht auf den einzelnen Verein abgeschoben wird: Zunächst einmal werden die kritischen Stimmen herabgesetzt, diskreditiert, teils lächerlich zu machen versucht, dann die Kritik selbst.

Faksimile des Editorials von Hans Wiblishauser
in der DC Vereins-Zeitung "Unser Dobermann" Mai 2013

Seine abweisende Haltung zur Forderung nach Pflichtuntersuchungen zu DCM mündet in solchen Auslassungen: "Sollen wir hier nicht auch gleich die allumfassenden Untersuchungen ebenfalls pflichtmäßig einbinden? Dies würde zwar die Welpenpreise nahezu unerschwinglich machen, würde jedoch eine transparente Oberfläche eingeben. Und wie gehen wir zukünftig vor, falls trotz aller Untersuchungen doch noch Hunde versterben." So der O-Ton des VDH-Vorstandes ("Unser Dobermann" 05/2013).

Zynismus des VDH-Mann Wiblishauser auf Kosten der Hunde

Es ist blanker Zynismus gegenüber dem Wohl der Hunde wie gegenüber der persönlichen Integrität der kritischen Stimmen, der hier aus der Feder eines führenden Hundezucht-Funktionärs spricht. Den Kritikern seiner DCM-Ignoranz wird unterstellt, sie wollten "durch allumfassende Untersuchungen" (die niemand gefordert hat) quasi unsterbliche Hunde kreieren. Gefordert werden angesichts einer Prävalenz der Dobermann-Population von 58,7 % mit DCM allerdings eine Untersuchung, eben auf die Veranlagung zu dieser tödlichen Herzerkrankung. Kritik und Kritiker werden vom DC Vorstand in unsäglicher Form lächerlich gemacht. Und das ist keine Polemik am späten Abend beim x-ten Bier - was schon schlimm genug wäre - , nein es ist das bis dato einzige öffentliche Statement* aus der Führung des VDH bzw. DV zum DCM-Skandal beim Dobermann - also die Haltung der Gralshüter der angeblich einzig "kontrollierten Hundezucht" in Deutschland.

Zum eigentlichen Skandal um die jahrelange, wissentliche Zucht mit einer tödlichen Krankheit gesellt sich nun ein weiterer Skandal um Wiblishauser. Ein Spitzen-Funktionär, der sachliche Kritik und ernstzunehmende Vorschläge auf solch unsachliche, ja unwürdige Art kontert, darf keine Verantwortung in der Hundezucht tragen. Ein Zuchtverein oder -verband, der solche Funktionäre in seinen Reihen duldet, hat sich selbst diskreditiert.

Das Wohl unserer Hunde darf nicht in solchen Händen liegen!

In den kommenden Petwatch Artikeln werden wir das Thema weiter behandeln. Wir werden dabei auch auf das am 7.6.2013 vom DV veröffentlichte PDF* zu DCM und den Offenen Brief der führenden deutschen Tier-Kardiologen und DCM-Spezialisten Dr. Wess und Dr. Kresken eingehen. Auch Wess und Kresken mahnen Wiblishauser und Co zur Sachlichkeit : "Die Kardiologen als Profiteure der Zuchtuntersuchungen darzustellen ist ein Vorwurf, den man so nicht stehenlassen kann! Den Kardiologen geht es darum, den Hunden und ihren Besitzern zu  helfen! Außerdem soll die Gesundheit der Rasse verbessert werden."

Ein Beitrag von Christoph Jung

Sonntag, 2. Juni 2013

Der DCM Skandal in der Rassehundezucht (Teil 2)

Am 14. Mai wurde bei Petwatch der erste Artikel zu "Der DCM Skandal in der Rassehundezucht" veröffentlicht. Wir haben auf die dilatative Kardiomyopathie (DCM) als erblich bedingte, seuchenhaft verbreitete, tödliche Herzkrankheit hingewiesen. DCM ist "eine Erkrankung des Herzmuskels, bei der sich das Herz erweitert und schwach schlägt" (LMU München). Wir unterstützen das Engagement einiger Hundefreunde zur Bekämpfung dieser durch den Menschen zur Seuche gemachten Krankheit (wie die Petition für die Einführung der Herzultraschallpflicht oder die beiden Videos zu DCM bei Dobermann und Deutscher Dogge).

Wirklich ein Skandal?

