Mittwoch, 27. Februar 2008

Der psychologische Aspekt beim Welpenkauf

von Gastblogger Johann Bucher, Eurasierzüchter

Wer jemals in seinem Leben einen wenige Wochen alten Welpen in den Händen gehalten hat oder nur seine ersten unbeholfenen Schritte ins Leben aufmerksam beobachtet hat, der weiss, dass man sich der Faszination dieser Augenblicke nur schwer entziehen kann.

Wenn sich eine Familie entschlossen hat, einen Hund als weiteres Familienmitglied aufzunehmen, dann ist mit diesem Entschluss eine weitgehende psychologische Weichenstellung verbunden, welche die grosse Gefahr birgt, kritische Beurteilungskriterien in den Hintergrund rutschen zu lassen.


Man freut sich auf den neuen Hausgenossen und wenn man den wenige Wochen alten Kleinen zum ersten Mal sieht und er sich einem an die Hand kuschelt, dann ist es um einen geschehen. „Der muss es sein" - viele Leser kennen dieses Gefühl, man kann sich dieser Faszination nicht entziehen, es ist nur menschlich und vollkommen normal.

"Liebe macht blind"

Wer würde nach so einem Erlebnis noch nach Untersuchungsergebnissen und Attesten der Eltern fragen? Richtig – kaum einer. Im Gegenteil, würde es jemand doch tun, könnte man auf den Gedanken kommen, dass dieser jemand nicht der Richtige ist, dem man einen Welpen anvertrauen soll.

Ich kann dies aus eigener Erfahrung berichten als wir unsere Eurasierhündin Briska zum Crutzen mit 4 Wochen das erste Mal sahen. Wir dachten nicht in Traum daran, die Züchter nach irgendwelchen Attesten der Eltern zu fragen. Wir waren hin und weg und konnten den Übergabezeitpunkt nicht mehr erwarten. Heute, gut 7 Jahre später, ist mir klar, welches Glück wir hatten, dass Briska sich zu einem gesunden Eurasier entwickelt hat, es hätte auch anders kommen können.

Aufklärung und Information der Welpenkäufer nur selten


Als wir mit Briska dann im Jahr 2004 einen Wurf hatten, beschlossen wir, dass wir den Welpenkäufern eine Mappe mit übergeben, die Kopien aller Untersuchungsergebnisse der beiden Elterntiere enthält. Bereits bei den ersten Telefonaten mit den Welpeninteressenten wies ich diese daraufhin, dass ich alle diese Informationen für sie zusammenstelle und mit übergebe.

Diese allesamt wunderbaren Menschen, die schliesslich dann einen Eurasier von uns abholten, reagierten genauso wie wir gut 3 Jahre zuvor, als wir unsere Briska abholten. Diese Mappe mit den Ergebnissen war das wohl unwichtigste Ding überhaupt, es ging um den Welpen und das war alles - und das war auch gut so.

Wir als Züchter hatten aber die Gewissheit, dass wir unseren Welpenkäufern alle Informationen mit gegeben hatten, die wir zum Zeitpunkt der Wurfplanung belegen konnten.


Mit ist klar, dass gegen diese vollkommen menschliche Handlungsweise kein Mensch gefeit ist. Der Versuch, allen Welpeninteressenten, egal welcher Rasse, nahe zulegen, das sie wenigstens ein klein wenig darauf achten, ob und wie der Züchter bereit ist, Auskünfte über die Eltern zu erteilen, erscheint deshalb wie das Anrennen gegen eine massive Mauer.

Trotzdem hoffe ich, dass zumindest alle Leser dieser Zeilen, die mit dem Gedanken spielen, sich einen Rassehundwelpen zu kaufen, daran denken.

Um nicht dem Charme eines Welpen bei der ersten Begegnung zu erliegen und alle guten Vorsätze dann wieder über Bord zu werfen, empfehle ich, dass sie sich VOR der ersten Begegnung mit ihrem Welpen, Einblick in die Unterlagen gewähren lassen.

Viel Leid und Enttäuschung könnte so manch unbedarften und vertrauensseligen Welpenkäufer erspart bleiben, würde er diese Vorsichtsmassnahme beherzigen.

Der Autor
Johann Bucher (Diplomphysiker)
Jahrgang 1961
Eurasierzüchter

Fotos: Johann Bucher

Sonntag, 24. Februar 2008

1 Hunderasse - 11 Vereine

Mindestens 11 eingetragene Vereine für die Zucht des English Bulldogs gibt es in Deutschland.

