Mit "Praxis der hundegestützten Therapie: Grundlagen und Anwendung" haben sich nun zwei ausgewiesene Fachleute aus der Praxis zu Wort gemeldet. Der Psychotherapeut und Psychologe Dr. Rainer Wohlfarth, psychologischer Leiter an der Max-Grundig-Klinik im Schwarzwald und Präsident der ESAAT (European Society for Animal Assisted Therapy), und Bettina Mutschler, Dozentin für Hundeerziehung, ergänzen sich in ihrem Buch geradezu optimal in ihrem unterschiedlichem Zugang zu diesem Thema. Dr. Wohlfarth nähert sich aus der Sicht des Psychotherapeuten eher von der "menschlichen Seite", Frau Mutschler eher "über den Akteur Hund". Beiden zusammen gelingt somit eine umfassende und fundierte Darstellung der hundegestützten Therapie in all ihren Aspekten, von der Co-Evolution Hund-Mensch, der Geschichte und Entwicklung der tiergestützten Therapie, ihren wissenschaftlichen Grundlagen über die therapeutische Arbeit bis hin zu Tierethik und der Organisation, Evaluation, den rechtlichen Grundlagen und dem Qualitätsmanagement in der Durchführung der hundegestützten Therapie.
Praxis der hundegestützten Therapie: Grundlagen und Anwendung (mensch & tier) von Rainer Wohlfarth und Bettina Mutschler |
Der therapeutische Schwerpunkt wird dabei aus psychotherapeutischer Sicht beleuchtet mit Ausblick auch auf andere Therapieformen wie Ergo- oder Physiotherapie. Sehr klar und deutlich wird hergeleitet, dass die hundegestützte Therapie IMMER ein Zusatz zu den grundlegenden Therapieverfahren wie Psychotherapie, Ergo- und Physiotherapie ist und NIE ein eigenständiges Therapieverfahren. Voraussetzung ist somit ein Therapeut mit fundierter Ausbildung, der sich zusätzlich in hundegestützter Therapie weitergebildet hat. Hier liegt, wie die Autoren darlegen, bereits die Schwierigkeit, da es bisher noch keine einheitliche zertifizierte Ausbildung in hundegestützter Therapie gibt.
Der Hund als Arbeitspartner
Immer aber steht der Klient im Fokus, der Hund ist Arbeitspartner nicht Arbeitsmittel, im Buch passend als "Therapiebegleithund" benannt. Der Hund macht aus der therapeutischen Dyade eine Triade und bringt immer auch eigene Aspekte und seine Persönlichkeit mit ein. Hierin liegt der zusätzliche Gewinn der hundegestützten Therapie aber auch ihre Herausforderung. Hunde "ergänzen das Mängelwesen Therapeut mit ihren ganz bestimmten Qualitäten" wie ihrer non verbalen Kommunikation, ihrem Leben im Augenblick, ihrer Kooperation sowie ihrem Vertrauen und ihrer auch körperlichen Zuwendung, die so mit einem menschlichen Therapeuten absolut undenkbar, ja obsolet ist.
Hundegestützte Therapie wirkt über eine echte emotionale sichere Bindung, die Vertrauen und Entspannung fördert und Stressreaktionen senkt. Hundegestützte Therapie ist immer eine zielgerichtete und strukturierte Arbeit und hebt sich so von den Besuchen einer Hundehalterin mit ihrem Familienhund im Altenheim deutlich ab. In der hundegestützten Therapie wirkt der Hund u.a. als "Eisbrecher", Bindungsfigur, Motivator, Projektionsfläche, Förderer von Kommunikation und Selbstwert. Immer wieder thematisieren die Autoren dabei, dass sowohl der menschliche als auch der tierische Therapeut eine umfassende und spezifische Ausbildung benötigen. Dabei steht neben dem Klienten immer auch das Wohlergehendes Hundes im Fokus.
Insgesamt aus meiner Sicht das bisher beste Buch zum Thema hundegestützte Therapie mit praxisorientiertem Anspruch. Das Buch informiert umfassend über alle praxisrelevanten Aspekte der hundegestützten Therapie ohne dabei "Kochrezepte" für den Hausgebrauch zu liefern; denn hundegestützte Therapie ist eine fachbezogene Weiterbildung, die in die Hand qualifizierter Ausbildungsinstitute, die teils noch zu schaffen wären, gehört.
Ein Beitrag von Daniela Pörtl, Ärztin
Leiterin einer Psychiatrischen Institutsambulanz
Autorin (zusammen mit Christoph Jung) von "Tierisch beste Freunde: Mensch und Hund - von Streicheln, Stress und Oxytocin" im Schattauer-Verlag, Stuttgart erschienen.