Kann man wirklich von einem "Skandal in der Rassehundezucht" sprechen? Ich meine: Ja man kann. Denn es ist wirklich skandalös (= „ärgerniserregend, anstößig“ sowie „unerhört, unglaublich“ Quelle: Wikipedia) wie hier vom Menschen wissend und bewusst handelnd mit den ihm anvertrauten Tieren umgegangen wird. Eine tödliche Krankheit wird von der Zucht, vom Menschen, wie eine Seuche in einer Hunderasse-Population verbreitet und trotz Kenntnis dieser Gefahr wird seit Jahren, ja Jahrzehnten kein Programm zur Ausmerzung dieser Krankheit gefahren, gar dieses Problem im wahrsten Sinne des Wortes tot geschwiegen.

DCM (dilatative Kardiomyopathie) ist
  1. eine tödliche Krankheit
  2. hier vom Menschen wie eine Seuche verbreitet
  3. dies seit langem wissentlich
  4. und noch immer ohne Programm zur Bekämpfung
  5. und leider kein Einzelfall, vielmehr Teil eines kranken Systems
Es nennt sich trotzdem "kontrollierte Hundezucht", "Liebe zur Hunderasse", "Tierliebe"! Wirklich skandalös.
Djoker vom Schillingsgut - Screenshot aus "DCM beim Dobermann" von Ruth Stolzewski
Es ist unstrittiger Stand der Tiermedizin, dass DCM eine unheilbare, tödliche Krankheit ist. Vertiefende Informationen findet man insbesondere bei der Uni München, die sich seit den 1980er Jahren mit dem Thema wissenschaftlich und klinisch befasst. Inzwischen ist ebenfalls unstrittig, dass DCM eine erblich bedingte Krankheit ist. Man hat sogar Abschnitte im Genom der Hunde exakt bestimmen können, die an der Vererbung der Anlage zu DCM beteiligt sind. Auf die Punkte 2. und 3. soll in diesem Teil eingegangen werden.

Eine Seuche - menschengemacht

Es ist ein Naturgesetz, dass Lebewesen in ihren Genen Anlagen tragen, die sich als Fehlfunktion oder Krankheit äußern können. Kein Säugetier ist frei von solchen Anlagen in seinen Genen. Die meisten hier relevanten Erbkrankheiten werden erst von mehreren Genen von Vater und Mutter im Zusammenspiel angelegt. Daher treten solche Veranlagungen - zumal für schwere Erkrankungen - eher selten auf*. Die Natur legt wert auf genetische Vielfalt. Daher ist das Zusammentreffen einer Konstellation, die eine Erbkrankheit verursacht, schon rein statistisch gesehen sehr selten. Auch DCM tritt "natürlich" auf, aber nur bei weit weniger als 1% der Individuen. Beim Dobermann tritt DCM als Krankheit bei mehr als 50% auf, bei der Deutschen Dogge bei etwa einem Drittel. Diese extreme Häufung ist anthropogen. Eine eher seltene Erbkrankheit ist erst durch Versäumnisse der Zucht, vom Menschen, zu einer Seuche gemacht worden.
Screenshot aus "DCM bei der Deutschen Dogge" von Ruth Stolzewski
Eine solche Entwicklung ist nicht zuletzt auch eine notwendige Folge von Inzucht. Inzucht ist immer noch eine weit verbreitete Methode der Rassehundezucht und wird in den meisten Zuchtordnungen, auch der vom VDH, als ganz "legal" behandelt. Die Folge: Ist der Gendefekt erst einmal verbreitet worden, etwa durch nur einen beliebten Zuchtrüden, so kann sich dieser wie eine Seuche in der Hunderasse-Population verbreiten. Durch den per Inzucht einförmigen, seit vielen Generationen abgeschotteten Genpool finden passende Veranlagungen sehr schnell, eben unnatürlich schnell zusammen. Die übermäßige Verwendung einzelner Zuchtrüden (sog. Popular Sires) tut ihr Übriges.

Auch DCM-Rüden ohne Deckbeschränkung

Der Dobermann Verein im VDH hat in seiner Zuchtordnung bezeichnenderweise keinerlei Deckbeschränkung für seine Rüden! Die Zuchtzulassung wird ab einem Lebensalter von nur 18 Monaten erteilt. DCM-frei ist weder notwendige Voraussetzung, noch in diesem jungen Alter zuverlässig diagnostizierbar. So kann ein schwer mit DCM belasteter Deckrüde, der etwa mit 4 Jahren an dieser Erbkrankheit stirbt, bereits hunderte Nachkommen gezeugt haben und zwar samt seiner DCM-Veranlagung und mit VDH-Papieren aus der guten, "einzig kontrollierten" Zucht.

Der Cavalier King Charles Spaniel. Von seinem Wesen und Anlagen her ein äußerst liebeswürdiger, idealer Begleiter in der heutigen Zeit. Auch hier wird seit Jahrzehnten wissentlich mit schwersten Erbkrankheiten vermehrt. Heute gibt es kaum noch erbgesunde Exemplare dieser Hunderasse.
Hinweise auf besondere Häufigkeit von DCM seit 1949...

Bereits 1949 werden Herzkrankheiten als auffällig häufige Todesursache beim Dobermann in den USA beschrieben; seit Anfang der 1950er Jahre explizit der "plötzliche Herztod". Erste wissenschaftliche Veröffentlichungen zum Thema werden in den 60er Jahren publiziert. Das Problem ist also seit mehreren Züchter-Generationen bestens bekannt. In München, quasi direkt vor dem Haustür des weltweit führenden Dobermann-Vereins, weist der Tiermediziner Prof. Dr. Helmut Kraft von der Ludwig-Maximilians-Universität im Januar 1989 eindringlich auf DCM hin. Bereits vor mehr als 20 Jahren war DCM als ein besonderes Problem beim Dobermann bekannt, ja sogar als die häufigste Todesursache. Professor Kraft nennt lediglich 6,9 Jahre als rechnerisches Durchschnittsalter der Hunde. Der Wissenschaftler gibt klare Hinweise auf Fehler in der Zucht als Ursache für die seuchenhafte Verbreitung von DCM sowie die hohe Wahrscheinlichkeit der erblichen Bedingtheit (dokumentiert in "Unser Dobermann", 1989). Wissenschaftliche Untersuchungen wie die von PD Dr.Wess oder dem Vorsitzenden des Collegium Cardiologicum Dr. Kresken sowie zahlreiche weitere internationale Veröffentlichungen untermauern und bestätigen diese Hinweise Professor Krafts.

...doch weiterhin Ignoranz durch weite Teile der Zucht

Es wäre also lange genug Zeit gewesen, ein fundiertes, systematisches Programm zur Bekämpfung dieser tödlichen, unheilbaren Erbkrankheit ins Leben zu rufen. Tausenden Hunden und ihren Familien hätte man das traurige Schicksal des plötzlichen Herztodes ersparen können. Locker 4 Lebensjahre wurden den Hunden im Durchschnitt geraubt! Ein gesunder Dobermann erreicht locker die 12 und zwar in der Regel mental und körperlich erstaunlich fit. Die Zucht weiß seit langem und zwar sehr genau von der tödlichen Gefahr in den Genen seiner Zuchtprodukte. Doch man sucht beim Dobermann-Verein im VDH vergeblich nach einem Programm gegen DCM. Ja, DCM wird als Thema völlig ausgeblendet. Der DV gibt den Anschein als gäbe es kein Problem in den Genen der unter seiner "Kontrolle" vermarkteten Welpen. Hundefreunde und Welpenkäufer erfahren auf der Website des DV rein gar nichts über die versteckte Zeitbombe in den von ihm gezüchteten Hunden.
Lundehund: eine ganz besondere, einzigartige Hunderasse,
die ebenfalls durch Versäumnisse der Zucht
mit schweren Erbkrankheiten verseucht wurde. (Foto Nicole Kamphausen)
DCM - leider kein Einzelfall

Im kommenden Teil zum DCM Skandal in der Rassehundezucht wird dargelegt, was hinter diesem Handeln der Zucht steht. Wir werden sehen, dass "DCM" leider kein Einzelfall ist. Die wissentliche Zucht mit der Veranlagung zu schweren Erbkrankheiten ist vielmehr ein verbreitetes Kennzeichen der modernen Rassehundezucht. Sie ist eine Form von Qualzucht, die etliche Hunderassen betrifft und bei weitem nicht nur Dobermann, Deutsche Dogge, Cavalier oder Lundehund. Sie ist eine besonders heimtückische Form von Qualzucht, die leider viel weiter verbreitet ist als die vergleichsweise leicht, augenscheinlich erkennbare Qualzucht zum Beispiel beim Mops, Bully oder Deutschem Schäferhund.

Aber es geht auch anders, und zwar zum Wohle der Hunde und im Interesse der einmaligen Partnerschaft Mensch-Hund. Es gibt Zuchtvereine, die die mentale und körperliche Gesundheit ihrer Hunde fürsorglich betreuen und es gibt einfache, leicht umsetzbare und vor allem auch kontrollierbare Maßnahmen, die bereits signifikante Fortschritte erzielen lassen.

(*DCM hat wahrscheinlich eine nach Hunderassen und sogar Rasse-Populationen unterschiedliche erbliche Bedingtheit. Bei der Dobermann-Population in Deutschland liegt dem heutigen Stand der Wissenschaft nach ein autosomal dominanter Erbgang zugrunde)

Ein Artikel von Christoph Jung



 
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