Warum soviele Zuchtvereine, zumal für eine nicht allzu verbreitete Hunderasse? Es handelt sich ja nicht um einzelne Züchter, vielmehr um deren Zusammenschluss zu Zuchtverbänden. Und alle wollen nach eigenem Bekunden nur Englische Bulldoggen nach demselben FCI-Standard züchten, Papiere ausgeben und Champions küren.
Warum zu exakt dem gleichen Zweck also 11 Verbände in Deutschland? Wer braucht sowas?


Foto: Dr.Deermann, Mitbegründer und erster Vorsitzender des ACEB, gründete aus Protest gegen dessen Zuchtpraxis den VdFEB*

Von allen 11 ist nur der ACEB der FCI und dem VDH angeschlossen. Es ist legitim, am ACEB Kritik zu üben, besonders was die Qualität der Zuchtarbeit angeht. Hierzu hat der Autor eine sehr kritische Position, vermisst er doch ein ernstzunehmendes Engagement für die Gesundheit und das Wohl der Hunde und sieht beim ACEB maßgebliche Verantwortung für die schlimmen Erscheinungen von Extremzucht und genetischer Verarmung.

Da könnte man nun der Hoffnung sein, als Motiv hinter der Gründung der unten genannten 10 weiteren Zuchtvereine könnte ja eine andere, bessere Zuchtmoral stecken. Also ein neuer Zuchtverband aus Sorge um das Wohl unserer Hunde mit entsprechendem Programm, Zuchtordnung, Aufklärungsarbeit? Nicht schlecht. Das wäre klasse!

Doch leider bleibt es bei der frommen Hoffnung.

Zu keinem einzigen der unten aufgeführten Vereine habe ich Informationen oder Argumente gefunden, die eine Vereinsgründung aus Sorge um das Wohl der Hunde begründen könnten.
Da bleibt nur das ungute Gefühl, die Vereine seien lediglich aus kommerziellem Interesse gegründet worden; Züchter, die auf billige und unkomplizierte Art und Weise Papiere und Champions ihren Kunden präsentieren wollen, vielleicht auch Züchter, die sich einer ernsthaften Kontrolle ihrer Arbeit entziehen wollen. Mehr zu diesem Thema später.

Vereins"vielfalt" - Kommerz zu Lasten des Hundes, hier zu Lasten des English Bulldogs (bei den Vereinsregistern eingetragene Vereine mit English Bulldog ausgewiesen**):



*VdFEB - Verein der Freunde Englischer Bulldogs e.V. wurde 1980 gegründet als reine Halter- und Liebhaberorganisation und Gegenpol zu den Züchter dominierten Vereinen.

**Falls ich hier etwas übersehen haben sollte oder Sie einen Bulldog-Zuchtverband kennen, der die Gesundheit und das Wohl der Hunde in den Mittelpunkt stellt, so lassen Sie es mich bitte wissen: blog@petwatch.de

Donnerstag, 14. Februar 2008

3 Trümpfe für unsere Hunde

Gerne schaut man nach Rumänien oder China um sich selbst dann das Etikett des Tierfreundes umzuhängen. Nicht selten zu unrecht. Denn es gibt auch in Deutschland eine alltägliche, institutionalisierte Tierquälerei, auch und gerade was unsere Hunde betrifft.

1. Hundehandel ist Tierquälerei
2. Extremzucht ist Tierquälerei
3. Inzucht ist Tierquälerei

Ich will es hier einmal bei diesen drei Punkten belassen, die Liste ließe sich fortsetzen. Denn diese drei Punkte stehen in unmittelbarer Mitverantwortung der Hundehalter!

Die Verantwortung der Hundehalter

Ein Hundehalter, der seinen Welpen beim Händler, per Online-Flohmarkt zum Schnäppchenpreis oder auf dem Markt in Polen oder Belgien kauft, macht sich zumindest moralisch unmittelbar der Tierquälerei mitschuldig. So arglos kann man kaum sein, dass jemandem die mit dem Hundehandel verbundenen Qualen der Welpen und Elterntiere verborgen bleiben. Ob eines vermeindlich günstigen Preises werden letzte Skrupel besänftigt.

Auch die extreme Betonung bestimmter Merkmale müsste jeden seriösen Hundehalter stutzig machen. Klar, viele Züchter preisen ihre Ware dem Kunden als vermeindliche Fachleute regelmäßig als top und gesund an. Championate tun ihr übriges. Doch heute kann man sich problemlos über das Web kundig machen. Selbst bei viel weniger wichtigen Erwerbungen trauen wir auch nicht blind dem Verkäufer, recherchieren Testberichte und schauen uns genau die Liste der Eigenschaften an.
Ohne Halter, die Gefallen an Extremzuchten hätten, würden auch die skrupellosen Züchter zur Besinnung kommen und die Auswüchse des Ausstellungswesens ohne ihren entscheidenden wirtschaftlichen Zweck ins Leere laufen. Es ist auch in der Verantwortung der Hundehalter, die Angebote auf äußere "Schönheit" gezüchteter Rassehunde abzulehnen und gesundheits- sowie wesensorientierte Zwinger zu wählen. Auch hierzu will Petwatch Kriterien an die Hand geben.


