Wer jemals in seinem Leben einen wenige Wochen alten Welpen in den Händen gehalten hat oder nur seine ersten unbeholfenen Schritte ins Leben aufmerksam beobachtet hat, der weiss, dass man sich der Faszination dieser Augenblicke nur schwer entziehen kann.
Wenn sich eine Familie entschlossen hat, einen Hund als weiteres Familienmitglied aufzunehmen, dann ist mit diesem Entschluss eine weitgehende psychologische Weichenstellung verbunden, welche die grosse Gefahr birgt, kritische Beurteilungskriterien in den Hintergrund rutschen zu lassen.
Man freut sich auf den neuen Hausgenossen und wenn man den wenige Wochen alten Kleinen zum ersten Mal sieht und er sich einem an die Hand kuschelt, dann ist es um einen geschehen. „Der muss es sein" - viele Leser kennen dieses Gefühl, man kann sich dieser Faszination nicht entziehen, es ist nur menschlich und vollkommen normal.
"Liebe macht blind"
Wer würde nach so einem Erlebnis noch nach Untersuchungsergebnissen und Attesten der Eltern fragen? Richtig – kaum einer. Im Gegenteil, würde es jemand doch tun, könnte man auf den Gedanken kommen, dass dieser jemand nicht der Richtige ist, dem man einen Welpen anvertrauen soll.
Ich kann dies aus eigener Erfahrung berichten als wir unsere Eurasierhündin Briska zum Crutzen mit 4 Wochen das erste Mal sahen. Wir dachten nicht in Traum daran, die Züchter nach irgendwelchen Attesten der Eltern zu fragen. Wir waren hin und weg und konnten den Übergabezeitpunkt nicht mehr erwarten. Heute, gut 7 Jahre später, ist mir klar, welches Glück wir hatten, dass Briska sich zu einem gesunden Eurasier entwickelt hat, es hätte auch anders kommen können.
Aufklärung und Information der Welpenkäufer nur selten
Als wir mit Briska dann im Jahr 2004 einen Wurf hatten, beschlossen wir, dass wir den Welpenkäufern eine Mappe mit übergeben, die Kopien aller Untersuchungsergebnisse der beiden Elterntiere enthält. Bereits bei den ersten Telefonaten mit den Welpeninteressenten wies ich diese daraufhin, dass ich alle diese Informationen für sie zusammenstelle und mit übergebe.
Diese allesamt wunderbaren Menschen, die schliesslich dann einen Eurasier von uns abholten, reagierten genauso wie wir gut 3 Jahre zuvor, als wir unsere Briska abholten. Diese Mappe mit den Ergebnissen war das wohl unwichtigste Ding überhaupt, es ging um den Welpen und das war alles - und das war auch gut so.
Wir als Züchter hatten aber die Gewissheit, dass wir unseren Welpenkäufern alle Informationen mit gegeben hatten, die wir zum Zeitpunkt der Wurfplanung belegen konnten.
Mit ist klar, dass gegen diese vollkommen menschliche Handlungsweise kein Mensch gefeit ist. Der Versuch, allen Welpeninteressenten, egal welcher Rasse, nahe zulegen, das sie wenigstens ein klein wenig darauf achten, ob und wie der Züchter bereit ist, Auskünfte über die Eltern zu erteilen, erscheint deshalb wie das Anrennen gegen eine massive Mauer.
Trotzdem hoffe ich, dass zumindest alle Leser dieser Zeilen, die mit dem Gedanken spielen, sich einen Rassehundwelpen zu kaufen, daran denken.
Um nicht dem Charme eines Welpen bei der ersten Begegnung zu erliegen und alle guten Vorsätze dann wieder über Bord zu werfen, empfehle ich, dass sie sich VOR der ersten Begegnung mit ihrem Welpen, Einblick in die Unterlagen gewähren lassen.
Viel Leid und Enttäuschung könnte so manch unbedarften und vertrauensseligen Welpenkäufer erspart bleiben, würde er diese Vorsichtsmassnahme beherzigen.
Der Autor
Johann Bucher (Diplomphysiker)
Jahrgang 1961
Eurasierzüchter