Montag, 16. Dezember 2013

Soziales Lernen - Wölfe und Menschen

Wölfen sind die Fähigkeit und das Interesse bereits angeboren, Artgenossen aber auch Menschen zu beobachten und von ihnen zu lernen. Die Verhaltensforscherinnen Friederike Range und Zsófia Virányi von der Uni Wien und dem "Wolf Science Center" haben am 3.12.2013 eine Untersuchung veröffentlicht, die das Verhalten von Wolfswelpen und Hunden in Bezug auf Menschen beobachtet.

Wölfe lernen vom Menschen

Dass Hunde hervorragende Beobachter des Menschen sind und solche Beobachtungen auch für ihr Verhalten nutzen, kennt jeder aufmerksame Hundehalter. Dieses Verhalten des Hundes ist inzwischen auch wissenschaftlich umfangreich nachgewiesen. Es ist ihnen bereits in die Wiege gelegt. Range und Virányi zeigen nun, dass auch bei Wolfswelpen eine solche Anlage ausgeprägt ist. Sie weisen nach, dass Wolfswelpen einen Menschen (wie auch Artgenossen) beim Verstecken von Futter aufmerksam beobachten. Und nicht nur das: Sie lassen sich dann von dieser Erkenntnis bei der eigenen Suche nach Futter leiten. Statt der eigenen, bekanntlich ganz hervorragenden Nase nachzugehen, vertrauen sie auf ihre Erkenntnisse durch Beobachtung des Menschen. Dort wo ein Mensch Futter versteckt, wird zuerst gesucht - und zwar mit doppelter bis vierfacher Wahrscheinlichkeit als bei einer eigenständigen Suche ohne vorher einen Menschen beobachtet zu haben. Ein ähnlicher Effekt war bei der Beobachtung eines Hundes festzustellen, wenn auch abgeschwächt. Interessierte sich ein Hund für ein Versteck, so auch die beobachtenden Wolfswelpen und umgekehrt. Diese und weitere Ergebnisse sind in der bei "Frontiers in Psychology" veröffentlichten Studie "Social learning from humans or conspecifics: differences and similarities between wolves and dogs" nachzulesen.
Bereits nachgewiesen: Hunde verstehen Fingerzeige des Menschen sofort.
Hier eine Studie beim MPI in Leipzig, Foto © MPI für evolutionäre Anthropologie
Der Nachweis des sozialen Lernens vom Menschen auch bei Wölfen durch die beiden Verhaltensforscherinnen hat weitreichende Bedeutung für das Verständnis der Mensch-Hund-Beziehung. Range und Virányi deuten dies selbst an. Haben Wölfe die Fähigkeit und das Interesse, Menschen zu beobachten und daraus für das eigene Verhalten zu lernen, so kann das als Hinweis auf eine Domestikation des Wolfes zum Hund als gegenseitiger Prozess von Wolf und Mensch gewertet werden. Domestikation als interaktiver Prozess und nicht primär oder alleine durch menschliche Selektion.

Ein grundlegend neues Verständnis der Mensch-Hund-Beziehung ist gefragt!

Die Vorstellung vom Menschen als alleinigem Schöpfer des Hundes, als demjenigen, der den wilden Wolf bändigte, wird immer mehr infrage gestellt. Das anthropozentrische Bild des Homo sapiens, der sich eines armen Wolfswelpen erbarmte oder das Bild des Hundes als kommesialistischer Müllverwerters, der per menschlicher Selektion zahm wurde, lässt sich kaum mehr aufrecht erhalten. Es stellt sich sowieso die Frage, Wie und Warum ein direkter Nahrungskonkurrent und zumal einer, der dem Steinzeitmenschen gefährlich werden konnte, zum ersten Haustier und zugleich zu dem Tier werden konnte, das die engste und innigste Verbindung zum Menschen entwickelt und vice versa. Diese Entwicklung lässt eine tiefergehende Beziehung vermuten. Die Wirkung auf den Wolf ist bekannt und leicht erkennbar. Aus ihm wurde der Hund. Aber der Autor unterstellt zugleich eine noch nicht erforschte aber wahrscheinliche Wirkung auf die Evolution des Menschen und diese weitergehend als nur durch die bekannten Funktionen des Hundes zum Beispiel als Jagdhelfer.

Co-Evolution von Mensch und Hund?

Auf Petwatch wurde kürzlich eine Studie vorgestellt, die die ersten Anfänge des Hundes auf vor 33.000 Jahren datiert. Das war noch in der Altsteinzeit und sogar noch vor dem letzten eiszeitlichen Maximum (LGM). Erst mehr als 20.000 (!) Jahre später wurde das nächste Tier domestiziert, Schaf und Ziege. Der Autor hat bereits im "Schwarzbuch Hund" darauf hingewiesen, dass die Hundwerdung ein gegenseitiger Prozess von Mensch und Wolf resp. Hund gewesen sein MUSS. "Wir müssen uns jedenfalls von der selbstgefälligen Sicht des den Hund erschaffenden Menschen verabschieden. Der Mensch war nicht der Schöpfer des Hundes. Nicht der Mensch alleine hat den Wolf zum Hund gemacht. Wir sollten uns ebenso mit dem Gedanken vertraut machen, dass wir dem Hund einiges hinsichtlich unserer eigenen Erschaffung zu verdanken haben. Es ist wert, dem Gedanken einmal ganz nüchtern und bescheiden nachzugehen, ob und wenn ja wie weit der Hund Anteil am Siegeszug unserer Vorfahren hatte." (Schwarzbuch Hund - Die Menschen und ihr bester Freund, 2009)
Partnerschaft leben

Zusammen mit der Neurologin Daniela Pörtl hat der Autor 2012 ein neurobiologisch begründetes Modell entwickelt, das die Entstehung und Wirkungsweise der Mensch-Hund-Beziehung erklären kann. Die experimentell fundierten Erkenntnisse von Range und Virányi bestätigen den Ansatz, dass die Hundwerdung ein wechselseitiger Prozess gewesen sein könnte. Wir sollten davon ausgehen, dass wir dem Hund viel mehr zu verdanken haben. Wir sollten den Hund viel mehr als Partner sehen und behandeln und vor allem respektieren, statt lediglich als Objekt, sei es für Konsum und Profit, als Sportgerät oder armes Geschöpf, dem sich der (selbstgerechte, deutsche Tierschutz-) Mensch erbarmen muss.

Ein Artikel von Christoph Jung




Montag, 9. Dezember 2013

Stiftung Warentest: Tierschutz - Geschäft mit der Not der Tiere

Stiftung Warentest untersucht in der Ausgabe 12/2013 das Geschäftsgebaren von Tierschutz- sowie anderen Organisationen im Bereich Umwelt. Zusammen mit dem "TÜV" für Charity-Unternehmen, dem DZI (Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen) wurden 46 Anbieter angeschaut. Die gute Nachricht: Bei sechs Organisationen wurde ein positives wirtschaftliches Arbeiten im Interesse der Tiere festgestellt. Bei BUND, Greenpeace, Provieh, WWF, Atmosfair und Deutschem Tierschutzbund fließen mindestens 65% ihrer Einnahmen auch tatsächlich in die meist werbeträchtig vermarkteten Projekte.

Die ernüchternde Seite: Die breite Mehrheit schneidet nicht gut ab. 21 Organisationen wurden als wenig transparent oder unwirtschaftlich arbeitend eingestuft. 19 Organisationen verweigern der Stiftung Warentest sogar jegliche Auskunft, darunter listet die Zeitschrift test auch in der Hundeszene bekannte Organisationen wie "Europäischer Tier- und Naturschutz" (ETN) oder "Retriever in Not" auf. Diese 19 "Tierschutzorganisationen" geben Stiftung Warentest trotz Nachfragen keine Auskunft über ihre Strukturen und ihren Umgang mit den Geldern der vielen Spender.
Stiftung Warentest untersucht in test Dezember 2013 das
Geschäftsgebahren von Tierschutzorganisationen (Screenshot 8.12.13 www.test.de)
"Spendengelder: Geschäfte mit dem Tierschutz" ...

...titelt ein Artikel bei Spiegel-Online vom 9.12.2013. "Der Tierschutz ist eine Gelddruckmaschine", wird Stefan Loipfinger zitiert. Die Charity-Industrie ist ein Milliarden-trächtiger Wirtschaftszweig mit eigenen "Fund-Raising"-Agenturen und zuweilen auch Drücker-Kolonnen. Und gerade zur Weihnachtszeit boomt der Spendenmarkt.

Im Bereich der Tiere und hier speziell der Hunde werden besonders aggressiv und oft lediglich per aufgepeitschter Emotion Spenden und ganze Erbschaften akquiriert. Nebenbei wird bei manchen Unternehmen des so genannten Auslandstierschutzes auch noch gutes Geld mit der Vermarktung importierter Hunde realisiert. Laut Spiegel soll der jährliche Spendentopf im Tierschutz 200 Millionen Euro groß sein. Dabei werden nicht selten Millionen Euro in private Taschen geleitet, fürstliche Gehälter und Spesen an Führungsleute gezahlt, Spendengelder per Scheinaufträge privatisiert. Der rechtskräftig verurteilte Vorsitzende vom Deutschen Tierhilfswerk, Wolfgang U., hat binnen von nur 5 Jahren 25 Millionen Euro auf private Konten geleitet.

200 Millionen Euro Markt

Nicht wenige Organisationen des so genannten Auslandstierschutzes sind darüber hinaus eng verwoben mit international agierenden Hundehändler-Ringen, Vermehrern innerhalb Deutschlands und ganzen Zuchtvereinen. So werden Rassehunde, die unter elenden Bedingungen in Osteuropa produziert werden, systematisch in Deutschland mit Papieren ausgestattet und von "Züchtern" als eigene Produkte vermarktet. Gerne werden in Deutschland gefallene Würfe mit importierten Welpen vergrößert und diese dann als "aus bester Zucht in Deutschland" stammend arglosen Käufern angeboten. Das ist besonders bei teuren Moderassen wie Bulldoggen gängige Praxis. Kuckuckswelpen nennt man diese in der Fachsprache. Bis zu 1.000 Euro lassen sich so pro Welpen an zusätzlichem Gewinn realisieren. Immer wieder fallen den Behörden tierschutz- und rechtswidrige Transporte besonders aus Südost-Europa auf, wo Rassehundewelpen und Nothunde in einem Transport vom selben Absender an denselben Adressaten in Deutschland - "Tierschutzorganisationen" - gekarrt werden. Ähnliches passiert Richtung Spanien.

Hinter der Nebelwand des Tierschutzes werden riesige Profite auf Kosten der Hunde realisiert.

Da lässt man sich nicht gerne über die Schulter schauen, insbesondere dann nicht, wenn es ums Eingemachte, die Finanzen geht. Noch unangenehmer ist ein kritischer Blick auf das ganze Geschäftsmodell. Initiativen wie Charitywatch, die Stefan Loipfinger unter dem Druck der Charity-Industrie schließen musste, Blogger wie Karin Burger oder andere Autoren, die ein wenig Licht hinter diese Nebelwand der Tierliebe zu bringen versuchen, werden verleumdet, mit Gewalt bedroht, öffentlich diffamiert. Aktiv betrieben von mehr als nur einer, der von Stiftung-Warentest im Dezember 2013 namentlich angeführten Organisation auf der Liste der Auskunftsverweigerer.

Kritisches Hinterfragen unerwünscht

Kritische Stimmen versucht man, mit (fast) allen Mitteln zum Schweigen zu bringen. Ehrliche Argumente haben die schwarzen Schafe der Tierschutz-Branche nicht, wie auch? Daher wird zu Mitteln weit unterhalb der Gürtellinie gegriffen. Die Journalistin und frühere Mitarbeiterin von Charitywatch, Karin Burger, die mit erstaunlichem Mut den wohl einzigen tierschutzkritischen Blog Deutschlands betreibt, steht besonders im Fadenkreuz solcher "Tierschützer". Auf Facebook wurde dazu aufgerufen, das Haus von Karin Burger in Brand zu stecken und zu weiteren Gewaltakten. Gewaltaufrufe, anonyme Drohanrufe bei ihr stehen seit Jahren auf der Tages- (besser Nacht-)Ordnung. Verunglimpfungen in Wort und Bild, offen erkennbar weit jenseits der Menschenwürde samt evidenten und offen erklärten Verstößen gegen elementare Persönlichkeitsrechte werden per Facebook und Internet verbreitet. Selbst wenn Karin Burger mit ihren Artikeln voll daneben liegen würde, wären solche Auswüchse jenseits der Menschenwürde nicht zu entschuldigen. Und Tatsache ist: Vor Gericht obsiegte Karin Burger in der Sache regelmäßig, selbst wenn manche "Tierschutzorganisation" mit den Spendengeldern die teuersten Rechtsanwälte engagiert hatten, um ihr den Mund zu verbieten.

Geht es wirklich um den Schutz der Tiere?

Bemerkenswert: Teile der deutschen Tierschutzszene beklatschen solche menschenunwürdigen, jeglichen Respekt vermissenden Aktivitäten gegen missliebige Personen ganz offen, geifern zuweilen gar wie ein Lynchmob - alles gut dokumentiert bei Facebook. Man liebt offenbar einfache Schuldige und einfache Lösungen. Kritische Meinungen, basales Nachdenken, langfristige Lösungen sind da nur Spielverderber, die den schönen Dünkel des Welttierretters stören. Es scheint ein Prinzip des Geschäftsmodells des unseriösen Teiles des "Tierschutzes" zu sein, möglichst das Nachdenken über die Zusammenhänge und echte Lösungen zu verhindern, vielmehr Emotionen anzuheizen. Das scheint die optimale Grundlage zur Vernebelung des eigentlichen Geschäftszwecks: Das Aquirieren möglichst großer Summen an Spendengeldern, Erbschaften und Vermittlungsgebühren für den privaten Benefit einiger Führungskräfte.

Notwendig wäre ein Ethik-Codex speziell für Tierschutzorganisationen.

Dieser müsste neben den Kriterien für einen seriösen wirtschaftlichen Umgang mit den Spendengeldern auch Regeln für den Umgang mit den Tieren enthalten. Tiere müssen vor Geschäftemachern, Stümpern und Aktionisten im Gewand des Tierschutzes geschützt werden, eigene, nachprüfbare Rechte erhalten. Die Einhaltung dieses Ethikcodes müsste öffentlich transparent gemacht und im Detail von einer unabhängigen Instanz, einer Art TÜV regelmäßig kontrolliert werden. Mein Rat: Keinen Cent für Tierschutzorganisationen, die nicht wirklich transparent und offen mit ihren Einnahmen und Ausgaben umgehen. Tierschutz braucht keine Nebelwand! Der seriöse Tierschutz sollte sich viel offensiver von den zahlreichen Geschäftemachern und Aktionisten auf Kosten der Tiere abgrenzen.

Tiere brauchen heute mehr denn je eine menschliche Lobby, Tiere brauchen unser Engagement FÜR sie, ehrliches Engagement mit Sinn und Verstand.


Mittwoch, 27. November 2013

Die Französische Bulldogge - Wo züchten wir hin? (Teil 2/2)

Gerne wird auch hier die Verantwortung auf das Phänomen Vermehrerzucht und Modehund gelenkt. Auch dies ist so nicht richtig, da schon vor mehreren Jahrzehnten Fachzeitschriften diverser Bulldoggenclubs sowie Züchter, wie z. B. Mulin und Watkins davor gewarnt haben, die Hunde nicht zu kurz zu züchten, um Deformation zu vermeiden bzw. nicht zu verstärken. Kein wahrer Tierfreund belastet seine Hündin hier mit Trächtigkeit und Geburt möchte man meinen, die Realität sieht anders aus.

Wo sind die Rasseliebhaber, die hier miteinander arbeiten?

Die gleiche biologische Fehlentwicklung findet man in der Selektion auf zu kurze, zu breite Köpfe im Zusammenhang mit der Kieferstellung und Anzahl der Zähne. Wo sollen die Anlagen eines kompletten Gebisses sich auch entwickeln, wenn man ihnen keinen Platz mehr bietet? Folglich sind Missbildungen, Verkürzungen, Verdrehungen etc. nur eine logische Konsequenz der Natur, die in eine Schablone gepresst wird, die nicht funktionieren kann. Ein langjähriger Züchter und Richter der Französischen Bulldoggen
schließt sogar auf einen Zusammenhang zwischen Zahn- und Kieferfehlstellung und Deformationen des Skelettes! Diese Erkenntnis ist nicht neu und wurde in der Praxis an durchuntersuchten Hunden oft bestätigt. Und immer noch wird in vielen Zuchten auf Zahnstellung und Anzahl nicht geachtet, Deformationen beim Bully werden als normal "rassetypisch" hingenommen, die Konsequenzen daraus nicht bedacht.

Hüftgelenkdysplasie

Die Hüftgelenkdysplasie ist beim Bulldog erschreckend weit verbreitet, es wird selten darauf hin untersucht, weil dies von den meisten Vereinen für die Zuchtzulassung nicht gefordert wird. Der Grund hierfür liegt vermutlich darin, dass ein Bully auch mit einer mittleren HD im zuchtfähigen Alter oftmals nur sehr schwer zu erkennende Symptome im Gangwerk zeigt. Es ist indiskutabel, Erbkrankheiten zu ignorieren, weil der kurze, gut bemuskelte Hund die Deformationen relativ gut kompensieren kann. Aber: Eine HD in Verbund mit Schwachstellen in der Wirbelsäule kann bereits im Jugendalter verheerende Folgen haben. Immer wieder werden Tiere im jungen Alter aufgrund von nicht therapierbaren, multiplen Bandscheibenvorfällen eingeschläfert. Auch hier lässt sich das Problem züchterisch verbessern, wenn man dies denn auch möchte.



Umdenken notwendig!

Es muss im Sinne der Hunde ein Umdenken stattfinden, das angenommene Schönheitsideal, welches viel zu oft auf Ausstellungen belohnt wird vom kurzen, breiten, rutenlosen Bully muss aufgeweicht werden. Hier ist es dringend notwendig das Ideal der "Show-Schönheit" von Zucht zu trennen. Aufgrund der gewünschten Übertypisierung gewinnt ein solide gezogener und stabiler Bully selten bessere Bewertungen als ein "sehr gut". Züchter sollten lernen, dies als Kompliment zu sehen, wenn sie denn unbedingt Zuchthunde in den Shows zeigen wollen.
Es ist nicht richtig Hunde zu züchten, die aufgrund von kurzer Steifigkeit des Körpers nicht mehr in der Lage sind sich selbst zu reinigen, die kein freies, schwungvolles Gangwerk eines kleinen Caniden mehr zeigen, die aufgrund von Blockaden und Deformationen nicht in der Lage sind, die Beine weit unter den Körper zu setzen, von unkomplizierten natürlichen Deckakten und Geburten einmal ganz abgesehen. Hier würde die Natur der Rasse selber einen Einhalt setzen, wenn man sie ließe. Unter anderem aufgrund von eingewachsenen Ruten, die sicher zuchtausschließend behandelt werden sollten, sind Kaiserschnittgeburten einkalkuliert. Fordert man hingegen CT-Untersuchungen der Zuchttiere sind die Kosten zu hoch und das Narkoserisiko zu groß. Welch irrsinniger und bodenlos stupider Gegenspruch!

Der Bully muss ein Bully bleiben, das darf und kann er auch...


Mit kurzem Stupsnäschen und kleiner, frei getragener, beweglicher Rute ist das gewünschte Kindchenschema immer noch vorhanden. Auf dem Weg zu einem stabilen, gesunden Hund muss man aber auch die Scheuklappen des im weit auszulegenden Rassestandards verankerten Ideals einmal öffnen und auch den nicht perfekten Bully in die Zucht mit einbeziehen, der vielleicht eine sehr lange Nase und Rute zeigt, aber mit diesen gesunden Merkmalen seinen Nachfolgern maximale Lebensqualität spenden kann. Die Reihenfolge muss Gesundheit, Wesen, Schönheit sein, wenn wir wieder belastbare, kleine, molossoide Begleithunde wünschen, die von ihrem Wesen und ihrer anpassungsfähigen, humorvollen Art so perfekt in unser heutiges Leben passen.

...denn ein gesunder, wesenstypischer Bully passt hervorragend ins heutige Leben.

Ich danke den mutigen Züchtern, die neugierig und aufgeklärt die Rasse erhalten und verbessern wollen und wünsche Ihnen viel Herz, Verstand und Rückgrat für Ihren Weg. Es ist traurig vielversprechende Hunde aufgrund von Krankheiten auszuscheiden, aber der Genpool kann es noch verkraften, der Wunsch nach stabilen Hunden sollte groß genug sein, dies mit Überzeugung zu tun. Die Rasse ist es wert, auf einem gesunden Niveau erhalten zu werden. Einfach mal im Sinne von Freund Hund darüber nachdenken...


Ein Artikel von Claudia Fuhrmann (Teil 2 von 2) 

Quellen:


Mittwoch, 20. November 2013

Woher kommt der Hund?

Die Frage nach dem Ursprung des Hundes ist der Titel der aktuellen "Science", der weltweit führenden Wissenschaftspublikation. Zahlreiche prominente Forscher zum Thema Ursprung des Hundes wie Wayne, Ovodov, Germonpré, Sablin, Napierala, Uerpmann, Druzhkova, Leonard, Krause, Pääbo oder Shapiro (über deren Arbeit auf Petwatch bereits berichtet wurde) haben sich zu einer großen Untersuchung zusammen getan. Erstmals werden Erkenntnisse der Genetiker und der Archäozoologen annähernd umfassend vernetzt.
SCIENCE COVER The Basenji represents one of the most divergent dog lineages in existence today. Genetic analyses of modern and ancient canids, including some of the oldest known dog remains, place the origin of modern dogs in Europe between 18,800 and 32,100 years ago. See pages 785 and 871. Photo: © Barbara von Hoffmann/Alamy
Umfassende Untersuchung auf archäologischer und genetischer Basis

Wie auf Petwatch berichtet, konnten in den letzten Jahren über 30.000 Jahre alte Fossilien eindeutig als solche von Hunden bestimmt (Ovodov, Druzhkova) oder als solche vermutet werden (Germonpré). Tübinger Wissenschaftler (Napierala, Uerpmann) hatten einen vor 140 Jahren achtlos als Wolfsfossil archivierten Oberkiefer genauer angeschaut und ebenfalls eindeutig als den eines voll domestizierten Hundes identifiziert. Auch von Seiten der Genetiker zeigt sich inzwischen die Tendenz, das Alter des Hundes auf mindestens 14.000 Jahre zu veranschlagen. Genetiker um Savolainen und Pang sehen dabei Nordost-China als Ursprungsregion, Forscher um Wayne eher den Mittleren Osten. Nicht zuletzt kristallisiert sich heraus, dass es möglicherweise mehrfach und an verschiedenen Orten des euroasiatischen Kontinents zur Hundwerdung gekommen sein mag. Die neue Untersuchung gibt ein neues, beachtliches Fundament zur Beantwortung dieser Frage.

Unsere Hunde begleiten den Menschen bereits seit der Altsteinzeit

Die jetzt bei Science veröffentlichte Studie "Complete Mitochondrial Genomes of Ancient Canids Suggest a European Origin of Domestic Dogs" stellt einen neuen Höhepunkt der Erforschung von Alter und Herkunft unserer Hunde dar. In einer Erklärung der Uni Tübingen heißt es: "Danach stammen alle heute lebenden Hunde von europäischen Vorfahren ab. Die Domestikation nahm ihren Anfang im Zeitraum vor 18.800 bis 32.100 Jahren zum Höhepunkt der letzten großen Eiszeit, als europäische Jäger und Sammler die ersten Wölfe zähmten." Der Hund war also bereits tausende Jahre vor der Sesshaftwerdung der ersten Menschen entstanden (vgl. Coppinger).

Studie: Europäer sind als Erste auf den Hund gekommen

In der neuen Studie hat das hochkarätig besetzte internationale Forscherteam erstmals in einer umfassenden genetischen Analyse 18 prähistorische Hundeartige und Wölfe mit 77 modernen Hunden und 49 Wölfen verglichen, darunter so verschiedene Tiere wie den Basenji aus Zentralafrika, den australischen Wildhund Dingo, die in Nordamerika verbreiteten Kojoten als wilde Hundeart sowie mehrere chinesische Hunderassen (Erklärung der Uni Tübingen).
Fotos und Fotomontage: Christoph Jung
Die besondere Herausforderung und Bedeutung dieser Arbeit ist, dass es erstmals gelang, die mitochondriale DNA von zahlreichen fossilen Caniden soweit zu sequenzieren, dass man Verwandschaft und Abstammungslinien bestimmen konnte. "Ich war verblüfft, wie deutlich herauskam, dass die heute lebenden Hunde alle auf gemeinsame Stammbäume zurückgehen, nämlich vier Abstammungslinien, die alle in Europa ihren Anfang nahmen", sagte Olaf Thalmann, der die Untersuchung leitete. Kritiker bemängeln, dass keine Fossilien aus dem Mittleren Osten und China berücksichtigt wurde. Allerdings sind letztere nur maximal 8.000 Jahre alt, also wesentlich jünger.

Das "Wo und Wann" klärt sich immer mehr - doch Warum und Wie?

Die Ergebnisse dieser Untersuchung korrespondieren sehr gut zu dem Modell der "Aktiven sozialen Domestikation des Hundes", das vom Autor dieses Artikels zusammen mit der Neurologin Daniela Pörtl ausgearbeitet und kommende Woche auf dem Kongress der DGPPN in Berlin (Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde) vorgestellt wird. In diesem Modell geht es um das WIE und WARUM dieser einzigartigen interspezifischen Beziehung zwischen Mensch und Hund. Dazu werden die sozialen, psychischen und neurobiologischen Grundlagen von Mensch und Hund analysiert und so ein Blick auf die Geheimnisse dieser besonderen Partnerschaft geworfen.

