Sonntag, 23. Januar 2011

Hunde unterm Hammer - Tierschutz mitten in Deutschland

Hundewelpen, durchweg Jagdhunderassen, per Versteigerung zu haben, geplant für den 30.01.2011, drei Stunden vorher zu besichtigen, das höchste Gebot erhält den Zuschlag, mitbieten darf jeder, der 100 Euro Kaution hinterlegt - nicht Mallorca, nicht Rumänien, das ist "Tierschutz" mitten in Deutschland.

+++aktuelle Meldungen zum Thema+++
Die Lage der Hunde in Deutschland grundsätzlich verbessern, deshalb:
Dortmunder Appell für eine Wende in der Hundezucht.
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14.2.: ein Zwischenruf von Karin Burger, Doggennetz
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In einem Kommentar vom 8.2. (siehe unten unter Kommentare) wird ein Rundschreiben wiedergegeben, dass die Amtsleiterin des Veterinäramtes Saalekreis, Dr. Meier, verschickt haben soll.
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Die Zeitschrift "Hundewelt" will in der kommenden Ausgabe berichten.
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Fotos, die von U.Stierand selbst ins Netz gestellt wurden. Interessant auch die "150." Version der Stierandschen Märchen:
"Diese 67 Rassehunde sind von Ihren Eigentümern am 27.07.2010 aufgegeben worden. Wir pflegen diese nun schon 16 Wochen auf unsere Kosten...."
www.welpenbilder.de/index.php?album=%2FHundeversteigerung%2F&page=1
www.welpenbilder.de/index.php?album=%2FHundeversteigerung%2F&image=DSCF3948.JPG (man achte auf den Kettenwürger als Halsband,den sieht man noch öfter)
www.welpenbilder.de/index.php?album=%2FHundeversteigerung%2F&image=DSCF3997.JPG (bibber....)
http://www.welpenbilder.de/index.php?album=%2FHundeversteigerung%2F&image=DSCF4000.JPG (bibber2)
(danke an Claus für die Info)


Sieht so ein gesunder, junger Irish Setter aus?
http://www.welpenbilder.de/index.php?album=%2Ftiere%2Fhaustiere%2Frassehunde%2FIrish_Red_Setter%2F98095%2F&image=Huendin1-12-10-2008.jpg
(Danke für die Info an Katja)
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Ein MDR-Team aus Erfurt war am 30.01. Vorort. Dort wurde offensichtlich ein Werbebeitrag für Aktionator Arens mit unseren GEZ-Beiträgen gedreht. Angeblich waren nur 20 Demonstranten da. Ich habe 50 allein auf einem Haufen gezählt, ohne die, die gerade am Evaschacht waren. Wie der MDR auf die Zahlen und freundliche Darstellung der Auktion kommt, ist mir ein Rätsel, der Wahrheit entspricht es jedenfalls nicht, dafür stehe ich mit meinem Wort.
http://www.mdr.de/search/mediasearch/?words=steuden&x=4&y=5
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6.2.: Heute wurden aktuelle Videos bei Youtube eingestellt (unter MatthysMedia suchen). Sie zeigen insbesondere einen sauberen Zwinger mit frischem Stroh und junge Beagle, die sich "normal", freudig der Besucherin zeigen. Leider werden nicht alle Hunde gezeigt, insbesondere nicht die älteren Hunde, besonders die Münsterländer und Setter, die schon länger in den Zwingern hausen müssen.
Allerdings kann eine Zwingerhaltung nie die Grundlage einer Sozialisation sein, die die Hunde für ein Leben in unserer Gesellschaft befähigen. Bei Jagdhunderassen sind die so notwendigerweise erzeugten Schäden noch fataler.
Eine fundierte Beurteilung der Hunde kann nur durch eine fachkundige Untersuchung erfolgen. Die Eindrücke am 30.01. jedenfalls widersprechen einem Bild mental gesunder Hunde.
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Stierand bietet Elektrohalsbänder im Internet an (Hinweis von Claus S.).
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2.2.: Der Präsident der Tierärztekammer Sachsen-Anhalt, Dr. med. vet. Stefan Krippner, hat mich heute angerufen und versichert, dass er der Sache nachgehen werde.
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2.2.: Stierand und Auktionator Arens fordern die Rücknahme der Aussage hier im Blog, der Auktionator habe gesagt, "Dann keult er die Hunde eben!" (sinngemäß) - Augenzeugen bitte bei mir melden - hat sich jetzt erledigt - danke für die vielen Meldungen als Augenzeuge!!
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Ein satirisch-nachdenklicher Brief von Karin Burger,Doggennetz, an Uwe Stierand, Zwinger vom Evaschacht.
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Die Laborbeaglehilfe e.V. hat eine Protestnote / Petition an den Landrat des Saalekreises erstellt und sammelt Unterschriften. Mit Bitte um Beteiligung.
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31.1.: Nun werden Maßnahmen ergriffen, die Hunde bei Stierand wegzuholen. Tierschützer haben mehrfach, auch gegenüber dem Veterinäramt Saalekreis erklärt die Hunde sofort aufzunehmen. Dieser Evaschacht-Clan muss zudem ein Tierhaltungsverbot erhalten.
Man muss auch noch darauf hinweisen, dass der Auktionator angesichts der misslungenen Versteigerung gegenüber den Demonstranten öffentlich erklärt, etwa: "Vielleicht keult er die Hunde dann!" (der Begriff "keulen" wurde dabei definitiv verwendet)

30.1.: Etwa 50 Hundefreunde demonstrierten während der Auktion und der Besichtigungszeit für die Rechte der Hunde auf ein artgerechtes Leben. Die Besichtigung der Zwingeranlage Evaschacht war indess nichts für schwache Nerven. Die Fotos sagen alles. Stierand behauptete, die Hunde wären noch am Morgen draußen gewesen. Auch hier wurde er wieder einmal der Lüge überführt angesichts des unberührten Rauhreifes auf dem Gras. Dauerfrost bei -3°.

Noch eine halbe Stunde nach Auktionsbeginn war kein einziger Bieter angetreten. Insofern war die Demonstration ein voller Erfolg, der ihm und anderen Hunde-Fabrikanten (so nennt sich Stierand auch noch stolz) eine Lehre sein sollte.

Doch es bleiben Fragen: Wie kann es sein, dass ein Veterinäramt 17 Jahre lang diesem Treiben zuschaut? Wie kann es sein, dass ein Tierarzt noch am 27.1. allen Hunden ein Gesundheitszeugnis ausstellt, mindestens 2 Hunde aber so evident krank sind, dass sie auf Druck der Demonstranten sofort aus der Auktion genommen werden mussten? Warum duldet die Tierärzteschaft ein solches Treiben ihrer werten "Kollegen"? Warum schweigen die Medien zu solchen Zuständen? Warum gibt es keine Gesetze, die einen effektiven Tierschutz begründen?

Ach ja, und Frank Weber war da, der von Vox-TV, HundKatzeMaus. Er schaute hin! Mit Kamera. Was er sagte, sprach mir aus dem Herzen - und Verstand. Mal schaun, was gesendet wird.


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Mitteldeutsche-Zeitung vom 29.01.2011, Stierand:"Die Hunde gehören nicht mir, sondern der Züchtergemeinschaft verschiedener Eigentümer..."
Wenn dem so ist: warum sorgen die Eigentümer nicht für Futter, was hat das dann mit der angeblichen Krankheit von Stierand zu tun?
Was ist mit den Ballon-Fahrer- Aktivitäten der "Gemeinschaft von Evaschacht? Lockt auch nur Paraguay?
(siehe auch unter Kommentare unten)
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Der Herausgeber des Portals www.rassehunde.de, Hunde-Fabrikant Uwe Stierand* aus Steuden versucht aktuell, Welpen und Zuchthunde per öffentlicher Versteigerung zu veräußern. Kleine Münsterländer, Irish Setter, Beagle sollen am 30.01. im wahrsten Sinne des Wortes unter den Hammer: http://www.ba-auktion.de/


Das Ganze wird dann auch noch als Not- und Tierschutzmaßnahme hingestellt. Das erinnert an die Räumungsverkäufe fliegender Teppichhändler. Derweil gehen die Geschäfte des Betreibers von www.rassehunde.de weiter und man wird sehr wahrscheinlich kaum lange warten müssen, bis aus dem Umfeld Stierand wieder neue Würfe zu Markte getragen werden.

Sein "Zucht"-verein, der "Internationale Club für Rassehunde und Edelkatzen" stellt die Versteigerung ausdrücklich als Maßnahme "ein gutes zu Hause für seine Hunde zu finden" dar.**

Was bitte soll ein "gutes zu Hause" sein, wenn jemand einen Hund per Auktion erwirbt. Die Hunde dürfen gerade mal kurz vor Auktion besichtigt werden, exakt wie bei der Versteigerung von Gebrauchtwagen oder eben alten Teppichen. Der "Züchter" hat rein gar keinen Einfluss darauf, wer den Hund ersteigert. Das entscheidet alleine der Auktionator mit seinem Zuschlag und hier zählt alleine das höchste Gebot. Da läuft jede Vermittlung per Tierheim tierschutzgerechter ab. Besonders krass ist, dass es sich gerade beim kleinen Münsterländer um eine echte Jagdhunderasse handelt, die eigentlich nur in jagdlich geführte oder zumindest erfahrene Hände gehört.

Das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt und das zuständige Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt der Kreisverwaltung Saalekreis wurden bereits informiert. Sicher ist es gut, wenn sich noch mehr Hundefreunde hier beschweren:

Solchen "Züchtern" und "Zucht"-vereinen gehört ihr fragwürdiges Handwerk gelegt. Es braucht endlich Mindeststandards für die Zucht unseres besten Freundes.

* Unter dem Label "Zwinger vom Evaschacht" bieten Uwe Stierand und andere Personen bereits seit 1993 Welpen zahlreicher Rassen an. Nach eigenen Angaben hat er 1.700 Hunde "gezüchtet". Gleichzeitig stehen 30 Zuchthündinnen von 7 Rassen, die zudem immer wieder wechseln, in dieser Einrichtung zur Hundevermehrung. Die zuständigen Behörden schauen diesem Treiben tatenlos zu. Ganz im Gegenteil. Der "Zwinger vom Evaschacht" ist nach eigenen Angaben bundesweit wohl der einzige gewerbliche Rassehunde-"Zucht"betrieb, der staatlich zur Lehrausbildung (Tierpfleger/in) autorisiert wurde.

** Anmerkung 28.01.:
Stierand, Behörden und sogar manche etablierte Organisation mit dem Wort "Tierschutz" im Namen verweisen darauf, dass Versteigerungen bei Pferden und andern "Nutztieren" üblich seien (natürlich immer mit dem Zusatz, dass man das bei Hunden eigentlich nicht so gut findet, blah blah...).

Hier ein Auszug aus meiner Antwort an den Deutschen Tierschutzbund e.V.:
"Der Hund ist ein besonderes, einzigartiges Tier. Kein Tier ist so eng mit dem Menschen verbunden. Der Hund ist ohne den Menschen überhaupt nicht definierbar.
Daher ist ein Vergleich mit "anderen Nutztieren" unzulässig (ohne dass ich damit den Tierschutz für diese Tiere relativieren will). Der Hund braucht unseren besonderen Schutz und hat ihn auch nach über 15.000 Jahren enger Zusammenarbeit mit dem Menschen verdient. Warum ist es bei uns und in fast allen Kulturen der Welt tabu, Hunde zu schlachten und zu verzehren? Warum zeigt man sich empört über die Praxis in China, Hundewelpen als Schlachtvieh zu halten zu zu verspeisen, wenn man sie selbst doch nur als "Nutztiere wie andere" sieht und behandelt.
Der Hund ist kein Nutztier. Er ist der Partner des Menschen, nur zeigen sich die Menschen dieser Partnerschaft heute nicht würdig
."

Wir erwarten von unseren Hunden, dass sie sich selbst in den hektischsten Großstädten anständig benehmen, dass sie in einer Etagenwohnung brav stundenlang auf Herrchen und Frauchen warten.
Wir müssen ihnen aber auch eine Chance geben. Wir haben die Verantwortung, dass sie gerüstet werden, ihre Aufgaben auch zu meistern!
Das fängt an mit der Auswahl der Zuchthunde, die eben nicht nur nach Aussehen, auch nach Wesen ausgewählt werden sollten. Da ist dann ganz entscheidend die Sozialisation, die schon der Züchter den Welpen mitgeben muss. Das geht weiter, dass ein Hund nur in die Hand verantwortungsbewusster Halter gehört.
Das alles ist bei einer Massenzucht und einer Auktion wie in Steuden nicht gewährleistet. Damit wird gegen Grundelemente des Tierschutzes verstoßen. Das Ganze wird noch verschärft, da es sich durchweg um Jagdhunde handelt, die ausschließlich in besonders fachkundige Hände gehören. Eine solche Prüfung der Fachkunde ist aber keine Voraussetzung, um Gebote abzugeben.

Und wenn dies vom Tierschutzgesetz nicht so gesehen wird, so hat dieses Gesetz seinen Namen nicht verdient und bedarf dringend einer Überarbeitung.


    Mittwoch, 19. Januar 2011

    Die "genetische" Situation beim Leonberger

    ...und wie man hier eventuell gegensteuern könnte - Teil II von II.

    Ein Beitrag von Edith Steffen, die seit 26 Jahren zusammen mit Leonbergern lebt. Ihr Beitrag wurde freundlicherweise von Dr. Hellmuth Wachtel, einem der wenigen großen Kynologen unserer Zeit, durchgesehen.

    Leider ist es so, dass die Merkmale, die wir anstreben (Vitalität, Langlebigkeit, Zähigkeit, wie auch immer man es nennen möchte), zu den niedrig-erblichen gehören, 10 - 15 % - und deshalb sollten diese Merkmale bei beiden Elterntieren und unter den Ahnen beider Elterntiere vorhanden sein, damit wir die Chancen, dies durch Zuchtauswahl zu erreichen, vergrößern können.
    Diese Merkmale sind mit Heterozygotie, also Mischerbigkeit, eng verknüpft; aber eben nicht ausschließlich - daher werden (strenge) Fitnesstests unerlässlich sein! (kursiv = Anmerkung von Dr. Wachtel).
    Für die Zuchtpraxis würde das bedeuten: "mehr Gewichtung auf die gesundheitlichen Aspekte" (Forderung nach mehr Gesundheitstests) und ggf. Abstriche an der "bloßen Schönheit". Diese Anforderungen sollten dann auch bei den Nachzuchtkontrollen umgesetzt werden, also nicht nur Prüfung wie "homogen" ein Wurf ist, sondern auch, wie "gesund und vital" ein Wurf ist!
    "Die Heterozygotie durch Paarung nicht verwandter Partner ist aber nicht nur deshalb erwünscht, damit Defektgene nicht zu Auswirkung kommen. Sie ist auch ein Vorteil an sich, da Tiere mit hoher Heterozygotie im Durchschnitt eben weit lebenskräftiger, widerstandsfähiger, vitaler und leistungsfähiger sind als ingezüchtete Tiere..." (WACHTEL, Hundezucht 2000, S.28). Auch Eberhard Trumler hat in seinen Büchern mehrfach darauf hingewiesen (Biotonus). Anmerkung Dr. Wachtel: Siehe auch zuvor (Fitnesstests!)
    (bei den schwedischen, wegen Dezimierung hoch ingezüchteten Wölfen konnten sich nur solche  vermehren, die über viele "gute" Allele verfügten!)

    Jeder Rassehund, ja überhaupt jedes Individuum, ist Träger von Defektgenen; jeder Hund ist Träger von 4 - 5 Defektgenen (G.A. Padgett, Control of Genetic Diseases, pg 11). Ein Defektgen ist eine Erbanlage (Mutation), die eine Erbkrankheit auslöst.
    Das Risiko, dass zwei gleiche Defektgene vorhanden sind, steigt an, um so mehr die Zuchttiere miteinander verwandt sind; das Risiko sinkt, je weniger sie miteinander verwandt sind. Ein Null-Risiko gibt es nicht, genau so wenig, wie es eine 100%-erbliche Eigenschaft gibt. Wo man über genetische Testverfahren verfügt, sollte natürlich getestet werden; ein Problem besteht nur darin, dass dieselbe Krankheit bei verschiedenen Hunderassen einen anderen Erbgang haben kann und demzufolge nicht jeder Test für jede Rasse Anwendung finden kann.

    Für die Rasse Leonberger steht nach fast einem Jahrzehnt Datensammlung, Studium von Ahnentafeln und Blutlinien sowie Einbindung von Wissenschaftlern (Genetikern, Biologen, Veterinärmedizinern) aus Europa und den USA seit Juli 2010 der erste genetische Test zur Verfügung; getestet werden kann auf eine (von mehreren) Variante der Leonberger Polyneuropathie.

    An der Entwicklung eines weiteren Tests für eine andere Variante dieser Erkrankung wird mit Hochdruck gearbeitet, wiederum in Europa und den USA. Mittels Durchführung dieses Bluttests konnte bereits der Status vieler Zuchttiere ermittelt werden, die genetische Gesamtsituation beim Leonberger lässt es allerdings nicht zu, auf Träger zu verzichten; Trägerhunde dürfen vorerst noch mit Hunden, die frei sind von diesem Defektgen, verpaart werden. Nach Rat der Wissenschaftler sollen dann sukzessive die Trägerhunde aus dem Zuchtpool herausgenommen und durch "freie" Nachkommen ersetzt werden. So soll es lt. Auskunft der Wissenschaftler dann möglich sein, in ca. 3 - 4 Generationen diese Variante der Erbkrankheit zu kontrollieren. Gleichermaßen wird dann vorgegangen werden, wenn ein zweiter genetischer Test für eine weitere Variante dieser Krankheit verfügbar ist. Bis dahin müssen sich Züchter damit zufrieden geben, gute phänotypische Resultate (HD-ED-Röntgenergebnisse, Herzuntersuchungen, Schilddrüsenprofile, Augenuntersuchungen) für die Zuchttiere zu erreichen und diese dann wiederum mit anderen - möglichst wenig verwandten Tieren mit ebensolchen Ergebnissen verpaaren.

