"Ich kann das Märchen vom gesunden Border Terrier nicht mehr hören." Diesen Satz las ich irgendwo in einem ausländischen Forum, geschrieben vom frustrierten Halter eines Border Terriers.
Der Border Terrier gilt in der Tat als besonders robust und gesund. Kein Modehund. Zumindest nicht in Deutschland, wo der Border Terrier erst 1965 Einzug erhielt und noch Anfang der 90er Jahre weniger als hundert Welpen pro Jahr eingetragen wurden.
Anders sieht es im Mutterland des kleinen Terriers aus, in Großbritannien. Dort steht die Rasse auf Platz 8 der Top 10 der beliebtesten Hunderassen. Der Border Terrier entstand dort im 19. Jahrhundert als reiner Arbeitsterrier in der Grenzregion (englisch border) zwischen England und Schottland. Seine nächsten Verwandten sind der Bedlington Terrier, der Lakeland Terrier und der Dandie Dinmont Terrier. Terrier wurden - wie der Name schon sagt (von lateinisch terra = Erde) - gezüchtet, um bei der Jagd unter Erde helfen zu können. Der Border Terrier entstand aus dem Bedürfnis heraus, einen für die Fuchsjagd geeigneten Terrier zu züchten. Er hat die passende Größe, um in Fuchsbauten einschliefen zu können. Ein rauhes Fell schützt ihn vor Gestrüpp und unwirtlichem Wetter. Todesmutig und leidenschaftlich - sein Charakter hilft ihm ebenfalls bei der Jagd auf den Fuchs.
In den ersten Jahrzehnten wurde der Border Terrier als reiner Arbeitsterrier und Mischlingshund gezüchtet. Nachkommen, die den jagdlichen Anforderungen nicht gerecht wurden oder nicht gesund waren, wurden kurzerhand ertränkt. Auf Schönheit wurde nicht geachtet, weshalb der Border auch heute noch eher zu den unscheinbaren Hunden gehört. Besitzer von Border Terriern sind es auch gewohnt, die Frage zu erhalten, was für ein Mix ihr Hund denn da sei...
1920 wurde die Rasse der Border Terrier vom Kennel Club in Großbritannien als eigenständige Rasse anerkannt, nachdem zwei Züchterfamilien lange um diese Anerkennung gekämpft hatten. Die heutigen Border Terrier stammen alle von drei Hunden ab, die in den 20er Jahren auf die Welt kamen und deren Nachkommen eifrig Championtitel einheimsten.
In den letzten Jahrzehnten gewann der Border Terrier auch als Familienhund an Beliebtheit. Seine handliche Größe, sein besonderer Charme und sein Leistungswille sprechen nicht nur den Jäger an. Border Terrier eignen sich (sofern gesund) z.B. für Agility und andere Hundesportarten und sind auch bei Wettbewerben erfolgreich. Auch in der Therapiehundearbeit oder als Behindertenbegleithunde findet man Border Terrier.
In der einschlägigen Literatur über Border Terrier wird zugegeben, daß es bei dieser Rasse - wie bei anderen Rassen auch - inzwischen zu einigen gesundheitlichen Problemen kommen kann: Hüftgelenksdysplasie, Progressive Retina Atrophie, Herzerkrankungen. Eine fatale Erbkrankheit wird meistens verschwiegen: das Canine epileptoid cramping syndrome (CECS) - eine Erkrankung unbekannter Ursache, die sich in Krampfanfällen äußert.
Der erste Border Terrier, bei dem Krampfanfälle auftraten, die sich offensichtlich von der üblichen Epilepsie bei Hunden unterschieden, kann in die 70er Jahre zurückverfolgt werden. Als Krankheit wahrgenommen wurden diese Anfälle aber erst Anfang der 90er Jahre, als sie vermehrt auftraten. In Deutschland schlug die Züchterin und Tierärztin Diana Tillner (heute Plange) Alarm, nachdem ihr mehrere Welpenkäufer von diesen Krampfanfällen berichtet hatten. Bald erhielt sie auch Kontakte ins Ausland, wo ebenfalls Border Terrier an diesen Anfällen litten.