Es ist eine Binsenweißheit der Biologie, dass Inzucht zu vermeiden ist. Für die Hundeproduzenten ist Inzucht aber ein probates Mittel, relativ genau vorhersagbare Welpen zu produzieren und den Marktwert der eigenen Champions zu erhöhen. Für die Hunde bringt es gehäuft Erbkranheiten sowie Verlust an Vitalität und Lebenserwartung. Ein Blick in den Stammbaum reicht, um einen ersten Eindruck zu erhalten. Als Faustregel wird selbst im vom VDH offiziell empfohlenen neuen Handbuch der "Hundezucht" benannt: Kein Ahne solle im Stammbaum doppelt vorkommen.

Würden alle Hundehalter diese drei Punkte beherzigen, so wäre ein enormer Fortschritt für das Wohl und die Gesundheit unserer Hunde erreicht.
Es würden 3 Trümpfe für unsere Hunde.


aus "Hundezucht", S.69:

"Sie entspräche ganz dem Anliegen zeitgemäßer Hundezucht, nämlich fortzukommen von dem Zuchtziel
  • "Verbesserung der Rasse" im Sinne Steigerung vorhandener Merkmale
  • hin zu einer
  • "Verbesserung der Rasse" im Sinne ihrer gesunden Konstitution und ihrer genetischen Vielfalt."


"Hundezucht", Kosmos-Verlag 2006, Herausgeberin Helga Eichelberger, Vorsitzende der Gesellschaft zur Föderung Kynologischer Forschung e.V. und Obfrau beim VDH.
Leider haben die sehr wertvollen Erkenntnisse dieses Buches im Zuchtgeschehen des VDH noch keinen nennenswerten Niederschlag gefunden.

Foto: Photocase

Samstag, 9. Februar 2008

Lebenserwartung bei Rassehunden

In der Februar-Ausgabe des Magazins "WUFF" finden wir einen sehr interessanten Artikel des Kynologen und Genetikers Dr. Hellmuth Wachtel zum Thema Lebenserwartung unserer Hunde - "Über kleine Methusalems & kurzlebige Riesen".

Geht der Mensch eine wirkliche Freundschaft mit seinem Hund ein, so kann sich ein sehr tiefes, inniges beiderseitiges Verhältnis entwickeln. Aber das Leben unseres Hundes zieht vom Welpen- hin zum Greisenalter wie im Zeitraffer an uns vorbei. Der Schmerz über den Verlust des Freundes ist groß. Viele fragen sich, warum die Natur das so eingerichet hat; leben doch viele vergleichbare Geschöpfe wesentlich länger.

Lebenserwartung von nur 6,7 Jahren bei Rassehunden

Immerhin, auch der Urvater der Hunde erreicht in Gefangenschaft problemlos 15 Jahre. Bei Hunden ist dies eine nur bei einigen Kleinhunden realistische Lebenserwartung. Die meisten Rassehunde haben eine deutlich geringere Lebenserwartung. Grosse und massige Rassen haben dabei die kürzeste Spanne. Umfangreiche Studien aus Nordamerika und Europa, die Wachtel anführt, belegen eine durchschnittliche Lebenserwartung von nur 6,7 Jahren bei Rassehunden, die von Mischlingen liegt knapp 2 Jahre höher.

In meinen Augen sind 6,7 Jahre eine erschreckend niedrige Lebenserwartung für unsere Hunde.

Tatsache ist zudem auch, dass in den USA die Lebenserwartung seit 1990 sogar weiter sinkt und das trotz wesentlicher Fortschritte der Tiermedizin und einer Fülle angeblich wissenschaftlich optimierter Hundenahrungsprodukte.

Wachtel führt die langjährige Inzucht bei Rassehunden als einen wesentlichen Faktor für die gegenüber dem Wolf mehr als halbierte Lebenserwartung an.
Ein sehr lesenswerter Artikel, für den alleine sich ein Kauf dieser WUFF-Nummer lohnt.




Foto: Photocase; weiterführende Links:

Sonntag, 3. Februar 2008


Ein Gruß aus der Schweiz von meinem Freund André Sauvain und Hugo :-)
 
Petwatch Blog