    "Züchten heißt Denken in Generationen"

    (KRAUTWURST, prakt. Genetik f. Hundezüchter, S. 11) - und erreichte Titel sind nichts anderes, als phänotypische Prädikate für Schönheit. Nichts gegen schöne Hunde, nein - auch nichts gegen "Champions und Titelträger" und gegen das Ausstellen; ich fröne selbst gerne diesem Hobby, denn ich bin stolz auf meine "schönen Vierbeiner" - aber Zucht ist weit mehr als zwei schöne Hunde zu verpaaren.

    Deckrüdenbegrenzung - das wäre eine Möglichkeit, den IK "einzufrieren" - was aber leider geschieht, ist das Gegenteil. Es decken einige wenige Rüden alle Zuchthündinnen, damit erhöhen wir den Gesamt-Inzuchtkoeffizienten der Rasse und mindern die genetische Vielfalt, denn es entstehen ja viele "Halbgeschwister" väterlicherseits. (WACHTEL, Hundezucht 2000, S.241)

    Weniger strikt bezüglich Exterieur - was nicht gleichbedeutend mit "hässlichen" Hunden ist, wie so oft der Vorwurf lautet - würde zu einer größere Auswahl an möglichen Zuchttieren führen.
    Strenger bezüglich der Anforderungen an Gesundheit (Untersuchungen auf HD - ED - evtl. OCD, Herz, Schilddrüse, Augen plus Gentest, evtl. Muskelprofile und Blutbild 1 x pro Jahr) würde zu einer Zucht mit "gesünderen Tieren" führen und damit hoffentlich zu insgesamt gesünderem, vitalerem Nachwuchs.

    Minimierung bzw. "Einfrieren" des Inzuchtkoeffizienten durch Vorab-Prüfung einer geplanten Verpaarung bezüglich COI und AVK "die noch verbliebene Variabilität gilt es unbedingt zu bewahren und möglichst zu verbessern" (WACHTEL, Hundezucht 2000, S.244) und "Dozent I. Stur empfiehlt potentiellen Hundekäufern, auf den Inzuchtgrad der Welpen zu achten (Zitat aus Wuff 7/8/96 in WACHTEL, Hundezucht 2000, S.254)

    Selektion - nicht ausschließlich auf Exterieurmerkmale 
    (WACHTEL, Hundezucht 2000, S.177)

    Rotationszucht (WACHTEL, Hundezucht 2000, S.178) und anfänglich zur Zucht nur solche Tiere heranziehen, die in drei Generationen keine gemeinsamen Ahnen haben, gleichzeitig Limits für die Wurfzahl von Rüden - R.G. Beilharz - Univ. Melbourne, zitiert in (WACHTEL, Hundezucht 2000, S.178).

    Last but not least - hot stuff, hot topic - Verwendung von Gefriersperma. "Konservierung" von Hunderassen durch Keimbanken (WACHTEL, Hundezucht 2000, S.192)

    "Durch tiefgefrorenes Sperma und Embryonen einer Rasse (Keim- oder Genbanken( könnte allerdings für künftige ‚Generationen eine genetische "Konserve" mittels dieser modernen Technologie bewahrt werden, etwas, was wir morgen dringend brauchen werden.
    So wie es jetzt aussieht, ist ja jede heutige Hundegeneration gesündere als die nächste aber kränker als die vorhergehende…….." Und (WACHTEL, Hundezucht 2000, S. 57) "….Rüden oder deren Samen aus Gebieten importieren, deren Zucht bereits länger verselbständigt und damit blutsfremder geworden ist".

    Wenn z.B. Sperma von Rüden, die ohne extreme Anstrengungen und ohne größere Gesundheitsdefizite ein relativ hohes Alter erreichten und zudem nicht übermäßig in der Zucht eingesetzt wurden aber bei den wenigen Einsätzen mit verschiedenen Hündinnen guten Nachwuchs erbrachten, wenn das zur Verfügung steht, sollte man das nutzen.
    Desgleichen sollte man verstärkt auf ältere Deckrüden, die nicht übermäßig viel produziert haben und die wiederum überwiegend guten Nachwuchs mit verschiedenen Hündinnen erbrachten, zurückgreifen - und wenn hier ein vitaler 8- 9 - oder gar 10jähriger Rüde vielleicht nicht mehr zu dem sogen. "Natursprung" in der Lage ist aber insgesamt ein vitaler Vertreter seiner Rasse, dann sollte man sich die Errungenschaft der Technik zunutze machen und die Hilfe eines Reproduktionsspezialisten in Anspruch nehmen.
    Desgleichen sollten auch Deckrüdenhalter, die ihren Rüden nicht übermäßig einsetzen, evtl. daran denken, von ihrem gesunden und vitalen Vertreter der Rasse Sperma konservieren zu lassen - für die Zukunft. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um einen Hund handelt, der viele Gesundheitstest bestanden hat aber vielleicht nicht dem "Zeitgeschmack" entspricht (zu dünn, keine Titel, zu dunkel, zu hell, Fell zu kurz).

    Allerletzte Notmaßnahme zur Rettung einer Rasse wäre das "Einkreuzen einer anderen ähnlichen Rasse". 

    Es wurden in der Geschichte des Leonbergers auch solche Einkreuzungen vorgenommen; die meisten sind schriftlich dokumentiert, einiges ist "hearsay" (Hörensagen). (WACHTEL, Hundezucht 2000, S.214 ff und andere Autoren) "… wurde ein Neufundländer in der Schweiz mit einer Berner Sennenhündin erfolgreich gekreuzt, in der dritten Generation wurde ein Nachkomme schon Weltsieger der Berner Sennenhunde"!
    "weiters zitiert H. Spengler (1994) die Einkreuzung einer Neufundländerin mit einem Leonberger, zwei der Enkelinnen wurden Stammeltern der holländischen Zucht …
    Es gab noch andere Einkreuzungen in den Leonberger … ferner die Einkreuzung von Neufundländern und eines Kuvasz in den Landseer…"
    Ein beliebtes Ratespiel (nicht nur von mir) ist auch "was steckt alles im Leonberger drin" - die oben erwähnte Einkreuzung Neufundländer ist gesichert und wird auch in Leonberger Publikationen (und dem Zuchtbuch) erwähnt; anderes möchte ich  hier nicht erwähnen, da es hierfür nur "mündliche Quellen" gibt - es ist ja auch egal.

    Diese Einkreuzungen haben dem Leonberger sicherlich nicht geschadet aber zur Erhaltung der noch verbliebenen genetischen Vielfalt sollten doch zuerst die anderen erwähnten (Sofort-) Maßnahmen durchgeführt werden, denn eine Einkreuzung einer anderen Rasse erfordert ein gezieltes Zusammenarbeiten aller Rassehunde-Clubs, aller Kennelclubs plus ggf. Anträge bei der FCI und vieles andere mehr.

    Nachdem ich nun so viel über den COI und die genetische Vielfalt erzählt habe, möchte ich auch noch einige Tabellen mit Zahlen auflisten, damit alles etwas besser "sichtbar" und verständlich wird.



    (auf die Tabellen klicken zum Vergrößern)
     Es handelt sich um "real existierende Hunde", die sich auch fortgepflanzt haben. Es wurde hier jeweils nur der IK/COI in Gen. 5 dargestellt, da sich die logische Folgerung ergibt, dass in Gen. 10 oder 15 ja nur noch höhere IK-Werte ausgewiesen werden. Bei den von 1 - 6 gelisteten Leonbergern handelt es sich ebenfalls um "real existierende, wovon  sich 4 fortgepflanzt haben"; es ging darum, aufzuzeigen, dass es möglich ist, für Nachkommen einen etwas geringeren COI zu erreichen = also ein Ansteigen zu verhindern = COI "einfrieren".

    Die Anzahl der Leonberger Zuchttiere in Deutschland (VDH-FCI) beträgt 326 Leonberger; davon 113 Rüden und 213 Hündinnen.

    Die Rüden werden leider nicht alle gleichmäßig eingesetzt; auch sind die Rüden wie Hündinnen teilweise miteinander verwandt, also z.B. Brüder, Halbbrüder, Schwestern, Halbschwester bzw. Söhne und Töchter sind gleichzeitig in der Zucht. Von den Rüden werden - dies ist eine Schätzung! - etwa 40 % des Öfteren eingesetzt und von diesen 40 % wohl wiederum etwa die Hälfte sehr oft. Es wird auch vermehrt auf "Auslandsrüden" zurückgegriffen, was als positiv anzusehen ist, so nicht z.B. ein ausländischer Rüde eine Hündin, die aus dem Zuchtpool desselben Landes stammt, deckt, denn hier ist dann die Wahrscheinlichkeit stärkerer Verwandtschaft doch recht hoch.

    Die effektive Populationsgröße ist sehr gering - die Berechnungsformel ist über Wikipedia - auch in deutscher Sprache - zu finden. Maximal 4 x die Anzahl der Rüden x Anzahl der Hündinnen - geteilt durch die Gesamtzahl der Zuchttiere!

    (The "effective size of population" is counted by a formula 4 x available males x available females - parted thru the amount of all reproductors (this would mean for the German population 4 x 113 x 213 ./. 326) - and this amount is very low !)

    Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass die Züchter auf die Hilfe der potentiellen Welpenkäufer und späteren Besitzer der Tiere angewiesen sind; diese Art von "Feedback"  ist notwendig zum Wohle des Hundes (falls doch mal etwas "schiefgeht" trotz aller guten Absichten).  Aber all dies sollte in einer Art offenem und fairem Informationsaustausch und ebensolchem Umgang miteinander geschehen und die erste Sorge sollte immer das Wohl des betroffenen Hundes sein - und nicht, wie leider heutzutage vielfach üblich, Lügen und Halbwahrheiten, basierend auf Halbwissen oder Vermutungen, zu verbreiten und / oder Züchter im Internet an den Pranger zu stellen. Dieser Rückfall ins Mittelalter hilft niemandem und bedeutet keine Verbesserung für niemanden und nichts. Es sollten die Züchter Unterstützung finden, die versuchen, auf die niedrig-erblichen aber doch so wichtigen Merkmale wie Vitalität, Langlebigkeit usw. zu selektieren; die Hunde züchten, die einen im Vergleich zum Rassedurschnitt geringeren IK aufweisen.

    Leider wird dies von Welpenkäufern nicht immer oder nicht ausreichend gewürdigt (oder vielleicht nicht verstanden?) und wenn ein Züchter für die Versuche, weitgehend alleine gegen "Windmühlen" zu kämpfen, dann noch attackiert wird aus dem Lager derjenigen, die eigentlich Unterstützung gewähren sollten, dann ist es nicht verwunderlich, dass sich so wenige Züchter finden, die bereit sind, neuen Zuchtprogrammen eine Chance zu geben und auf Gesundheit, Vitalität, Langlebigkeit und genetische Vielfalt zu selektieren.

    Ich möchte hier abschließen mit einem Zitat aus (WACHTEL, Hundezucht 2000,S. 200):

    "Eines ist klar: eine absolute Garantie für einen erbdefektfreien Hund
     kann der beste Züchter nicht geben"!


     Literatur:
    • Dr. F. Krautwurst - Praktische Genetik für Hundezüchter - Kynos-Verlag 2002
    • Dr.Hellmuth Wachtel - Hundezucht 2000 - Gollwitzer Verlag 1997/98
      Ich danke Herr Dr. Wachtel, dass er sich die Zeit nahm, meinen Artikel durchzulesen und zu kommentieren!
    • Malcolm.B. Willis - Genetik der Hundezucht - Kynos-Verlag 1992
    • Dr. George A. Padgett - Control of Canine Genetic Diseases - Howell Book House, N.Y. 1998
    • Eric H.W.Aldington, Friedern Stockmann, Vom Körperbau des Hundes - 5.Aufl. Kynos-Verlag
    • http://www.yakzucht.ch/downloads/genetischer_flaschenhals.pdf

    Am 25.01.11 schickte Elfi Hoffstadt vom Team Pro-Leonberger nachfolgende Ergänzungen, die dem tieferen Verständnis des Themas und einer konstruktiven Diskussion im Interesse der Hunde sehr dienlich sind:

    Grundsätzlich stimmen wir in den meisten Punkten ihres Artikels mit Edith Steffen überein.
    Bereits 2010 veröffentlichten wir im Rahmen unserer Pro Leonberger Initiative einige Anregungen zur Verbesserung der Leonbergerzucht, woraus dies hervorgeht.
    http://www.pro-leonberger.com/leonberger-perspektiven.htm
    Die ausführliche Darlegung von Frau Steffen bezügl. des IK bietet eine sehr schöne Ergänzung dazu.

    Hinzufügen möchten wir, daß einzige Zuchtauflage des DCLH nach wie vor Nachweis einer HD-Untersuchung ist. Alle anderen, im vorhergehenden Artikel und auch von uns propagierten, Untersuchungen beruhen auf freiwilliger Basis und werden leider bisher nur von wenigen Züchtern durchgeführt.
    Es werden immer wieder Stimmen von Vereinsangehörigen laut, daß man befürchte, daß Züchter aus dem Verein austreten und "schwarz" züchten, wenn die Zucht im Verein mehr Auflagen unterliegt - was natürlich für den Verein neben Mitgliedereinbußen auch verminderte Einnahmen bedeuten würde.

    Ebenso halten wir es für wichtig, zu erwähnen, daß es zu mehr Gesundheit der Rasse führen kann, wenn sowohl Züchter als auch Welpenkäufer darauf achten, daß in den Linien der, bei der Verpaarung verwendeten beiden Zuchttiere nicht dieselben Krankheiten auftauchen, um bei den Nachkommen die Gefahr zu minimieren, an diesen zu erkranken.
    Weitere Hinweise, worauf Welpenkäufer - und auch Züchter - achten können, um mehr Gesundheit bei den Leos zu erreichen, findet man unter folgendem Link in einem aktuellen Artikel zum Welpenkauf von Pro Leonberger.
    http://www.pro-leonberger.com/leonberger-welpen.htm

    Richtig ist auch, daß die Einkreuzung einer anderen Rasse der letzte Schritt sein sollte, wenn alles Andere ausgeschöpft ist. Die Frage ist nur, wann und ob wir uns an diesem Punkt befinden, wenn von Seiten der Züchter und Zuchtverbände nicht ein baldiges Umdenken mit entsprechendem zeitnahen Handeln auf freiwilliger Basis oder/und in Form von vermehrten Zuchtauflagen stattfindet.

    Auch unserer Meinung nach kann es Sinn machen, ältere Deckrüden zu verwenden, bei denen man die Nachzucht bereits beurteilen kann und für gut befunden hat.
    Allerdings denken wir, daß ein vitaler Rüde im Stande sein sollte, den Deckakt auf natürlichem Wege zu vollziehen.
    Wenn er dazu körperlich, gesundheitlich oder psychisch nicht mehr in der Lage ist, widerspricht dies in unseren Augen der Vitalität, die bei einem solchen Alter absolute Voraussetzung für das Einsetzen in der Zucht sein sollte.

    In Puncto Insemination stimmen wir nicht mit Frau Steffen überein und sehen diese sehr kritisch und eher kontraproduktiv. Unter Anderem entfernt man sich damit noch weiter von der Zusammenarbeit mit dem Wesen Hund auf natürlichem und gesundem Wege.
    Als detaillierte, weiterführende Begründung für unsere kritische Haltung möchten wir den Artikel verlinken, den wir hierzu auf Pro Leonberger veröffentlicht haben, da diese Darstellung hier zu weit führen würde.
    http://www.pro-leonberger.com/insemination-leonberger.htm

    Ein wichtiger Aspekt, den Frau Steffen angesprochen hat, ist, daß alle Leonbergerliebhaber, -besitzer, -züchter, -zuchtverbände, etc. zusammenarbeiten sollten, um eine bessere Gesundheit der Rasse zu erreichen.
    Daß es hier nicht oder nur schleichend vorangeht, liegt nicht zuletzt daran, daß es zu viel Gegeneinander unter den Menschen gibt und daß man sich statt auf die Hunde, um die es eigentlich geht, zu sehr fokussiert auf persönliche Animositäten der Personen.

    Wir hoffen, man verzeiht uns die Verlinkungen der verschiedenen Artikel und bitten, diese gleichzusetzen mit Text- und Quellenangaben (nur eben aus eigenen Texten). Aber wir denken, daß Interessierte, die diese lesen, verstehen werden, daß es den Rahmen dieses Kommentares bei Weitem sprengen würde, die enthaltenen Details, die zum Thema gehören, in diesen zu tippen.


    Elfi Hoffstadt / Team Pro-Leonberger
    www.pro-leonberger.com

    ***********

    23.02.2011 - Nachtrag von Edith Steffen  zum Artikel "Die genetische Situation beim Leonberger und wie man hier evtl. gegensteuern könnte" - insb. unter Berücksichtigung der Zuschrift der Frau H. vom 20.01.2011:

    Das Thema war (und ist nach wie vor) die genetische Situation, explizit ausgedrückt, der Mangel an genetischer Vielfalt und die Maßnahmen, wie man gegensteuern könnte, wurden hier nur gestreift; darüber wird es nämlich einen zweiten (kürzeren) Artikel geben, der sich dann ausschließlich damit befasst.


    Dieses Thema ist nicht neu und liegt in der einen oder anderen Form in meinem virtuellen Schubladen (auf Disketten, CDs usw.) vor - neu ist, dass das neue Datenbankprogramm die Möglichkeit gibt, die Ahnen (common / unique) bis zurück zu den Anfängen (30 und mehr Generationen) zu verfolgen - und hier wird dann auch jemandem, der sich schon seit mehr als einem Jahrzehnt mit diesem Thema befasst, nochmals schlagartig bewusst, wie ernst die Situation ist.

    Kontakte mit namhaften Kynologen, Genetikern und Biologen und deren Ansichten verdeutlichten nochmals den Ernst der Lage.
    So schön es auch einerseits ist, zu lernen, dass es irgendwo eine Gruppe gibt, die eine ähnliche Meinung vertritt und weitgehend dem Artikel zustimmt, so muss doch nochmals darauf hingewiesen werden, dass Maßnahmen wie z.B. die Verwendung von Gefriersperma (oder auch chilled - über Landes- und Kontinentsgrenzen) zwar von jedermann/-frau verschieden beurteilt (oder auch verurteilt) werden dürfen; dennoch vertreten eben auch die erwähnten namhaften Kynologen, Genetiker und Biologen ebenfalls die Meinung, dass es eines von mehreren Instrumenten ist, um ein MEHR an genetischer Varianz zu erreichen und es ist ein Instrument, auf welches man m.E. (und mit diesem Erachten stehe ich nicht allein) in der näheren Zukunft nicht verzichten kann.
    Die Vergangenheit (genetische Engpässe durch Krieg und Folgezeit, zu wenig Ausgangstiere) kann niemand ändern, die gegenwärtige Situation sollten sich alle klarmachen und demzufolge in der Gegenwart für die Zukunft entsprechende Maßnähmen treffen.
    Alle = bedeutet alle Leonberger Freunde weltweit, primär Züchter und Deckrüdenhalter, da diese zum Zuchtgeschehen beitragen, primär auch Rassehundeclubs und Kennelclubs (und zwar unabhängig davon, ob diese DCLH-VDH-FCI oder UCI oder wo auch immer integriert sind).
     

    Befremdlich ist für mich, dass angemerkt wird, es würden den Vereinen die Züchter davonlaufen? Wo wollen diese denn hin? Und von welcher Schwarzzucht ist die Rede? Von einer Zucht oder gar Mischlingszucht ohne Plan und ohne Papiere ? Davon rede ich hier nicht; ich rede hier auch nicht von einem bestimmten Rassehundclub oder einer bestimmten Dachorganisation. Angesprochen fühlen sollen sich Züchter (egal in welchem Land und egal unter welchem kennelclub/Dachverband diese züchten) und Deckrüdenhalter.
    Die Rede ist hier von eigenständigen Menschen - braucht ein Züchter oder Deckrüdenbesitzer wirklich für alles "eine Vorschrift" ? Wenn ja, dann wäre es ja noch viel trauriger um die Rassehundezucht bestellt, als wir ohnehin schon annehmen müssen.
     

    Ich bin sehr sicher, dass es keinen Rassehundclub, keinen nationalen Club und keinen Dachverband gibt, der seinen Züchtern "verbietet", MEHR zu tun als vorgeschrieben ist. So viel Eigenverantwortlichkeit wird man den Leuten schon zumuten dürfen. Diejenigen, die man "zwingen" Muss zu etwas, das sind dann ohnehin die, die besser nicht züchten sollten.
    Ich bin froh, dass ich anscheinend doch ausreichend Züchter kenne, die in Eigenver-antwortung in der Lage sind, zu entscheiden, was alles notwendig ist, um möglichst gesunde Hunde zu züchten - und selbst dann hat die Genetik oft noch ein Überraschungspaket für uns geschnürt.
    Krankheiten in den Linien ??? Gemeint ist vermutlich "unter den Ahnen" - eine Erbkrankheit (und nur diese kann mit züchterischen Maßnahmen mehr oder weniger gut bekämpft werden) Muss zunächst als solche definiert werden (dafür gibt es gewisse Klassifizierungen, die aufzuführen hier zu weit führen würde), dann Muss der Erbgang ermittelt werden und dann wäre es mehr als wünschenswert, wenn man einen genetischen Test dafür verfügbar hätte.
    Erbkrankheiten, die dem polygenen Erbgang unterliegen, sind äußerst schlecht züchterisch zu bekämpfen (evtl. Zuchtwertschätzung?) - aber das wäre wiederum ein neues Thema - und der Blog gehört nicht mir : es ist auch kein "Leonberger Blog" - nochmals Danke an Herrn Jung, der es ermöglicht, dass man sich hier äußern kann. Ich möchte seine Geduld nicht überstrapazieren !
    Nochmals der erste genetische Test für die Rasse Leonberger steht seit Juli 2010 zur Verfügung - ein weiterer wird hoffentlich bald (? 2011 ?) folgen.
    Genetische Forschung kostet zum einen Geld; sie verlangt zum anderen auch eine rege Beteiligung - und zwar der Hundebesitzer - aber auch da ist bekannt, dass dann flugs argumentiert wird, man wolle ja mit dem Hund nicht züchten... nun ja, dann hat man aber diese Sache mit der Population insgesamt (= alle Hunde der Rasse) nicht verstanden, geschweige denn die Sache mit der effektiven Population.
    Auch bei nicht in der Zucht befindlichen Tieren wären Gesundheitsresultate interessant - und zwar für den jeweiligen Züchter (damit dieser weiß, ob sein Zuchtprogramm die gewünschten Erfolge brachte) aber auch für die Allgemeinheit
    = also für die Leonberger Hunderasse.
    Seltsamerweise halten sich da gerade die Leute bedeckt, die doch so verstärkt so viel fordern ? !


    Dieser Artikel wurde auch (auf Wunsch einer befreundeten Züchterin) in die engl. Sprache übersetzt. Der Artikel steht in Europa bislang 4 Leonberger Clubs zur Verfügung; der Artikel wird in dt. Sprache auch in einer Leonberger Zeitung veröffentlich werden - und ich überlege jetzt gerade, ob ich diesen Artikel nicht einfach einigen Leuten, die ich kenne und die auch Mitglied im Dt. Rassehundeclub sind, zustelle (zur freien Verfügung). Der Artikel wurde, wie alle Artikel, ja schließlich geschrieben, damit er gelesen wird.
    Ob der zweite Folgeartikel (explizites Eingehen auf die Maßnahmen) hier veröffentlicht wurde, das überlasse ich Herrn Jung - ich weise hier noch einmal deutlich darauf hin, dass es (weltweit) um eine Neuorientierung in der Rassehundezucht geht.
    Der Leonberger ist bei weitem nicht die einzige Hunderasse, die sich jetzt mit den Folgen der Inzuchtdepression rumschlägt Muss; es ist aber die Rasse, für die ich mich äußere.
    Der Artikel sollte nochmals sorgfältig gelesen werden - deshalb hier nochmals einige Zitate / Hinweise:
    "Voraussetzung für eine niedrige Defektgenrate in einer Population ist es, dass die Sexualpartner nicht eng verwandt sind - ...(WACHTEL, Hundezucht 2000, S.20/21) und "die Zunahme des Inzuchtkoeffizienten sollte keinesfalls höher sein als 1 % und besser unter einem halben Prozent pro Generation liegen" (WACHTEL, Hundezucht 2000, S.71).

    Frage:
    Woher sollen diese wenig bis gar nicht miteinander verwandten Leonberger
    kommen ? Hier wird man über Landes- und sogar Kontinentgrenzen hinausgehen müssen
    und hier wird man auch zu "ungewohnten" (für manche "unnatürlichen") Maßnahmen greifen müssen. Reisen mit der heißen Hündin ...über mehrere 1000 km ... kann auch in einer Störung des Zyklusablaufs resultieren (hierüber gibt es wissenschaftliche Arbeiten) und nicht viele Deckrüdenbesitzer "besuchen die Hündin" : - dafür muss man vielleicht ein ganz klein wenig "verrückt" sein : - ein guter Grund wäre allerdings, sich den Züchter und die Hündin näher anzuschauen, bevor man den Rüden zur Verfügung stellt.
     

    Und eine Flugreise - egal ob mit Rüden oder heißer Hündin - das läuft verbal ganz einfach ab... aber setzten Sie das mal in die Tat um (ich weiß auch hier, wovon ich rede !).
    Wie finden also Eizellen und Samenzellen zueinander ? Schlagkräftige Titel wie "Retorten-Leos" lesen sich zwar vielleicht ganz gut - sie gehen aber an der Wahrheit vorbei. Eine Zeugung im Reagenzglass (mit nachfolgender Einpflanzung der befruchteten Samenzellen in einen Uterus) ist etwas ganz anderes als eine "künstliche Befruchtung". Aber das soll hier nicht ausgeweitet werden (das gibt mir Stoff für einen weiteren Artikel mit all den Pro's & Con's, die damit verbunden sind).