Wir werden zu diesem Thema in Zukunft verstärkt berichten.

Ein Beitrag von Christoph Jung



Freitag, 15. November 2013

Die Französische Bulldogge - Wo züchten wir hin? (Teil 1/2)

Die Französische Bulldogge wurde bereits in allerhand Portraits und Rassebeschreibungen erwähnt. Immer liest man vom herzigen, drolligen, kleinen Begleithund, der durch seine außergewöhnliche Optik und seinem liebenswerten Wesen einen immer größeren Liebhaberkreis erreicht. Und gerade diese Liebhaber, seien es Züchter, Vereine oder auch den Welpenkäufer möchte ich besonders ansprechen!
Die Bulldogge stammt von den zähen, mutigen und schmerzunempfindlichen Bullenbeißern ab. Dieses Erbe wird ihr oft zum Verhängnis, oder andersrum, hilft es ihr auch, Schmerz zu ertragen und trotzdem einen recht fröhlichen Eindruck zu verbreiten. Der kleine charmante Molosser wird, wie Teile der gesamten Rassehundezucht, in der letzten Zeit zunehmend als Qualzucht zitiert. Es gibt noch zu viele Verantwortliche, welche die dramatische Situation der Gesundheit des Bullys ignorieren, ja sogar negieren.

Nicht wenige Tierärzte raten vom Kauf der Bulldogge ab

Es ist nicht gerade rühmlich, dass man einen Rassehund züchterisch dermaßen verunstalten kann und er als Ergebnis vielfach ohne aufwändige Chirurgie nicht mehr lebensfähig ist. Mittlerweile bieten europaweit etliche Veterinäre Korrekturen der Atemwege an, wenn auch in ganz unterschiedlichen, teils fragwürdigen Qualitäten. Ein Beweis dafür, dass der Bedarf vorhanden ist. Es haben sich ganze veterinärmedizinische Fachrichtungen entwickelt, um den gezüchteten Hunden durch komplizierte Korrekturen ein artgerechtes Leben zu ermöglichen. Ein Pionier auf dem Gebiet der Brachyzephalie ist Prof. Dr. Gerhard Oechtering, der mit seiner entwickelten LATE-OP den übelst verstümmelten, weil auf übertriebene Kurzköpfigkeit gezüchteten Vertretern der Rassen hilft, ein beschwerdearmes Leben zu ermöglichen. Oftmals sind auch hier in Therapie Grenzen gesetzt, da man z.B. zu enge oder nicht ausreichend ausgebildete Luftröhren gar nicht korrigieren kann. Hinzu kommen oftmals Folgeerkrankungen des ausgeprägten brachyzephalen Atemnot-Syndroms, wie Erkrankungen des Herz- und Kreislaufsystems, Missbildungen der Gehörgänge etc. Nicht jeder Halter ist der daraus resultierenden finanziellen und emotionalen Belastung gewachsen. Zu vermittelnde oder schlimmer noch, nicht versorgte Hund sind daher nicht selten. Dieser Umstand alleine hätte zu einem entsetzten Aufschrei und Reaktion in Züchter- und Vereinskreisen führen müssen...tut es aber nicht!
...zwei Welten...

Eigentümliches Verständnis von Tierschutz und Liebhaberei

Auch wenn die Tatsache dieser Entwicklung gerne geleugnet wird, ist es keinesfalls so, dass die Überzahl der behandelten Bulldoggen nur den unkontrollierten und dubiosen Zuchten und Händlerkreisen entstammt. Man trifft auf eine gewisse Akzeptanz genetischer Krankheiten, man hört Ausreden, dass Erbgänge nicht geklärt sind, dass es ein Risiko der Natur ist, kranke Hunde zu züchten, und das ist schlichtweg falsch. Die überwiegende Ursache der Leiden jeder Rasse ist die Verwendung kranker Zuchthunde und falsches Zuchtmanagement!
Das Klientel hinter der Bulldogge hat mitunter, eine ganz eigene Definition von Tierschutz und Liebhaberei. Die Zucht gehört daher in verantwortungsbewusste Hände mit Sachverstand, ein umfassendes veterinärmedizinisches Wissen aufgrund der multiplen Erbkrankheiten ist sicher nicht von Nachteil.

Brachyzephales Atemnotsyndrom

Wie kann man das Brachyzephale Atemnotsyndrom erkennen und züchterisch vorbeugen und bestenfalls verhindern, dass behinderte Welpen, wenn sie denn laut Standard auch noch "schön" sind, in die Zucht gelangen? Eine Studie an diversen Möpsen belegt eindeutig, dass weder die Nasenlänge, die Größe der Nasenlöcher, noch der in einigen Clubs eingeführte Belastungstest klare Hinweise auf die Gesundheit der Atemwege schließen lässt. Die Beurteilung des eigenen Hundes muss auch in Frage gestellt werden, da viele Zuchthunde nicht an die Grenzen belastet werden. Mit Argumenten, die ja bereits wiederum auf die inherenten Probleme hindeuten wie z.B.: Der Bully ist etwas Besonderes, der Bully mag halt keine Sonne, der Bully teilt sich grunzender Weise mit etc. wird das Rasseproblem verniedlicht. Das sind missinterpretierte Symptome einer mittlerweile manifestierten Erbkrankheit! Etliche Bulldoggen mit funktionierender Thermoregulierung, auch bei kurz gezüchtetem Fang, überstehen muntere Spaziergänge bei 30 Grad und mehr. Hier sind die Proportionen von Nasenöffnung bis hin zur Luftröhre das entscheidene Kriterium. Und diese lassen sich anhand der Phänotypbestimmung, wie sie gerne auf Ausstellungen und Zuchtzulassungsprüfungen angewandt werden, nicht beurteilen.
Fährtenbully Quando, 11 Jahre und top fit
Thermoregulierung

Ob die Atemwege des Hundes frei und straff genug sind, ob die Thermoregulierung bei jeder Temperatur funktionieren kann, lässt sich nur durch die Untersuchung mittels CT und Endoskopie sicher feststellen. Zu oft ist man nach Auswertung der CT-Untersuchungen überrascht. Da ist der Deckrüde, der sehr ruhig und ausgeglichen ist und keine übertriebenen Geräusche verursacht, in den Nasengängen, die u.a. für die Thermoregulierung des Hundes verantwortlich sind, viel zu eng und weiträumig verlagert. Und da ist der andere gelegentliche Grunzer, der keine Verengungen der Atemwege aufweist, die zur Atemnot führen könnte. Vielleicht hat der eine Deckrüde aufgrund seines stoischen Temperamentes keine Schwierigkeiten, er kann mit seinen genetischen Anlagen aber eine Menge Unheil in seinen Nachwuchs bringen. Wirksame Zuchtprophylaxe, die eine größere Garantie für gesunde Hunde und zufriedene Welpenkäufer sichern, funktioniert hier nur mit gründlicher Diagnostik. Züchter und Vereine anderer Rassen, die ebenfalls ein Problem mit der Atmung hatten und schnell und umfassend reagierten und betroffene Hunde nicht zur Zucht verwendeten, beweisen eindrucksvoll, wie einfach man den Erbkrankheiten Einhalt gebieten kann. Hier sei der Norwich-Terrier erwähnt.
Madame, die Franz. Bulldogge von Christoph Jung wurde 14 Jahre
ohne je krank gewesen zu sein, war immer fit und hatte das typische, so überaus liebenswerte Bully-Wesen
Verantwortungsbewusste Zucht?

Ein weiteres Problem dieser durch Fehlinterpretation des Rassestandards in den letzten Jahren insgesamt viel zu kurz gezüchtete Rasse sind Deformationen an der Wirbelsäule und den Hüftgelenken. Ein zu kurzer Kopf und eine zu stumpfe Nase, die immer noch viel zu viele Menschen als pervertiertes Schönheitsideal sehen ist von außen gut erkennbar. Es liegt an Züchtern und Käufern selbst, sich solche Hunde für die Verpaarung oder auch für den Welpenkauf auszusuchen und somit den Markt zu bestimmen. Eine gestauchte Wirbelsäule mit all den multiplen Missbildungen, die einhergehen und ebenfalls die Lebenserwartung und Lebensqualität des einzelnen Tieres drastisch senken, ist für einen Laien von außen nicht zu erkennen. Generell kann man sagen, je kürzer der Rücken samt Rute, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Wirbel nicht ausreichend ausbilden können, Dornfortsätze und Wirbel krankhaft verschmelzen und im frühen Alter schmerzhafte Zubildungen entstehen. Eine erbliche Komponente ist hier sicher gegeben, Zuchtversuche haben bewiesen, dass man diese Stauchung in wenigen Schritten der Selektion entspannen kann, wenn man auf die Lage und Ausprägung der Veränderungen Rücksicht nimmt. Unikliniken sammeln Auswertungen für die Entwicklung von Gentests zur Bestimmung des Genoms der Keilwirbel und kommen mangels Proben nicht wirklich weiter.