Auch wenn nicht klar war (und es bis heute nicht ist), was die Ursache für diese Erkrankung ist, erkannten Fachleute recht schnell, daß es sich um eine erbliche Krankheit handeln könnte. Trotz ihrer entsprechenden Hinweise wurde CECS (damals noch Spike's disease genannt nach einem holländischen Border Terrier, der diese Krampfanfälle hatte) bei vielen Züchtern nicht ernstgenommen. Während zu Beginn diese Krampfanfälle sich noch auf wenige Linien beschränkten, treten sie heute praktisch in allen Linien weltweit auf. Da man CECS nicht als erblich anerkannte, konnte sich die Erkrankung durch die Zucht gut weiterverbreiten, zumal der Genpool der Border Terrier recht klein ist und einige Deckrüden übermäßig oft eingesetzt werden. Auch ist Linienzucht normal bei dieser Rasse.
Heute ist wissenschaftlich aufgezeigt worden, daß es sich bei CECS um eine Erbkrankheit mit rezessivem Erbgang handelt. Im Augenblick sind Forschungsteams in den USA und Finnland dabei, nach der genetischen Ursache zu suchen. Dennoch wird das Vorhandensein dieser Erkrankung weiterhin heruntergespielt. Die Besitzer der Elterntiere erkrankter Hunde werden zwar informiert, aber es gibt keine Bestimmungen, die das weitere Züchten mit ihnen verbieten. Einige Züchter, die diese Erkrankung ernstgenommen haben, haben ihre Zuchten aufgegeben. Ohne Gentest und ohne Offenheit unter Züchterkollegen ist es auch schwierig geworden, Border Terrier zu züchten, die diese Erkrankung nicht in ihren Genen tragen (auch äußerlich gesunde Hunde können ein defektes Gen in sich haben und dies weitervererben).
Das größte Leid machen die kranken Hunde und ihre Besitzer durch. Ich erspare mir an dieser Stelle eine Beschreibung, wie sich die Krampfanfälle äußern, und verweise auf entsprechende Videos im Internet: http://www.youtube.com/results?search_query=border+terrier+cecs&search_type=&aq=f
Die Krampfanfälle treten im Alter von 2 bis 5 Jahren das erste Mal auf und treffen die Besitzer meistens unvorbereitet, da üblicherweise weder Züchter noch Literatur auf das Vorhandensein von CECS bei Border Terriern eingehen. Auch für mich kam der erste Krampfanfall meines Borderrüden im Alter von 2,5 Jahren völlig überraschend. Ich dachte an eine Vergiftung und hatte Angst, mein Hund würde mir unter den Händen wegsterben. Zum Glück öffnete der nächstgelegene Tierarzt trotz seiner Mittagspause und beruhigte mich, daß mein Hund sich nicht vergiftet hatte. Es brauchte dann aber Recherchen im Internet und die lange Fahrt zu einer Kleintierklinik, in der man bereits Border Terrier mit dieser Erkrankung behandelt hatte, ehe klar war, daß mein Hund an einer Erbkrankheit leidet.
Die bereits erwähnte Tierärztin Diana Plange hat schon vor ein paar Jahren eine umfangreiche Webseite zu Border Terriern und ihren Krampfanfällen erstellt, die sich unter www.borderterrier.de aufrufen läßt. Da diese Webseite inzwischen nicht mehr aktualisiert wird, man als Frauchen oder Herrchen eines kranken Borders jedoch auf dem Laufenden sein möchte, habe ich einen Blog dazu ins Internet gestellt: www.borderterrier.tk.
Auf diesen beiden Webseiten findet man viele weitere Informationen rund um Border Terrier und Krampfanfälle.
J. H. Frank mit Border Terrier "Beyer's Ragn-Jaro" (seit Herbst 2008 erkrankt, einen seiner Krampfanfälle kann man hier betrachten: http://www.youtube.com/watch?v=OdCru2HeL70)
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Zum Monatswechsel jährt sich zum ersten Mal die Veröffentlichung des DORTMUNDER APPELL für eine Wende in der Hundezucht. Dazu mehr beim nächsten Mal.
Literaturhinweis - die Dokumentation zum Dortmunder Appell:
Literaturhinweis - die Dokumentation zum Dortmunder Appell: