Mittwoch, 14. Oktober 2009

Keine Haftung für kranke Zuchtprodukte

Viele Hunderassen sind durch jahrzehnte lange Versäumnisse der Zucht mit ernsthaften Erbkrankheiten belastet. Bei manchen Rassen finden sich kaum noch genetisch gesunde Hunde und viele Rassen sind sogar durch ein ganzes Bündel von Erbkrankheiten belastet; alles Versäumnisse der Zucht.

Wird ein Welpe verkauft, so handelt es sich um ein ganz normales Geschäft nach dem BGB. Der Welpe ist juristisch die Ware für die dann selbstverständlich auch die für Waren üblichen gesetzlichen Gewährleistungsrechte und-pflichten gelten. Das heisst, erhält ein Welpenkäufer einen Hund, der zum Verkaufszeitpunkt bereits krank war, so muss der Verkäufer, bzw. Züchter als Produzent der Ware Hund, dafür gerade stehen.

Kranke Hunde züchten - aber bitte ohne Gewähr

Es sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit und zumindest eine Frage des Anstands sein, dass ein Verkäufer auch für die Mängel an dem verkauften Gut gerade steht. Nicht so beim Hund. Mit verschiedenen Methoden versuchen sich insbesondere solche Züchter aus der Verantwortung zu stehlen, die die krankesten Hunde züchten. Und dieser Haftungsausschluss hat System, wird sogar von ganzen Zuchtvereinen und Dachverbänden bewusst organisiert. Alles natürlich nur aus "Liebe zum Hund" und auf den bunten Webpages werden genau diese Krankheiten verheimlicht oder schön geredet.

So erklärt die Justiziarin und Mitglied der Satzungskommission des VDH, Rechtsanwältin Claudia Marienfeldt, ganz offen:

"Gebrauchen Sie Allgemeine Geschäftsbedingungen, also sog. Musterverträge, so ist z.B. beim Verkauf eines Welpen, also einer neu hergestellten Sache (nach einem Gerichtsurteil ist ein 9 Wochen alter Welpe eine neu hergestellte Sache) der Ausschluss der Gewährleistungsrechte des Käufers nicht möglich ! ...
Die an sich in Deutschland bestehende Vertragsfreiheit wird beim Hundekauf nicht nur durch die neuen Regelungen zum sogenannten Verbrauchsgüterkauf (falls der Züchter ein Unternehmer i.S. des BGB ist) sondern auch bei Verwendung von sog. Allgemeinen Geschäftsbedingungen eingeschränkt.
Der Züchter kann zumindest die letzte Einschränkung selbst vermeiden, in dem er immer individuell den Kaufvertrag mit seinem Käufer aushandelt.

Dies ist allein der Grund dafür, dass der VDH keine sog. Musterverträge verfasst und seinen Mitglieder zu Verfügung stellt."

( VDH-Website , Hervorhebung durch den Autor, siehe auch hier )

Alleine im VDH werden täglich etwa 250 Welpen vermarktet. Für Autos bietet der ADAC selbstverständlich Musterverträge, um seriöse, den Interessenausgleich respektierende Käufe und Verkäufe zu ermöglichen - bei Autos. Der VDH, immerhin als Interessenvertretung aller Hundehalter firmierend, lehnt eine solche Hilfestellung bewusst ab - beim Hundewelpen.

Screenshot vom 13.10.09 vom offiziellen Forum des Verbandes Deutscher Kleinhundezüchter im VDH

Es gibt auch "Tricks", sich der Gewährleistung für die eigenen Zuchtprodukte zu entziehen wie z.B.:
  • in den Kaufvertrag direkt reinschreiben, dass es sich um ein möglicherweise krankes Tier handelt (meist etwas verklausuliert)
  • Rückgabeverpflichtung bei Krankheit gegen Ersatzwelpen; hier wird darauf spekuliert, dass der Käufer sein Tier liebgewonnen hat und es nie zurückgibt (zumal manche Züchter durchblicken lassen, den kranken Welpen zu euthanasieren) und dann eben keine Kosten oder Schadensersatz einklagen kann
  • in den Kaufvertrag den Verweis auf haustierärztliches (Gefälligkeits-) Gutachten reinschreiben, dass das Tier 100% gesund übergeben wurde; durch ein solches Gutachten wird dem geschädigten Welpenkäufer eine Inhaftungnahme erschwert
Verführer beim Welpenkauf

Das Ganze basiert zudem auf dem Effekt, dass die Leute ob der Ausstrahlung des Welpens, den sie kaufen wollen und vielleicht gerade im Arm haben, nicht so genau ein mehrseitiges Vertragswerk durchlesen, in dem o.g. steht, und einfach unterschreiben. Eurasier-Züchter Johann Bucher hat bereits auf diesen nicht zu unterschätzenden psychologischen Aspekt beim Geschäft mit dem Hund aufmerksam gemacht.

Züchter, die nicht zu der Gesundheit der von ihnen verkauften Welpen stehen, demonstrieren neben fragwürdiger Geschäftspraxis auch nur, was sie und ihr Zuchtverein wirklich praktisch für die Gesundheit ihrer Hunde tun.

Mehr zum Thema im "Schwarzbuch Hund: Die Menschen und ihr bester Freund"

p.s.:
Viele Züchter lehnen die oben beschriebenen Tricks und Methoden ab. Ich selbst haben im Frühjahr 2008 einen Welpen bei einem VDH-Züchter gekauft. Der Kaufvertrag bestand dabei aus nur einer Seite, die wiederum im wesentlichen aus den Daten von Hund, Käufer und Verkäufer bestand. Auch gibt es Züchter, die den Kaufvertrag vorher zuschicken oder auf ihrer Webseite veröffentlichen, damit man ihn sich vorher in Ruhe durchlesen kann.
 
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