Ein Artikel von Claudia Fuhrmann (Teil 1 von 2) 

Quellen:


Mittwoch, 13. November 2013

Jagdkumpane - Wie der Hund auf den Menschen kam

Ein sehenswerter Beitrag zu Hintergrund und Entwicklung der Partnerschaft Mensch - Hund wurde am 12.11.13 beim deutsch-französischen TV-Sender Arte ausgestrahlt. Der Film wurde von ORF/Arte produziert. Filmemacherin Ute Gebhardt gibt einen Einblick in die Geheimnisse einer besonderen Beziehung zweier Spezies, der sich sehr wohltuend von der ansonsten üblichen seichten Kost in den Medien zum Thema Hund abhebt.
Wiederholungen: So, 24.11. um 10:05 Uhr
Di, 26.11. um 7:45 Uhr

Screenshot Arte: Jagdkumpane - Wie der Hund auf den Menschen kam

Weitere empfehlenswerte TV Sendungen zum Hund:


Dienstag, 5. November 2013

Faszination Hund

Faszination Hund – Unser Partner mit dem sechsten Sinn: So der Titel eines im schweizer TV gesendeten Beitrags. Es ist die deutschsprachige Fassung der BBC-Doku "Secret life of dogs". Ich möchte diese Dokumentation sehr empfehlen. Sie gibt einen unterhaltsamen und zugleich fundierten Einblick, warum das Wort vom "besten Freund des Menschen" wirklich Hand und Fuß hat.
Screenshot aus "Faszination Hund – Unser Partner mit dem sechsten Sinn" (SRF.ch)
Die Partnerschaft zwischen Mensch und Hund wird hier ohne geschwülstige Worte von Hundeliebe als das Besondere dokumentiert, das sie tatsächlich ist. Die einzigartige Leistungsfähigkeit unserer Hunde mit ihren zahlreichen Spezialisten im Dienste des Menschen, verankert in den verschiedenen Hunderassen, wird eindrucksvoll gezeichnet. Auf Petwatch werden wir in nächster Zeit verstärkt auf die Gründe und Hintergründe des besonderen Verhältnisses von Mensch und Hund eingehen.

Es ist auch bemerkenswert, dass in der großen deutschen TV-Landschaft bisher kein Platz für solche Dokumentationen ist. Und das, obwohl es ja bereits deutsche Fassungen gibt. Die deutschen Fassungen dieser BBC-Doku zum Hund wie auch der wegweisenden BBC-Doku "Pedigree Dogs Exposed", die ebenfalls im Schweizer TV ausgestrahlt wurden, werden bis heute dem Publikum in Deutschland vorenthalten.
Vielen Dank für den Tipp an Claudia und André - von Christoph Jung!

Freitag, 1. November 2013

Schäferhund Verein contra Jan Demeyere

Der weltweit größte Verein rund um eine Hunderasse, der Schäferhund Verein mit Sitz in Augsburg (SV), will sein langjähriges Mitglied Jan Demeyere ausschließen. Jans Vergehen:

Er will einen körperlich und mental gesunden Deutschen Schäferhund (DSH), so einen wie er von Rassegründer Rittmeister von Stephanitz vor gut 100 Jahren konzipiert wurde. Der heutige Schäferhund des SV ist hiervon inzwischen meilenweit entfernt. So entlarvt Jantie umfassend und hartnäckig die Missstände in Zucht und Vermarktung des Deutschen Schäferhundes, wie:
Der echte Deutsche Schäferhund des Rittmeisters von Stephanitz,
der legendäre Arbeitshund und Begleiter,
 hatte selbstverständlich eine kerzengerade, waagerechte Rückenlinie
(um nur eines der heute deformierten Merkmale zu nennen).
 (Foto von 1915)

Für einen gesunden Deutschen Schäferhund!

Statt Jan zu danken und ihm alle erdenkliche Unterstützung zukommen zu lassen, versucht der SV nun, dieses unbequeme Mitglied zu entsorgen. Dazu wurde ein Ausschlussverfahren gegen Jan Demeyere eingeleitet. In den Augen der SV-Funktionäre ist es also vereinsschädigend, wenn man Missstände zulasten der Hunde aufdeckt. Oder sind o.g. in den Augen der SV-Funktionsträger etwa keine Missstände?

Auch der Dachverband VDH spielt hier - wieder einmal - nach außen die Rolle der drei Affen. Eine Rolle, die bereits Dutzende besorgte Freunde anderer Hunderassen erfahren mussten wie etwa beim Dobermann, der Französischen Bulldogge, dem Lundehund, dem Husky, dem Bulldog, dem Border Terrier, der Bordeaux- und der Deutschen Dogge, dem Cavalier King Charles Spaniel, Collie, Azawakh, Sennenhund, Do Khyi und vielen weiteren Hunderassen.

Tierschutzgerede bemäntelt Profitmacherei auf Kosten der Hunde

Das geschwülstige, nicht selten wie eine Monstranz vor der Stirn getragene Gerede von der Liebe zur jeweiligen Hunderasse, von der Liebe zum Hund und von der Tierliebe ganz allgemein entlarvt sich anhand der Realitäten einmal mehr als Täuschungsmanöver. Das gerade in Deutschland inflationär verbreitete Gerede von Hunde- und Tierliebe soll nur verdecken, dass es (auch) beim Hund um ein knallhartes Geschäft und Konsum geht.

Mit Hundenahrung, Hundezucht, Hundehandel, Hundemedizin, Hundecharity, Hundemedien und Hundeerziehung wird viel, sehr viel Geld bewegt: Mehr als 5 Mrd Euro!

Es geht um einem Markt mit einem jährlichen Volumen von mehr als fünf Milliarden Euro pro Jahr, ganz offiziell und alleine in Deutschland. In diesen fünf Milliarden sind die wachsenden Anteile der Charity-Branche rund um den Hund und insbesondere des grauen Marktes des EU-weiten Hundehandels (nicht selten als "Auslandstierschutz" getarnt) wie auch der zahllosen Vermehrer innerhalb Deutschlands noch nicht einmal erfasst. Dieser Markt agiert in weiten Teilen völlig unkontrolliert und zugleich rücksichtslos auf Kosten der Hunde, was sich unter anderem in bewusster Zucht mit Erbkrankheiten, Inzucht und übelster Ausbeutung besonders der Muttertiere bei Vermehrern im In- und Ausland äußert. Über diese brutale Realität zum Wohle des Profites und menschlicher Eitelkeiten wird der Deckmantel der Hundeliebe ausgebreitet. Und wenn dieser Deckmantel aufgedeckt wird, agiert man - mangels ehrlicher Argumente - mit rüden Methoden wie hier dem Ausschlussverfahren, in manchen Bereichen auch mit Mitteln des Rufmordes und der Einschüchterung, Verstöße gegen demokratische und Menschenrechte inbegriffen. Es stören verantwortungsbewusste Züchter, Zuchtvereine und Halter, die auf Missstände hinweisen und sich für den Partner Hund stark machen, halt nur.
SV und VDH beweisen mit ihrem Verhalten gegenüber Jan Demeyere nur einmal mehr, auf welcher Seite sie wirklich stehen. Offene Briefe an den VDH (Auswahl), sämtlich unbeantwortet:

Ein Beitrag von Christoph Jung

Donnerstag, 10. Oktober 2013

Tierschutz - Ohne Worte

Was in Deutschland alles unter "Tierschutz" läuft; Hundehandel und Hundeproduktion - Profitmacherei getarnt als Tierschutz oder "Zucht" gesunder Hunde. Die Realität im Land der selbsternannten Weltobertierschützer; eine Pressemitteilung der Stadt Düsseldorf:

Amt für Verbraucherschutz warnt vor illegaler Einfuhr von Haustieren

Übergabe von 38 Hunden wurde gestoppt / Tiere litten unter schlechten Transportbedingungen

Die Zahl der Tiertransporte aus Süd- und Osteuropa nach Deutschland unter angeblich tierschützerischen Aspekten hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Oftmals erfolgen diese Transporte jedoch unter Missachtung tierschutz- und tierseuchenrechtlicher Vorgaben. In vielen Fällen spielen auch wirtschaftliche Aspekte eine Rolle. Der jüngste Fall: Ende September stoppte das Amt für Verbraucherschutz gemeinsam mit dem städtischen Ordnungs- und Servicedienst auf einem Parkplatz an der Oerschbachstraße einen von verschiedenen Tierschutzorganisationen beauftragten Hundetransport aus Bukarest/Rumänien.

