Mittwoch, 27. November 2013

Die Französische Bulldogge - Wo züchten wir hin? (Teil 2/2)

Gerne wird auch hier die Verantwortung auf das Phänomen Vermehrerzucht und Modehund gelenkt. Auch dies ist so nicht richtig, da schon vor mehreren Jahrzehnten Fachzeitschriften diverser Bulldoggenclubs sowie Züchter, wie z. B. Mulin und Watkins davor gewarnt haben, die Hunde nicht zu kurz zu züchten, um Deformation zu vermeiden bzw. nicht zu verstärken. Kein wahrer Tierfreund belastet seine Hündin hier mit Trächtigkeit und Geburt möchte man meinen, die Realität sieht anders aus.

Wo sind die Rasseliebhaber, die hier miteinander arbeiten?

Die gleiche biologische Fehlentwicklung findet man in der Selektion auf zu kurze, zu breite Köpfe im Zusammenhang mit der Kieferstellung und Anzahl der Zähne. Wo sollen die Anlagen eines kompletten Gebisses sich auch entwickeln, wenn man ihnen keinen Platz mehr bietet? Folglich sind Missbildungen, Verkürzungen, Verdrehungen etc. nur eine logische Konsequenz der Natur, die in eine Schablone gepresst wird, die nicht funktionieren kann. Ein langjähriger Züchter und Richter der Französischen Bulldoggen
schließt sogar auf einen Zusammenhang zwischen Zahn- und Kieferfehlstellung und Deformationen des Skelettes! Diese Erkenntnis ist nicht neu und wurde in der Praxis an durchuntersuchten Hunden oft bestätigt. Und immer noch wird in vielen Zuchten auf Zahnstellung und Anzahl nicht geachtet, Deformationen beim Bully werden als normal "rassetypisch" hingenommen, die Konsequenzen daraus nicht bedacht.

Hüftgelenkdysplasie

Die Hüftgelenkdysplasie ist beim Bulldog erschreckend weit verbreitet, es wird selten darauf hin untersucht, weil dies von den meisten Vereinen für die Zuchtzulassung nicht gefordert wird. Der Grund hierfür liegt vermutlich darin, dass ein Bully auch mit einer mittleren HD im zuchtfähigen Alter oftmals nur sehr schwer zu erkennende Symptome im Gangwerk zeigt. Es ist indiskutabel, Erbkrankheiten zu ignorieren, weil der kurze, gut bemuskelte Hund die Deformationen relativ gut kompensieren kann. Aber: Eine HD in Verbund mit Schwachstellen in der Wirbelsäule kann bereits im Jugendalter verheerende Folgen haben. Immer wieder werden Tiere im jungen Alter aufgrund von nicht therapierbaren, multiplen Bandscheibenvorfällen eingeschläfert. Auch hier lässt sich das Problem züchterisch verbessern, wenn man dies denn auch möchte.



Umdenken notwendig!

Es muss im Sinne der Hunde ein Umdenken stattfinden, das angenommene Schönheitsideal, welches viel zu oft auf Ausstellungen belohnt wird vom kurzen, breiten, rutenlosen Bully muss aufgeweicht werden. Hier ist es dringend notwendig das Ideal der "Show-Schönheit" von Zucht zu trennen. Aufgrund der gewünschten Übertypisierung gewinnt ein solide gezogener und stabiler Bully selten bessere Bewertungen als ein "sehr gut". Züchter sollten lernen, dies als Kompliment zu sehen, wenn sie denn unbedingt Zuchthunde in den Shows zeigen wollen.
Es ist nicht richtig Hunde zu züchten, die aufgrund von kurzer Steifigkeit des Körpers nicht mehr in der Lage sind sich selbst zu reinigen, die kein freies, schwungvolles Gangwerk eines kleinen Caniden mehr zeigen, die aufgrund von Blockaden und Deformationen nicht in der Lage sind, die Beine weit unter den Körper zu setzen, von unkomplizierten natürlichen Deckakten und Geburten einmal ganz abgesehen. Hier würde die Natur der Rasse selber einen Einhalt setzen, wenn man sie ließe. Unter anderem aufgrund von eingewachsenen Ruten, die sicher zuchtausschließend behandelt werden sollten, sind Kaiserschnittgeburten einkalkuliert. Fordert man hingegen CT-Untersuchungen der Zuchttiere sind die Kosten zu hoch und das Narkoserisiko zu groß. Welch irrsinniger und bodenlos stupider Gegenspruch!

Der Bully muss ein Bully bleiben, das darf und kann er auch...


Mit kurzem Stupsnäschen und kleiner, frei getragener, beweglicher Rute ist das gewünschte Kindchenschema immer noch vorhanden. Auf dem Weg zu einem stabilen, gesunden Hund muss man aber auch die Scheuklappen des im weit auszulegenden Rassestandards verankerten Ideals einmal öffnen und auch den nicht perfekten Bully in die Zucht mit einbeziehen, der vielleicht eine sehr lange Nase und Rute zeigt, aber mit diesen gesunden Merkmalen seinen Nachfolgern maximale Lebensqualität spenden kann. Die Reihenfolge muss Gesundheit, Wesen, Schönheit sein, wenn wir wieder belastbare, kleine, molossoide Begleithunde wünschen, die von ihrem Wesen und ihrer anpassungsfähigen, humorvollen Art so perfekt in unser heutiges Leben passen.

...denn ein gesunder, wesenstypischer Bully passt hervorragend ins heutige Leben.

Ich danke den mutigen Züchtern, die neugierig und aufgeklärt die Rasse erhalten und verbessern wollen und wünsche Ihnen viel Herz, Verstand und Rückgrat für Ihren Weg. Es ist traurig vielversprechende Hunde aufgrund von Krankheiten auszuscheiden, aber der Genpool kann es noch verkraften, der Wunsch nach stabilen Hunden sollte groß genug sein, dies mit Überzeugung zu tun. Die Rasse ist es wert, auf einem gesunden Niveau erhalten zu werden. Einfach mal im Sinne von Freund Hund darüber nachdenken...


Ein Artikel von Claudia Fuhrmann (Teil 2 von 2) 

Quellen:


 
Petwatch Blog