    "Die Heterozygotie durch Paarung nicht verwandter Partner ist aber nicht nur deshalb erwünscht, damit Defektgene nicht zu Auswirkung kommen. Sie ist auch ein Vorteil an sich, da Tiere mit hoher Heterozygotie im Durchschnitt eben weit lebenskräftiger, widerstandsfähiger, vitaler und leistungsfähiger sind als ingezüchtete Tiere..." (WACHTEL, Hundezucht 2000, S.28). Auch Eberhard Trumler hat in seinen Büchern mehrfach darauf hingewiesen (Biotonus).
    Frage: Woher sollen diese wenig bis gar nicht miteinander verwandten Leonberger
    kommen ? Sh. Oben
    Züchten heißt Denken in Generationen" (KRAUTWURST, prakt. Genetik f. Hundezüchter, S. 11)

    Last but not least - hot stuff, hot topic - Verwendung von Gefriersperma.
    "Konservierung" von Hunderassen durch Keimbanken (WACHTEL, Hundezucht 2000, S.192) Durch tiefgefrorenes Sperma und Embryonen einer Rasse (Keim- oder Genbanken( könnte allerdings für künftige ‚Generationen eine genetische "Konserve" mittels dieser modernen Technologie bewahrt werden, etwas, was wir morgen dringend brauchen werden.
    So wie es jetzt aussieht, ist ja jede heutige Hundegeneration gesündere als die nächste aber kränker als die vorhergehende… Und (WACHTEL, Hundezucht 2000, S. 57) "….Rüden oder deren Samen aus Gebieten importieren, deren Zucht bereits länger verselbständigt und damit blutsfremder geworden ist"

    Ebenfalls anraten möchte ich einen Besuch auf der Website von Frau Prof. Dr. I. Sommerfeld-Stur; sehr interessante Artikel sind dort zu lesen, u.a.
    http://sommerfeld-stur.at/population/varianz
    Erbfehler und ihre Bekämpfung
    http://sommerfeld-stur.at/praxis/kuenstliche-besamung
     

    Es gibt noch weitere Beiträge namhafter Wissenschaftler, die sich dazu äußern.
    Eine Konservierung von Sperma und Insemination einer Hündin ist eine von mehreren möglichen Maßnahmen zur Erhöhung der genetischen Vielfalt.
    Nicht mehr - aber auch nicht weniger !


    Mit dieser Maßnahme kann Gutes und Sinnvolles erreicht werden - und es kann auch viel Missbrauch getrieben werden. Das liegt dann in den Händen derer, die diese Methode anwenden !



    Ergänzung 02.03.2011 (die letzte hier):

    Stellungnehmend zum letzten Beitrag von Edith Steffen beginne ich mit der Ehrenrettung des „alten“ Datenbankprogrammes zur Erfassung von Leonbergerdaten, die Züchtern sehr hilfreich sein können für die Auswahl eines Deckpartners, Welpenkäufern für die Auswahl eines Welpen und die obendrein Auskunft geben über den Zustand der Zucht.
    Mit den entsprechenden Kenntnissen in Access, auf denen dieses beruht, ist es recht einfach, wenn auch umfangreich, bis zu den ersten Eintragungen alle Generationen zu durchleuchten. Gleichsam mit IK/AVK über alle Generationen bis zum „Ursprung“ behaftet etc.

    Plus ein wenig Kenntnis in Excel, mit den vielen möglichen Berechnungsmodi, null Problem alles in Zusammenhang zu bringen. Es genügten ein paar simple Mausklicks, um die entsprechenden Ergebnisse zu erhalten.

    Die Erfassung der Leonberger habe ich 1995 begonnen, Frau Steffen den Zugang bzw. die Erschließung der Optionen nahe gebracht, soweit möglich. Später kam dann, das sehr fachkundig, Herr Arthur Muller aus den Niederlanden hinzu. Dass die heutigen Leonbergerdatenbanken existent sind, beruht zumeist auf dieser Arbeit.
    Die erste Onlinesetzung geschah über Herrn Muller. Übrigens auch das Los der, in den Verlautbarungen von Frau Steffen so arg gebeutelten, Züchter, weil die Halter irgendwie immer die Klappe halten, lässt sich via der elektronischen Erfassung der originalen Zuchtbücher problemlos widerlegen.

    Versuchen Sie es selbst via der Erfassungsmaske der Würfe, Frau Steffen. Filtern Sie die Würfe im Kontext zu den eingesetzten Rüden. Nehmen Sie diese Daten und transferieren sie nach z.B. Excel. Danach versehen Sie jeden Rüden mit einer Zahl und bringen diese mit der entsprechenden Formel in eine berechenbare Form. Die visuelle Auskleidung ist dann nach eigenen Wünschen problemlos.

    Das hohe Lied auf die Züchter müsste spätestens dann verstummen, denn es zeigt den überbordenden Run auf Schönheitschampions, oder aber auf den netten Rüden, der vor Ort war, etc. Leider, wie Sie selbst wissen, Frau Steffen, ohne bekanntlich große Gesundheitsüberprüfungen, bis vor Kurzem ohne Begrenzung der Deckakte. Indes haben gerade die Rüden einen immensen Einfluss auf die Zucht.

    Beim Züchten, da gebe ich Frau Steffen recht, sollte zumindest ein Grundwissen in Genetik vorhanden sein, gleichsam entsprechende Zuchtauflagen Seitens des, die Rasse betreuenden Zuchtvereins bzw. Zuchtverbandes, hierbei nicht nur schriftlich in Ordnungen fixiert, sondern vor allem praktisch umgesetzt. Der DCLH hat nun einen kleinen Schritt, zumindest die Beschränkung der Häufigkeit der Deckakte, in seine Zuchtvorschriften implementiert. Leider reicht dies angesichts der bestehenden gesundheitlichen Situation des Leonbergers nicht aus.

    Einer der wichtigsten Aspekte sollte sein bedingungslose Ehrlichkeit, auch im Rahmen des eigenen verantwortungsvollen Handelns im Sinne gesunder Hunde, nicht der Versuch die Verantwortung auf den Halter abzuschieben, da dieser, um es mal technisch zu formulieren, in den Entstehungssprozeß eines Leonberger Hundes nicht involviert ist.

    Richtig, der Züchter hierbei auch nur indirekt.

    Der zukünftige Halter möchte für sein Geld und im Vertrauen auf eine verantwortungsbewusste Zucht einen möglichst gesunden Welpen. Machen wir uns nichts vor. Die Bestrebungen von Seiten des Halters im Laufe der Haltung seines Hundes bzw. seiner Hunde dem Züchter/Verein Bericht zu erstatten, wirken in der Ausprägung schwach. Nur, macht er es, wird auch gerne mal abgeblockt, unter den Tisch gekehrt.

    Richtig. Kein Verein etc. hat etwas dagegen, wenn ein Züchter mehr macht als vorgeschrieben, niemand hat das abgestritten.

    Das Tor überwinden, innerhalb und auch außerhalb der Vereine miteinander zu arbeiten, ist eigentlich kein Problem. Doch verhindert wird es vom Menschen, nicht vom Hund.
    Einem Hund ist der Rassestandard völlig wurscht, er möchte nur leben. Er möchte sein Leben und nicht das Leben, geprägt von Wünschen irgendwelcher Menschen, leben!

    Nein, das berührt nicht die Haltung, Erziehung. Hier geht es „nur“ um das Leben.

    Nächster Punkt:

    Begriffserklärung: Krankheiten in den Linien? Natürlich sind die  Ahnen gemeint, da sich diese (wer sonst) in den Linien befinden. Gesundheitsresultate zur Ergänzung der Datenbank sind immer gern gesehen, möglichst autorisiert, zuordnenbar und vor allem korrekt. Es gibt leider immer wieder Versuche, durch falsche Angaben die wichtige Tätigkeit der Datenbankführung zu verwässern.

    Frau Steffen schreibt: „ Eine Zeugung im Reagenzglas (mit nachfolgender Einpflanzung der befruchteten Samenzellen in einen Uterus) ist etwas ganz anderes als eine künstliche Befruchtung"

     Frage: Was ist daran anders bzw. natürlicher? Handelt es sich doch nur um zwei technische Verfahren, die  im Reich der höher entwickelten Lebewesen kaum vorzufinden sind bzw. nun wirklich nicht mit natürlich in Zusammenhang gebracht werden können.

    Es ist kein Wundermittel, eher versteckt sich dahinter ein mittlerweile, auch in der Humanmedizin/ Reproduktion, lukratives Geschäft. Zusätzlich wird die Möglichkeit des Hundes ausgeschaltet, den Deckpartner abzulehnen, entweder, weil er seinem Instinkt folgt, der ihm sagt, dass etwas nicht in Ordnung ist, der Deckpartner vielleicht krank oder einfach, weil er ihn nicht mag.

    Wenn die Autorin fragt, woher die, wenig  bis gar nicht miteinander verwandten Leonberger kommen sollen.Gute Frage. Indes aussichtslos. Geographische Grenzen nutzen nicht viel, weil alles wieder auf einen kleinen, begrenzten Ursprung zurückzuführen ist. Es ist bekannt, dass, hier nun beim Leonberger, allerorten von argen Problemen mit der Gesundheit/Lebensfähigkeit berichtet wird. Demnach muss nach meiner Ansicht auch die Frage gestellt werden, ob es nicht Sinn macht, z.B. Hunde anderer Rassen einzukreuzen.

    Absolute Priorität muss haben der gesunde, lebensfähige Hund.

    Dem Tierarzt/Pharmaindustrie bringt es ein paar Taler weniger, was mir indes kein Kopfzerbrechen bereitet. Auch kein Kopfzerbrechen bereitet es mir, wenn bedingt durch natürliche Lösungswege, der Leonberger zwischenzeitlich etwas anders aussieht.
    Die Frage immer, wer mit was eher Probleme hat, wer in wessen Interesse handelt.

    Merke: Kein Hund interessiert sich für seine Ahnentafel, kein Hund fragt nach seiner Rasse.

    Er will einfach nur leben, ohne nach ein paar Jahren in die Kiste zu gehen, ohne Leiden, ohne Schmerzen, ohne langweilige bis belastende Tierarztpraxenaufenthalte, ohne anschließende Beweinung seitens der Halter.

    Das Aufzählen von Personen mit akademischem Grad zur Bestärkung der eigenen Meinung impliziert nicht zwangsläufig, dass alle Anderen derselben Meinung sein müssen.

    Die Seite von Frau Prof. Dr. Sommerfeld-Stur ist uns bekannt, ebenso, dass sie sich für eine Insemination ausspricht. Dennoch ist es nicht von der Hand zu weisen, dass eine Insemination die Gefahren der Verschleierung oder gar (Ver)fälschung birgt, die wir in unserem, im Beitrag von Fr. Hoffstadt verlinkten, Artikel "Leonberger aus dem Reagenzglas" aufzeigen. Ebensowenig lässt sich leugnen, dass es sich hierbei um einen absolut unnatürlichen Vorgang handelt, der den Hund vom Lebewesen zum Objekt degradiert.

    Diesen Weg würden die Hunde sicherlich nicht wählen, wenn sie denn eine Wahl/ein Mitspracherecht hätten. Neben allem Anderen hat der Hund eine Seele - ein ernstzunehmender Aspekt, den man nicht einfach ignorieren kann/sollte, wenn man diese Tiere liebt. Das ihm neben seiner Seele, auch in wissenschaftlichen Kreisen, mittlerweile abstraktes Denken, fühlen, zugesprochen wird mal am Rande. Der Hund ist ein Lebewesen.
    Das fordert Achtung.

    Die Seite, die Herr Jung zur Verfügung stellt, dient laut Überschrift dem Zweck: „ Aus Sorge um das Wohl und die Gesundheit unserer Hunde.“

    Dem ist nichts hinzuzufügen, das ist richtungsweisend. Denn was wollen wir?


    Richtig. Einen weitestgehend gesunden Hund, der ein möglichst langes, glückliches Leben vor sich hat.

    Wie viel Freude das macht, sehe ich tagtäglich vor mir. Der Tierarzt ist mir fast schon fremd geworden. Leider befindet sich in meinem Rudel kein Leonberger mehr. Warum wohl?

    Uwe Hermann
    Team Pro Leonberger

    http://hunde-und-ihre-menschen.de
    http://leonberger-online.de
    und natürlich Mitstreiter von Pro-Leonberger
    http://pro-leonberger.com

    Donnerstag, 13. Januar 2011

    Die "genetische" Situation beim Leonberger

    ...und wie man hier eventuell gegensteuern könnte - Teil I von II.

    Ein Beitrag von Edith Steffen, die seit 26 Jahren zusammen mit Leonbergern lebt. Ihr Beitrag wurde freundlicherweise von Dr. Hellmuth Wachtel, einem der wenigen großen Kynologen unserer Zeit, durchgesehen.
    • Inzucht- und Ahnenverlust-Koeffizient
    • Single / unique ancestors
    • Inzucht - Engzucht
    • Paarungen von Hunden mit niedrigem Verwandtschaftskoeffizienten
    Wie wahrscheinlich die Mehrzahl der Rassehunde, so ist auch der Leonberger auf einige wenige (evtl. stark verwandte) Ausgangstiere zurückzuführen. Historisch bedingte Engpässe (zwei Weltkriege, weitere Verluste von Zuchttieren) haben zur weiteren Verringerung der Zuchtbasis beigetragen. Auch dieses Schicksal teilen sicherlich andere Hunderassen.

    Werden unsere Rassehunde immer kränker?  Ja!
    Sind unsere Rassehunde schon zu sehr "verzüchtet"? Manche schon (In-, Qualzucht)


    Brauchen wir überhaupt Rassehunde?


    Oft genug werden diese Fragen gestellt. Die Antwort ist "ja" - wir brauchen unsere Rassehunde aber wir brauchen eine andere Gewichtung in der Rassehundezucht, um den vielfältigen Problemen (erhöhte Krankheitsanfälligkeit, geringere Vitalität, verkürzte Lebensdauer) entgegenzuwirken. Hierzu auch ein Kommentar von Dr. H. Wachtel "Aber nicht Mischlinge sind die Lösung, sondern der heterozygote (genetisch vielseitige) Rassehund. Der Mischling ist kein Ausweg, heute schon gar nicht."

    Nur die Zusammenarbeit von Züchtern, Hundehaltern, den diversen Hundevereinen und Dachverbänden kann hier - bezogen auf die gesamte Rasse - auf Dauer zum Erfolg führen.

    Aber jeder Züchter und Halter eines Deckrüden kann für sich selbst damit beginnen, nachzudenken, was wirklich wichtig werden wird für die "Zukunft" der Rasse - und auch dann, wenn der Rassehundeverein dies nicht vorschreibt, so wird sich doch nirgendwo eine Regel finden, die es verbietet "mehr zu tun als vorgeschrieben" - der Erfolg oder Misserfolg solcher Programme wird letztendlich davon bestimmt, wie viele Züchter sich neu orientieren, und neu orientieren heißt hier "hin zum so wenig als möglich ingezüchteten Rassehund".

    Daneben wären strenge Fitnesstests unbedingt erforderlich!! (Anmerkung von Herrn Dr. Wachtel - der ich voll und ganz zustimme! )

    Überhaupt nicht ingezüchtet - geht nicht - diese Zeiten sind vorbei; ob es sie jemals gegeben hätte, ist fraglich. Ich denke nicht, denn dafür hatten wir niemals genügend "nicht verwandte" Ausgangstiere.

    Aber die "Uhr anhalten", den Inzuchtkoeffiezienten (IK oder COI) quasi "einzufrieren - ein Ansteigen zu verhindern", das wäre möglich und darüber möchte ich in diesem Artikel sprechen.



    Eine Erklärung über Datenerfassungen und online-Datenbanken - woraus IK/COI und Ahnenverlust errechnet werden - in Kurzversion wieder gegeben: im Jahre 1995 wurde von einigen Leonberger Freunden mit Datenerfassung begonnen, später haben sich (zunächst unabhängig voneinander) andere Leonberger Freunde ebenfalls damit befasst; in 2005 wurde die erste online-Datenbank bei einem Stand von über 66.000 Datensätzen mit anderen "verbunden"; heute existieren 3 online-Datenbanken; 2 davon mit aktualisierten Daten - und all diese Datenerfassungsprogramm, insbesondere das seit 2005 genutzte, machen es möglich, den IK (Inzuchtkoeffizienten - Wiedergabe der Inzucht für eine bestimmte Anzahl von Generationen) und AVK (Ahnenverlust-Koeffizienten) zu berechnen, desgleichen kann die Anzahl der "möglichen Ahnen" der Anzahl der tatsächlichen Ahnen gegenübergestellt werden.

    Beispiel - COR = coefficient of relationship / Verwandtschaftsgrad

    1.  Elterngeneration 50 %
    2.  Großeltern 25 %
    3.  Ur-Großeltern 12.5 %
    4.  Ur-Ur-Großeltern 6.25 %
    5.  Ur-Ur-Ur-Großeltern      3.125 %

    Wenn nun derselbe Ahne 2 x in Generation 4 = 2 x 6.25 % und 2 x in Gen. 5 = 2 x 3.125 % vorhanden ist, dann reduziert sich die genetische Vielfalt und gleichzeitig steigt der prozentuale mögliche genetische Einfluss des / der mehrfache vorhandenen Ahnen an.

    Dadurch kann die Situation gegeben sein, dass ein Ahne plötzlich einen prozentual möglichen genetischen Einfluss wie ein Ahne in Generation 2 oder 3 hat, obwohl dieser Ahne in Generation 4 oder 5 mehrfach zu finden ist.

    Die Datenbanken hatten bzw. haben alle denselben Zweck: sie sollten einem Züchter ermöglichen, einen passenden Zuchtpartner für die Hündin zu finden und selbst zu überprüfen, inwieweit die Tiere miteinander verwandt sind.

    Da im Laufe der Zeit in den beiden jüngeren Datenbanken auch Gesundheitsergebnisse (HD - ED - Augenuntersuchungen usw.) online dargestellt werden, können diese Datenbanken quasi als "online-Information für geplante Verpaarungen" genutzt werden. Das war der ursprüngliche Sinn und Zweck und daran hat sich bis heute nichts geändert.

    Ich werde für die verständlichen und korrekten Erklärungen einiger Begriffe, wie auch zur Unterstützung dessen, was ich hier äußere, einige Wissenschaftler zitieren (Quelle jeweils beim Zitat), eine Auflistung der verwendeten Literatur finden Sie am Ende dieses Artikels.
    Der Inzuchtkoeffizient (IK) gibt den Verwandtschaftsgrad der Eltern eines Tieres miteinander an (WACHTEL, Hundezucht 2000, S. 30/31). Der IK zeigt die Wahrscheinlichkeit an, dass zwei Allele eines Gens bei einem Hund von der Abstammung her identisch sind, d.h. sie stammen aus der Verdoppelung eines Allels in irgend einem Ahnen; man nennt sie in diesem Falle autozygot (WACHTEL, Hundezucht 2000, S. 80/81). IK - Mathematischer Begriff zur Berechnung des Inzuchtgrades eines Tieres bzw. einer Population (KRAUTWURST, prakt. Genetik f. Hundezüchter,S. 202).

    Der Ahnenverlust-Koeffizient (AVK) wird berechnet durch die Division der tatsächlichen Anzahl der Ahnen des Hundes durch die Zahl der maximal möglichen Anzahl der Ahnen des Hundes. Der AVK ist der Quotient aus der Anzahl tatsächlich vorhandener und der Gesamtzahl der möglichen Ahnen (KRAUTWURST, prakt. Genetik f. Hundezüchter, S. 199).
    Sh. auch http://de.wikipedia.org/wiki/Ahnenverlust

    Alle Rassehunde sind einstmals durch Inzucht / Linienzucht entstanden, denn nur so konnte das einheitliche Exterieur zustande kommen. Dies geschah, weil durch diese Engzucht ein hoher Grad an Homozygotie (Reinerbigkeit, gleiche Allele) erreicht wurde. Diese Reinerbigkeit bezieht sich natürlich auf die guten, die erwünschten, wie auch auf die unerwünschten Eigenschaften und somit wurde auch (teilweise) eine hohe Anzahl von Defektgenen innerhalb der Rasse verbreitet. "Voraussetzung für eine niedrige Defektgenrate in einer Population ist es, dass die Sexualpartner nicht eng verwandt sind - für einen optimalen Nachwuchs ist es meist am besten, wenn sie überhaupt nicht verwandt wären" (WACHTEL, Hundezucht 2000, S.20/21) und "die Zunahme des Inzuchtkoeffizienten sollte keinesfalls höher sein als 1 % und besser unter einem halben Prozent pro Generation liegen" (WACHTEL, Hundezucht 2000, S.71).

    Da Exterieur und die anderen rassetypischen Eigenschaften aber heute in jeder Rasse gefestigt sind, besteht kein Grund mehr zu Linienzucht / Inzucht. Anmerkung von Dr. Wachtel: Es können allerdings manchmal Abweichungen auftreten, doch solche Tiere sind eben nach Möglichkeit auszuscheiden!  (=nicht zur Zucht zuzulassen).

    Wenn der Züchter genetische Basiskenntnisse hat (und darüber sollte ein Züchter verfügen), dann ist auch bekannt, welche Eigenschaften gering-, mittel- oder hoch erblich sind und, wenn außerdem Informationen über die Ahnen beider Zuchttiere vorliegen, dann kann der Züchter mit einem sogen. "like-to-like-breeding", also ähnlich aussehende Zuchtpartner, die wiederum in den Ahnenreihen ähnliche aussehende Hunde aufweisen, genauso erfolgreich sein im Bezug auf Exterieur - und dies ist dann auch möglich, wenn die beiden Zuchtpartner zumindest über die ersten 5 Generationen keine gemeinsamen Ahnen aufweisen.

    Da es ja meist um Exterieurmerkmale geht (besonderer Farbton, Körpergröße, Brusttiefe, Knochenstärke usw.) und diese anatomischen Merkmale mit 30 - 65 % (WILLIS, Genetik der Hundezucht, S. 37) zu den mittel- bis hoch-erblichen gehören, kann man hier gute Resultate - auch ohne Linienzucht - erreichen.

    Leider ist es so, dass die Merkmale, die wir anstreben (Vitalität, Langlebigkeit, Zähigkeit, wie auch immer man es nennen möchte), zu den niedrig-erblichen gehören, 10 - 15 % - und deshalb sollten diese Merkmale bei beiden Elterntieren und unter den Ahnen beider Elterntiere vorhanden sein, damit wir die Chancen, dies durch Zuchtauswahl zu erreichen, vergrößern können. 

    Weiter mit Teil II hier in einer Woche

    Literatur:
    • Dr. F. Krautwurst - Praktische Genetik für Hundezüchter - Kynos-Verlag 2002
    • Dr.Hellmuth Wachtel - Hundezucht 2000 - Gollwitzer Verlag 1997/98
      Ich danke Herr Dr. Wachtel, dass er sich die Zeit nahm, meinen Artikel durchzulesen und zu kommentieren!
    • Malcolm.B. Willis - Genetik der Hundezucht - Kynos-Verlag 1992
    • Dr. George A. Padgett - Control of Canine Genetic Diseases - Howell Book House, N.Y. 1998
    • Eric H.W.Aldington, Friedern Stockmann, Vom Körperbau des Hundes - 5.Aufl. Kynos-Verlag
    • http://www.yakzucht.ch/downloads/genetischer_flaschenhals.pdf

    Sonntag, 9. Januar 2011

    SitzPlatzFuss - neues Magazin zum Hund

    Am 3. Januar 2011 erschien die 2. Nummer einer neuen Zeitschrift zum Thema Hund: SitzPlatzFuss. Der Cadmos-Verlag wagt sich mit einem ganz neuen Konzept in den Markt der Magazine rund um unseren vierbeinigen Freund. Und ich meine, es ist ein durchaus beachtenswertes Konzept.

    Warum macht so ein Magazin Sinn?

    Es gibt nun locker mehr als ein Dutzend Zeitschriften zum Thema Hund im deutschsprachigen Raum. Doch die allermeisten sind bunte Schönwetterblättchen auf bestenfalls Yellow-Press Niveau. Dafür werden dann Hochglanz-Werbeprospekte der verschiedenen Hunderassen wider besseren Wissens gezeichnet und alle Rassen eignen sich selbstverständlich bestens als Familienhunde. Es wird eine heile Welt der Partnerschaft zum Hund beschworen, wo schlimmstenfalls mal ein Martin Rütter oder Kollege korrigierend eingreifen müsse. Das ganze Thema der eklatanten Missstände der Zucht, die Realität der Vermehrer und des Hundehandels, wie auch die verbreitete Missachtung der realen Bedürfnisse unserer Vierbeiner werden von den meisten Gazetten schlichtweg ausgeblendet.

    Nichts soll die Konsumstimmung trüben, die mächtigen Werbekunden* wollen das so.

    SitzPlatzFuss geht hier einen anderen Weg.

    Es nennt selbst als Zielgruppe den "anspruchsvollen Hundefreund". Und es sieht so aus, als könne diese Publikation ihrem Anspruch durchaus gerecht werden.


    Es fällt gleich auf: dieses Magazin ist werbefrei! 

    Lediglich der Verlag selbst wirbt für einige seiner Publikationen. Die Artikel der ersten beiden Nummern sind eine beeindruckende Werbung für den Hund und die Partnerschaft Mensch - Hund. Gerade weil kritische Themen eben nicht ausgeblendet werden, wächst eine fundierte Basis für dieses einzigartige Verhältnis zweier Spezies.

    Auch die Autoren repräsentieren die vielfältige Kompetenz rund um das Thema Hund. Dabei können auch durchaus unterschiedliche Auffassungen artikuliert werden. Die Beiträge haben aber durchweg fachlichen Tiefgang und so sieht man die unterschiedlichen Ansichten als Bereicherung und konstruktive Anregung zur Herausbildung des eigenen Standpunktes. Es macht Freude, dieses Magazin zu lesen, ja zu studieren. Und dies sage ich nicht, weil ich auch zu den Autoren von SitzPlatzFuss zähle. Nein, ich kann dieses Magazin wirklich nur jeder und jedem ans Herz legen, wer sich hier ein wenig mehr in die Geheimnisse der Beziehung Mensch - Hund hineindenken will. Nicht zuletzt durch die aufwändige Ausstattung und hervorragenden Fotos wird die Lektüre zu einer wirklich angenehmen Zeit.

    Der Cadmos-Verlag nennt SitzPlatzFuss ein "Bookazin"; nicht ganz unberechtigt, es ist wirklich eine Mischung beider Formate. Es erscheint nur quartalsweise und hat für ein Magazin den auf den ersten Blick heftigen Preis von 12,80 Euro. Ich meine aber, dass sich diese Investition wirklich lohnt, eben aus den hier genannten Gründen. Und alle 3 Monate 12,80 - zumal werbefrei - sind immer noch besser investiert, als jeden Monat 3,50 für ein als Hundemagazin getarntes aalglattes Werbeblättchen. Man kann nur hoffen, dass SitzPlatzFuss das hohe Niveau halten kann und in diesem Sinne viel Erfolg wünschen.


    * Anmerkung 10.01.: Und der mit großem Abstand mächtigste Werbekunde ist die Nahrungsmittelindustrie, deren einer Ableger die Pet-Food Branche ist. Wenn man nun bedenkt, wie skrupellos gesundheitsgefährdende Stoffe in den Kreislauf für menschliche Nahrung gelangen und wenn man bedenkt, welch hohen gesundheitlichen Gehalt die Zuckerriegel von Mars (Royal Canin, Chappi, Frolic, Cesar, Pedigree u.a.) oder die Tütensuppen von Nestlé (Matzinger, Purina Pro Plan, Beneful u.a.) haben, so möchte ich nicht wissen was sich hinter den auf den Hundefuttertüten ausgewiesenen "tierischen Nebenprodukten, Tierfett, Maiskleberfutter, Rübentrockenschnitzel, Lignozellulose etc. pp." real verbirgt...
    Da ist es natürlich gut, wenn man die Presse kontrolliert, und nicht nur die.


       
      Petwatch Blog