In Düsseldorf sollte ein Teil der Hunde an zukünftige Halter und so genannte Pflegestellen übergeben werden. Den Hinweis auf diesen Transport erhielt das Amt für Verbraucherschutz von einem Zeugen, der einen ähnlichen Transport bereits einige Wochen zuvor beobachtet hatte. Bei der amtstierärztlichen Überprüfung des Tiertransportes wurden so schwerwiegende tierschutz- und tierseuchenrechtliche Mängel festgestellt, dass alle 38 mitgeführten Hunde sichergestellt und vorübergehend anderweitig in Pflege gegeben werden mussten. Bei den transportierten Hunden handelte es sich überwiegend um erst wenige Monate alte Welpen, welche über das Internet gegen so genannte "Schutzgebühren" an ihre neuen Halter vermittelt worden waren.

Die verantwortliche rumänische Transportunternehmerin verfügte nicht über die in der EU vorgeschriebene Zulassung für Tiertransporte. Die Transportbedingungen für die Hunde in dem kleinen Transporter waren katastrophal. Die Tiere saßen bei der Ankunft in Düsseldorf teilweise in schwer verunreinigten Käfigen. Zahlreiche Hunde waren zudem in viel zu kleinen Boxen eingesperrt, einige der Tiere waren offensichtlich krank. Die Tiere zeigten sich insgesamt verängstigt, gestresst und teilweise apathisch.

Aus den mitgeführten Dokumenten war ersichtlich, dass die Hunde bereits seit über 46 Stunden unter diesen Bedingungen transportiert worden waren. Aus Bukarest war der Transport gestartet und zunächst über Wien, Berlin, Hamburg und Hannover nach Düsseldorf gelangt, von dort aus hätten anschließend weitere Hunde in Frankfurt, Kaiserslautern, Stuttgart und München ausgeliefert werden sollen.

Auffällig war insbesondere, dass sich auf dem Transport überwiegend Welpen und Junghunde befanden, die sich in Deutschland leicht vermitteln lassen. Die Art des Transportes stellt einen Verstoß gegen das europäische Tierschutz- und Tierseuchenrecht dar. Neben den tierschutzrechtlichen Aspekten hätten beispielsweise nicht gültig gegen Tollwut geimpfte Welpen überhaupt nicht nach Deutschland transportiert werden dürfen. Des Weiteren fehlten bei allen Hunden die für derartige Transporte in der EU erforderlichen amtstierärztlichen Gesundheitsbescheinigungen.

Ein Teil der Hunde konnte zwischenzeitlich an die künftigen Tierhalter herausgegeben werden. Die ungeimpften Welpen, erkrankte Tiere sowie einige Hunde, bei denen keine gültige Impfung nachgewiesen werden konnte, müssen jedoch weiterhin in Quarantäne bleiben, bis sie gesund und gültig gegen Tollwut geimpft sind. Die anfallenden Kosten in teils beträchtlicher Höhe sind durch die verantwortlichen Tierhalter oder Organisationen zu tragen.

Die Organisation, die den schwer erkrankten Welpen und seine Geschwister nach Deutschland hat transportieren lassen, hat sich seit der Sicherstellung der Welpen übrigens nicht ein einziges Mal nach den Tieren erkundigt.

Düsseldorf, 7.10.2013

Herausgegeben vom
Amt für Kommunikation der Stadt Düsseldorf
www.duesseldorf.de/presse
(Hervorhebung Christoph Jung)


Montag, 16. September 2013

EU Tierschutz Realität beim Hund

Auf Petwatch wurde des öfteren darauf hingewiesen, dass es in der EU keinerlei Richtlinie zur Hundezucht gibt. Es ist maßgeblich die überaus mächtige Lobby der Agrar- und Nahrungsmittelindustrie in Brüssel und Berlin, die solche Richtlinien seit Jahren verhindert. Gesetzliche Mindeststandards für die Zucht würden den Konsumartikel Hund nur verteuern, das heißt tendenziell rein zahlenmäßg weniger werden lassen, und damit insbesondere die Zahl der Abnehmer für die Petfood-Produkte selbiger Industrie. Darüber hinaus untergraben gesunde Hunde den lukrativen Markt der Veterinär- und VetPharma-Branche. Gesetzliche Mindeststandards für die Zucht bei Hund oder Katze bergen zudem die Gefahr, dass solche auch für den Bereich der industriellen Massenproduktion von Tieren eingefordert werden könnten.

Die Journalistin Karin Burger hat nun darauf hingewiesen, dass die EU auch die Verabschiedung von Leitlinien der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE Terrestrial Animal Health Standards Commission: Summary analysis of methods for the euthanasia of dogs) aktiv befördert hat, Leitlinien, die einen brutalen und aus Sicht des Autors tierschutzwidrigen und ethisch nicht vertretbaren Katalog an Tötungsmaßnahmen für Hunde (hier ausdrücklich Straßenhunde) beinhaltet.

EU: Tötung von Straßenhunden "nicht das einzige Verfahren"...
... aber eben Eines!

Die EU-Komission erklärt hierzu am 28. Juni 2011: "Die EU hat die Verabschiedung der internationalen Leitlinien der Weltorganisation für Tiergesundheit für die Populationskontrolle bei herrenlosen Hunden aktiv gefördert. In diesen Leitlinien wird empfohlen, dass die Tötung der Tiere nicht das einzige Verfahren zur Kontrolle der Hundebevölkerung sein sollte und etwaige Tötungen in jedem Fall auf humane Weise durchgeführt werden sollten." (Hervorgebung CJ)

In dem von der EU "aktiv geförderten" Katalog sind aber auch ausdrücklich Maßnahmen wie Erschießen oder Ausbluten gelistet, die hier definitiv nicht als human bezeichnet werden können. Ferner wird eine Erklärung für den Verzicht auf Barbiturate zur Betäubung der zu euthanisierenden Hunde von der EU geliefert: Es könnten in den Kadavern Barbituratreste vorhanden sein und diese könnten damit als Futter andere Tiere gefährden (S.323 s.o.). Damit wird eingeräumt, dass selbst die wirtschaftlich profitable Verwertung der Hundekörper von der EU einkalkuliert wird.

Es wird dem Leser empfohlen, sich anhand der OIS-Leitlinien-Papiers weiter zu informieren. Die Tötungsmethoden werden ab S.322 (Seitenzahl im Dokument) aufgelistet. Zugleich wird ein starkes Nervenkostüm für die Lektüre dieser "Partitur des Grauens" (so Karin Burger) angeraten. Insbesondere wird der Artikel von Karin Burger hierzu empfohlen.

Warum dieser Umgang der EU mit Hunden?

Einige Fragen stellen sich dem Beobachter:
  • Welche Konzerne und Verbände verhindern in Brüssel und Berlin seit Jahren ein praktisch wirksames Tierschutzgesetz zur Hundezucht? 
  • Wer und welche Interessen lassen die EU-Kommission solche Leitlinien zur Massentötung von Hunden aktiv fördern
  • Welche Konzerne stecken hinter dem Hundefutter, das bei Aldi, Fressnapf oder dem Tierarzt voller Liebe zum Hund und voller Sorge um dessen Wohl und Gesundheit angeboten wird? 
  • ... und welche Politiker repräsentierten dieses Verhalten der EU wie auch der deutschen Bundesregierung?
  • ... und was ist mit dem so hohen Tierschutzbewusstsein, das manche Deutsche sich zum "Weltobertierschützer" aufschwingen lässt?


Sonntag, 8. September 2013

Schluss mit dem heutigen System der Ausstellungen!

Das Ausstellungswesen ist eine der tragenden Säulen der modernen Rassehundezucht. Diese entstand vor etwa 150 Jahren. Im Zuge der Industriealisierung hatten nach 1800 fast alle Arbeitshunderassen ihre Arbeit verloren. Der Metzger brauchte sie nicht mehr als Zughunde, um den Karren mit Schweinehälften zu ziehen, der Schmied hatte nun Maschinen, um die Blasebälge der Schmiedefeuer anzutreiben, die Rinderherden wurden vom Stacheldraht "gehütet" und per Eisenbahn "getrieben". Schließlich wurden die in England über Jahrhunderte so beliebten Hundekämpfe endlich verboten. Nur wenige Hunde-Spezialisten, eben Hunderassen, behielten ihre Arbeit, Jagdhunde etwa. Zugleich wuchs in den rasant wachsenden Städten ein breiter Bedarf an Hunden als Begleiter. So entstand die moderne Rassehundezucht.

Ausstellungen statt Arbeit als Kriterium der Qualität eines Hundes

Man wollte die alten Arbeitshunde vom Typ erhalten. Doch die Leistung bei der Arbeit als unbestechlicher Richter über einen guten, typischen Rassehund war weggefallen. So schuf man "künstliche" Instrumente, um die Qualität eines Hundes zu beurteilen. Neben Rassebeschreibungen, den Standards, und künstlich isolierten Genpools per Ahnentafeln, wurde der Ring auf Ausstellungen zum entscheidenden Maßstab. Einzelne Richter beurteilen nun seit über 140 Jahren die Hunde im Wesentlichen nach ihrem äußeren Erscheinungsbild. Eine kurze Beschau, ein, zwei Runden im Ring - so werden bei den meisten Hunderassen auch heute noch Bewertungen und Championate vergeben. Das Wesen, die körperliche und mentale Gesundheit spielen hier kaum eine Rolle. Ja, durch darüber hinaus isolierte Genpools und Inzucht wurde die ursprünglich extrem robuste Gesundheit der Hunde systematisch demontiert. Äußerlichkeiten - und diese zumeist ins Extreme ausgebildet - sind das Kriterium. Das sind die Konstruktionsfehler der modernen Rassehundezucht, längst bekannt aber unbeirrt weiter praktiziert!
Deformierter Kopf ohne Nase - hier ein Japan Chin
auf der VDH Ausstellung Leipzig 2013 (Foto: Christoph Jung)
Konstruktionsfehler der modernen Rassehundezucht

Das Ausstellungswesen ist einer der wesentlichen Konstruktionsfehler der modernen Rassehundezucht. Es bedarf schleunigst einer grundlegenden Reform, um die Rassehundezucht zu retten und von Menschen systematisch erzeugtes Tierleid zu beenden. Das ist keine Übertreibung, denn die Rassehundezucht krankt im wahrsten Sinne des Wortes. Allein hier auf Petwatch haben wir Dutzende Hunderassen vorgestellt, die an schwersten, oft tödlichen, jedoch allein durch den Menschen gemachten oder/und verbreiteten Krankheiten leiden (Beispiel Dobermann, Lundehund, Bulldog, Cavalier King Charles Spaniel). Doch wenden sich die Hundezuchtverbände bereits gegen die kleinsten Reformen wie beispielsweise eine unabhängige tierärztliche Kontrolle auf den Ausstellungen zur Verhinderung der ärgsten, evidenden Auswüchse (siehe Bulldog, VDH Leipzig 2013).
Dieser Bulldog wurde im August 2013 Champion bei der VDH Ausstellung in Leipzig trotz evidentem Verstoß gegen den geltenden Standard, der Nasenfalten explizit als schweren Fehler verbietet
(Foto: Christoph Jung)
Namhafte Tiermediziner, Genetiker, Kynologen stellen dem heutigen Ausstellungswesen ein vernichtendes Zeugnis aus. Und das nicht erst seit ein paar Jahren. Trotzdem ändert sich rein garnichts zum Wohle der Hunde. Denn es gibt mächtige Kräfte, die am Erhalt des Status Quo im Hundemarkt interessiert sind: Ein Wirtschaftszweig im Volumen von mehr als 5 Milliarden Euro pro Jahr allein in Deutschland. Verdient wird an der schieren Masse der Hunde und besonders gut am kranken Hund, wie es der Autor bereits 2009 in "Schwarzbuch Hund" nachgewiesen hat.

Es gibt gewichtige Kräfte, die ein Interesse am Erhalt des heutigen Zucht- und Ausstellungssystems haben. Hier wurde bereits mehrfach über das Interesse der Zuchtverbände berichtet. So erwirtschaftet der VDH den Löwenanteil seiner Einnahmen durch Ausstellungen. Auch die Mehrheit der Züchter hat ein Interesse am Erhalt des heutigen Ausstellungssystems, sichert es doch den Wert des prämierten Zwingers und das Ansehen in der Szene. Mit einem Champion in der Ahnentafel lassen sich Welpen teurer vermarkten und steigen die Decktaxen der Rüden. Im Hintergrund aber halten mächtige Industriekonzerne die Fäden in der Hand. Sie konnten bisher erfolgreich durchsetzen, dass es in der EU keinerlei Vorschriften zur Hundezucht und kein Verbot des Hundehandels gibt.
Es gibt leider nur wenige Tierärzte wie Dirk Schrader, der hier eine Franz. Bulldogge operiert, die das Hundezuchtsystem offen kritisieren. Foto aus 3-Sat Wissenschaftsdoku "Mensch, Hund! Der Rasse-Wahn und seine Folgen", die am Donnerstag, 12.9.13 um 20.15h gesendet wird.

Agrar- und Nahrungsmittelkonzerne beherrschen das Hundegeschäft

Der wohl mächtigste Player ist ein Zuckerriegel-Produzent aus Virginia, USA. Mars mit seiner Heimtiersparte Mars Petcare ist seit Jahrzehnten der größte Lobbiist der Hundebranche sei es in Brüssel oder Berlin, in Veterinär-Universitäten oder eben in der Hundezucht. Kaum eine Ausstellung in Deutschland oder Europa findet ohne Mars als Hauptsponsor statt. Mars-Marken wie Pedigree oder Royal Canin dominieren die Werbung auf den Hundeausstellungen, im Hundezuchtwesen und der gesamten Hundeszene. Mars-Werbung dominiert TV-Sendungen wie Hundkatzemaus und praktisch alle Print-Magazine. Neben Mars beherrschen weitere Big-Player die Hunde-Branche. Fast alle sind Sparten der großen internationalen Nahrungs- und Agrarkonzerne, jene Konzerne, die auch die industrielle Massentierproduktion zu verantworten haben. Sie mutieren beim Heimtierfutter zum Tierfreund.
Die meisten Hundefutter-Produzenten und Vetpharma-Konzerne zeigen in Brüssel und Berlin keinerlei Interesse an einer Verbesserung der Lage in Hundezucht und Hundehandel. Sie verdienen hervorragend an jedem Hund im konsumstarken Deutschland. Je mehr Hunde in Deutschland desto mehr, je höher die Mindeststandards in der Zucht desto weniger Profit. Wenn europaweit billigst und unter elenden Bedingungen produzierte Hunde den deutschen Markt bedienen, so ist es auch recht. Danach fragt keine Kasse bei Aldi oder Fressnapf. Ein kritisches Bewusstsein der Welpenkäufer und Hundehalter hinsichtlich der realen Tierschutz-Zustände in Deutschland, der Zuchtstandards, Herkunft der Welpen oder Ernährung stört diesen Markt nur. Gesetzliche Mindeststandards bei Hundezucht oder Hundeausstellungen stören nur das hoch profitable Geschäft mit dem Hund. So wurde bei der Novellierung des Tierschutzgesetzes 2013 selbst die Vorschrift gestrichen, die ein explizites Ausstellungsverbot für Hunde mit Qualzuchtmerkmalen vorsah.

Warum gibt es keine gesetzlichen Mindeststandards?

Es ist schon bemerkenswert, dass es in der EU zu jeder Banane und jeder Gurke seitenweise penible Vorschriften gibt, aber keine einzige zur Hundezucht. Jeder Angler, der eine Rotauge aus dem Tümpel holen will, braucht einen Angelschein und zusätzlich eine konkrete Erlaubnis. Wer Hunde züchten will braucht hiervon nichts. Zwielichtige "Tierschutz"organisationen importieren massenweise Hunde nach Deutschland. Selbst einen Hundezuchtverein kann jeder gründen ohne den geringsten Nachweis der Fachkunde und dann ganz legal "Papiere" ausstellen und auf Ausstellungen Champions küren. Und so ändert sich auch nichts am Ausstellungswesen trotz der teils skurrilen und evident tierschutzwidrigen Auswüchse.

Es gibt mächtige Interessen am Erhalt des "kranken" Ausstellungswesens. Das funktioniert aber nur solange wir Hundefreunde still und leider oft genug unkritisch mitmachen. Für eine Zukunft der einmaligen, besonderen Partnerschaft Mensch - Hund bedarf es einer grundlegenden Reform des Zuchtwesens. Heute ist der kritische, bewusst agierende Hundefreund gefragt, der sich nicht vom seichtem Tierliebe-Geschwafel in Werbung und Medien sedieren lässt. Hunde brauchen keine selbstgerechten Konsumenten vielmehr nüchtern denkende Anwälte ihrer Interessen. Es liegt auch an uns als "Verbraucher", als Hunde- und Tierfreund, diesem System die Rote Karte zu zeigen - "Stell dir vor es ist Hundeausstellung und keiner geht hin."

(ein Artikel von Christoph Jung)






Dienstag, 27. August 2013

Viel Rasse, volle Kasse - Das Geschäft mit der Hundezucht

Unter dem Titel "Viel Rasse, volle Kasse - Das Geschäft mit der Hundezucht" zeigte der WDR einen sehr sehenswerten Beitrag zum Thema. Im Gegensatz zur ersten "die story"-Reportage von Philipp Hampl, die hier vor genau zwei Jahren auf Kritik stieß, wurden nun Lösungen aus der Misere genannt. Tierarzt Dr. Unna fordert u.a. ein Umdenken der Verbraucher, wie er die Welpenkäufer in diesem Zusammenhang nennt. Er fordert uns Welpenkäufer auf, mehr auf die Gesundheit, hinsichtlich Zucht, Standard, Haltung und Sozialisation der Hunde zu achten.
Screenshot aus der Sendung des WDR
"Viel Rasse, volle Kasse - Das Geschäft mit der Hundezucht" 26.8.2013
Und das ist wirklich so. Gäbe es nicht die vielen "Hundefreunde", die Welpen aus Inzucht und Qualzucht (sei es die sichtbare wie bei Mops oder Japan Chin oder die unsichtbare wie bei Cavalier King Charles Spaniel oder Dobermann) kaufen würden, und gäbe es keine "Hundefreunde", die beim Hundehändler oder auf dem Markt ihren Hund kaufen würden - den Hunden würde sehr viel Elend erspart.

... und alle reden von Tierschutz und Liebe zum Hund

Dieser Bulldog wurde auf der VDH-Ausstellung in Leipzig am 25.8.13 auf den ersten Platz gestellt.
Man achte auf die Nasenfalte.
Im geltenden Standard heißt es:
"schwere Nasenfalten sind unerwünscht und sollten schwer bestraft werden." *
(Foto: Christoph Jung)

... und der VDH-Vorstand redet besonders gerne von Tierschutz.

In der o.a. ersten WDR-Sendung stand der Bulldog im Mittelpunkt. Damals redete sich der VDH damit heraus, dass er den Bulldog Zuchtverein ACEB aus dem VDH ausgeschlossen hatte und sich ab sofort selbst um die Gesundung dieser Rasse kümmern werde. Die Realität auf den Ausstellungen und in manchen Zuchtvereinen sieht diametral anders aus. Selbst der geltende Standard, der 2009 ausdrücklich zur Gesundung des Bulldogs geändert wurde, wird regelmäßig auf den VDH-Ausstellungen ignoriert (und nicht nur dort). Und der VDH ist seit 2011 direkt und unmittelbar für die Zucht des Bulldogs wie auch die Einladung und Instruktion der Ausstellungsrichter verantwortlich!

VDH Realität 2013
Siegerbulldog des VDH - widerspricht evident dem geltenden Standard*
(Foto: Christoph Jung)

Wir tragen die Verantwortung für das alltägliche Hundeelend mitten in Deutschland. 

Auch die einzelnen Züchter, die Zuchtverbände, das Zuchtsystem, die Tierärzteschaft, die machtvollen Sponsoren aus der Futter- und Pharma-Industrie, die dieses System erst am Laufen hält, die Hunde-Medien und schließlich auch der Gesetzgeber, alle tragen Verantwortung - WIR!!!



Christoph Jung


* Auszug aus dem gültigen FCI Standard vom 23. 03. 2011 / DE

FCI - Standard Nr. 149 BULLDOG


 "... die Haut auf dem Kopf und um ihn herum etwas lose mit feinen nicht übertriebenen Falten, die weder abstehen noch das Gesicht überlappen dürfen."

"... schwere Nasenfalten sind unerwünscht und sollten schwer bestraft werden."

Sonntag, 4. August 2013

Genanalyse bestätigt: Hunde gabs vor 33.000 Jahren

Es ist unstrittig und landläufig bekannt, dass der Hund das erste und älteste Haustier ist. Und es ist heute unter Wissenschaftlern ebenso unstrittig, dass der Hund allein vom Wolf (Canis Lupus) abstammt. Man weiß aber immer noch kaum etwas darüber, wann genau diese besondere und einzigartige Partnerschaft entstand. Und man weiß noch viel weniger darüber, wie es dazu kam, dass ausgerechnet aus dem für Menschen potenziell gefährlichen Beutegreifer und Nahrungskonkurrenten, dem Wolf, das erste Haustier und der "beste Freund" entstand.
Wolf (Canis Lupus)
(Foto: Christoph Jung)
Wie alt ist die Partnerschaft Mensch - Hund?

Seit gut 10 Jahren interessieren sich die Wissenschaften, in erster Linie Genetiker, Zoologen und Archäologen, ernsthaft für die Entstehung des Hundes. Seither wird der Beginn der Hundwerdung immer weiter nach hinten verschoben. 2011 veröffentlichten russische Wissenschaftler um Nikolai Ovodov eine Untersuchung von Fossilien aus der Razboinichya Höhle im Altai-Gebirge Süd-Sibiriens. Die Vermessungen von 3 erhaltenen Schädeln sowie Unterkiefern ließen die Forscher zu der Überzeugung kommen, dass es sich hier eindeutig um frühe Hunde handeln müsse. Diese kräftigen Hunde seien vom Körperbau her ähnlich heutiger Grönlandhunde vorzustellen. Die eigentliche Sensation war das Alter dieser Hunde-Fossilien, das anhand bewährter Standardmethoden wie Radiocarbon-Messungen auf 33.000 Jahre datiert wurde.
Grönlandhund
(Foto: Wikipedia)
DNA-Analyse bestätigt 33.000 Jahre alte Hunde

Im März 2013 veröffentlichte ein weiteres Forscherteam aus Novosibirsk um Anna Drushkova von der russischen Akademie der Wissenschaften eine Untersuchung der DNA. Es gelang, aus den Fossilien DNA-Stränge zu isolieren und zu analysieren. Auch hier waren die Ergebnisse recht eindeutig. Die DNA gleicht heutigen Hunden signifikant und zwar um den Faktor 4 mehr als anderen damaligen Caniden oder heutigen Wölfen. Somit ist auf recht sicherer Grundlage der Nachweis erbracht, dass bereits in der Altsteinzeit und noch vor dem Höhepunkt der letzten Eiszeit (LGM vor 26.500 - 19.000 Jahren) erste Hunde den Menschen begleiteten.

Die Forscher weisen darauf hin, dass dieses Ergebnis noch nicht heiße, dass diese Hunde bereits direkte Vorfahren unserer heutigen Hunde gewesen sein müssen. Vielmehr sei es durchaus möglich, dass diese Population wieder erloschen sei, etwa die Hochphase der letzten Eiszeit, das LGM, nicht überstanden haben könnte. Ein ähnliches Schicksal könnte den Hund ähnlichen Alters ereilt haben, der 2008 von Mietje Germonpré von der Belgischen Akademie der Wissenschaften gefunden wurde.
Hundeschädel von Goyet (Belgien) - auf 31.000 Jahre datiert
(Foto und Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Mietje Germonpré)
Die Hinweise der Wissenschaft verdichten sich, dass die Partnerschaft mit dem Hund ein sehr alter Teil der Menschheitsgeschichte ist. Unsere Vorfahren wurden bereits vor mehr als 30.000 Jahren zumindest phasenweise und seit 15.000 oder vielleicht sogar noch sehr viel mehr Jahren durchgängig von Hunden begleitet. Zahlreiche Befunde belegen das Zeitfenster von 15 - 20.000 Jahren der Hundehaltung, also nach dem LGM. Vieles deutet auch darauf hin, dass die Hundwerdung zu unterschiedlichen Epochen und an unterschiedlichen Orten mehrfach und unabhängig voneinander stattgefunden hat.

Was wäre aus den Menschen geworden ohne den Partner Hund?

Es ist ein spannendes Stück Forschung, das noch vor uns liegt. Und es geht dabei nicht nur um den Hund. Denn die Geschichte des Hundes ist zugleich Teil der Menschheitsgeschichte. Unsere Geschichte ist seit 30.000 Jahen viel enger mit dem Hund verwoben als wir landläufig annehmen. Und ich neige zu der Ansicht, dass erst die Partnerschaft mit dem Hund uns Menschen manchen Sprung möglich machte wie etwa den Beginn der Viehhaltung vor 12.000 Jahren oder die Erschließung der nördlichen Lebensräume. Aber auch für die Herausbildung der hervorragenden intellektuellen und sozialen Leistungsfähigkeit unserer Vorfahren, der Cro Magnon, kann die Partnerschaft zum Hund ein entscheidender Katalysator gewesen sein. Wir sind wahrscheinlich psychisch und neurobiologisch viel enger mit dem Hund verbunden, als uns bisher bewusst und manchen Weltanschauungen oder Religionen lieb ist.


Ein Beitrag von Christoph Jung


 
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