Nachdenkliches von Ruth ReheuserSolange ich denken kann begleiten mich Hunde durch mein Leben. In der Zwischenzeit sind das fast 45 Jahre. Wir, meine Familie und ich, haben ausgebildet und auch ab und zu ausgestellt, uns engagiert, sowie kurze Zeit gezüchtet. Die Zucht haben wir bald eingestellt. Es lag uns nicht Sporthunde, welche für eine Zwingerhaltung tauglich erklärt werden, abzugeben. Um unserer heutigen Rasse etwas, von dem was wir noch erhalten haben, zurückzugeben hatten wir uns ausführlich auf einen Wurf zum Erhalt einer alten Seitenzuchtlinie vorbereitet. Dieses haben wir inzwischen eingestellt.
Gerade in der Zeitschrift
Der Spiegel, Nr.36/31.08.09, gelesen in dem Artikel "Schlechtes Blut" über arrangierte Ehen zwischen Verwandten beim Menschen:
"
Laut einer Erhebung aus der Praxis für Pränataldiagnostik von Prof. Dr. Rolf Becker und Prof. Dr. Dieter Wegner in Berlin waren von 500 geborenen Kindern aus Ehen unter Verwandten 35 Kinder schwerstgeschädigt…. Bei Verwandten-Ehen über mehrere Generationen steige das Risiko, ein behindertes Kind zu bekommen, im Einzelfall mitunter auf 25%...
Selbst bei "konsanguin" (blutsverwandt) bezeichneten Beziehungen dritten Grades (z.b. Nichte x Neffe), kann es zu gesundheitlichen Problemen kommen. Manche leiden an seltenen Erbkrankheiten, an Schwerhörigkeit, Epilepsie oder Muskelschwund, oder die Lebenserwartung sinkt…"
Seuche InzuchtSoweit zum Menschen. Es ist ja nicht so, dass keine ausreichenden Kenntnisse über die Auswirkungen von Inzest vorhanden wären!
Vor diesem Hintergrund müssen wir auch unsere Hundezucht betrachten!
Der Do-Khyi
Noch vor 20 Jahren haben mich solche Gedanken nicht beschäftigt. Dann habe ich den Do-Khyi kennen gelernt. Eine ursprüngliche noch gesunde Rasse, so kann man es auch heute immer noch unverändert lesen. Ich liebe diese Hunderasse, deren Wesen, ihre Art sich mit ihrem Halter geistig zu messen …ihn herauszufordern und in Frage zu stellen!
Gesunde Hunde in einen "Standard" gezwängtNur: War diese jemals gesund; bei dem Start in Engzuchtpraxis war man sofort bemüht, den Standard auf kürzestem Weg zu erreichen. Der Rasseaufbau ab 1979 in Geschwister- und Eltern zu Kindern-Verbindungen. Früh waren die ersten Champion-Titel erreicht. Mit diesen Linien wurde eng, in Engzucht oft in 2. Generation (Großeltern zu Enkeln), weiter gezüchtet. Darf man es zulassen, dass manche Züchter die Zucht einer Rasse nur als eine Art "kreativen Schöpfungsakt" betrachten? Kreativität im Sinn eines Gemäldes, beschäftigt nur mit gut zu vermarktenden, als schön empfundenen Äußerlichkeiten und Rassebeschreibungen? Schönheit liegt in der Ansicht des Betrachters.
Gigantismus und ÜbertreibungenAll dessen ungeachtet geht meine Rasse heute den Weg in den Gigantismus, wird die übermäßige Faltenbildung bei tief liegendem Auge, Lefzenbildung, übermäßige Behaarung und mangelnde Winkelung der Hinterhand erzielt, auch wenn der Standard erst vor 3 Jahren etwas "genauer definiert" wurde…
Die Verantwortlichkeit für den Erhalt dieser und vieler Rassen, den Erhalt von Gesundheit und Vitalität jedes gezüchteten Einzeltieres, lediglich von oben bis nach unten zum Züchter durchgereicht? Die Verantwortung für das unversehrte Wohlergehen in Gesundheit und Fähigkeiten der einzelnen Tiere, der Rassehunde allein der "Zulassung durch seinen Züchter" überlassend?
Ein Mehr an Offenheit und Zusammenarbeit beim Mangel derselben ist, vor dem Hintergrund der Einzelschicksale der 25 -50% Hunde aus Verwandtschaftszucht ersten Grades, welche (wie beim Menschen) behindert oder schwerstgeschädigt auch beim Hund geboren werden, zwischen Züchtern nicht immer möglich.
Die Kultur nicht ehrlich und engagiert zusammen an der Lösung von Zuchtproblemen arbeiten zu können liegt wahrscheinlich darin begründet.
Kann das überhaupt funktionieren auf diesem Weg Hunderassen "zu erhalten"?
Darf dieses System der Zucht die Möglichkeiten seiner Züchter - ein Ausweichen ins Ausland nach z.B. Ungarn oder wie im Fall des Do-Khyi nach China - hinnehmen, um nicht zur Zucht taugliche Tiere doch noch in der Zucht zu halten? In und aus Staaten, welche nicht einmal ein Tierschutzgesetz kennen…(?) Deutschland ist in der Hundezucht keine Insel und so wird mit solchen Nachkommen, auch hier bei uns, weiter gezüchtet.
Ruth Reheuser mit Acky, der mit nur 19 Monaten eingeschläfert werden musste - nach über 250 fokalen und generalisierten Epilepsieanfällen alleine innerhalb seiner letzten 10 Lebensmonate Tierschutz in der Zucht?Offenes Nennen von Erkrankungen, bei einzelnen Rassevertretern durch deren Halter, als eine Art der Nestbeschmutzung empfindend, fehlt die Einsicht der Verantwortlichen in Notwendigkeiten, offen mit Problemen die in der Zucht auftauchen können umzugehen und eine Lösung, die auf der Höhe der Zeit ist, herbeizuführen. Leider sind einige Züchter nicht immer ehrlich im Umgang mit Schwächen ihrer Rassen und so kommt es, dass wirkliche Bemühungen um Fortschritt, bei der Identifikation, Einschätzung und Erkennung in der Erblichkeit von Krankheiten, von anderen Menschen endlich engagiert vertreten werden müssen!
Lebenslange PflegefälleUnserem gesellschaftlichen System auf wirtschaftliches Wachstum entsprechend werden, nach Bedarf, heute für betroffene Hunde künstliche Gelenke, Linsenoperationen und Medikationen angeboten. Ist es noch vertretbar in unserer globalen Gesellschaft, in welcher 20 € für lebenserhaltende Medikamente für Menschen fehlen, auf die doch vorliegenden guten Behandlungsmöglichkeiten, solcher Art vermeidbarer Erkrankungen, beim Hund hinzuweisen?
Es ist nicht dem Rassehundezuchtgedanken in seinem Grundsatz entsprechend, dass Halter nach Kauf eines Rassehundes eine Art Dauerpflege an diesem, als Familienmitglied empfundenen Lebewesen, vornehmen müssen. Der Einsatzzweck, die Lebensfunktionalität des Rassehundes, muss in jedem einzelnen Fall erhalten bleiben.
Wie am Beispiel eines Do-Khyi, welcher an Epilepsie erkrankt war, darf eine Zucht nicht billigend in Kauf nehmen, Hund und Halter im Glauben allein nur an medizinische Möglichkeiten, in der gesamten Lebensgestaltung zu einer Geisel der Erkrankung und des kreativen Schöpfergefühles seiner Zucht werden zu lassen!
Kreativität und Visionen in der Zucht von Hunden müssen einer, dem Tier gerecht werdenden und von der Zucht unabhängigen, Kontrolle zugeführt werden!
Einen weiteren, wichtigen Punkt stellt die Vermarktung und Bewerbung unserer Hunde dar. Diese ist eine der Hauptursachen für die zunehmende Unsicherheit, Angst und Verärgerung gegenüber Hunden und Haltern in der Öffentlichkeit. Hier muss die Sachkunde eines jeden Züchters, Hunde ihrer Art entsprechend, nur in kundig zu machende Hände zu geben, hinterfragt werden. Das nicht nur, sondern auch gerade bei *spezialisierten* und auf Arbeitseigenschaften gezüchteten Rassen! Der Versuch Halter von Rassehunden über Zuchtverbände- oder Vereine in organisierter Sachkunde und Kenntnis ihrer Rasse zu beschulen erreicht, unbesehen vom tatsächlichen Erfolg derselben für die Gesellschaft, nicht einmal annähernd die Masse der Hundehalter.
Unsere Hunde brauchen eine Vertretung ohne absatztechnische Interessenskonflikte! Hundehalter brauchen zutreffende Informationen und Sachkunde über den Hund und dessen grundsätzlichen Bedürfnisse welche ohne Absatzverlustgedanken vermittelt werden!
Aus diesem Grund unterstütze ich auch den
Dortmunder Appell und hoffe auf eine grundlegende Wende in der Hundezucht!
Ruth ReheuserLinks